Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

= Blütenpflanzen
Peter Pilsl
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Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Peter Pilsl » Mittwoch 17. April 2019, 08:37

Liebes Forum,
seit längerer Zeit beschäftige ich mich mit dem rapiden Rückgang von Urtica urens (im Land Salzburg). Trotz gezielter Suche auf Exkursionen konnte ich die Art in den letzten 20 Jahren nur dreimal beobachten. Wenn man die Verbreitungskarte aus Salzburg anschaut, dann kann man aufgrund der vielen (historischen!) Funde erkennen wie verbreitet die Art ursprünglich war. Meiner Meinung anch ist diese Art aufgrund des Strukturwandels in der Landwirtschaft (zumindest bei uns) extrem selten geworden, da die üblichen Standorte in der Umgebung von landwirtschaftlichen Gebäuden alle zu Tode gepflegt wurden.
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Vor ein paar Tagen hatte ich wieder mal das nette Vergnügen. Am Fuß einer Verladerampe in der Stadt Salzburg im Stadtteil Itzling befand sich ein schöner Bestand. Der Fundort ist sehr trocken und vermutlich aufgedüngt durch die "Ablagerungen" der Gäste der naheliegenden Kletterhalle.
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Was mir auffiel war die extrem frühe Blütezeit, laut Exkursionsflora soll die Art erst ab Mai blühen, meine Exemplare fruchteten bereits Mitte April.

Wie seht ihr die Situation in anderen Landesteilen?

Peter
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Jürgen Baldinger
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Jürgen Baldinger » Mittwoch 17. April 2019, 11:36

Mein Eindruck in Wien: höchstens zerstreut bis selten.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"

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Stefan Lefnaer
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Stefan Lefnaer » Mittwoch 17. April 2019, 21:33

Ich kenne sie nur im donaunahen Raum. Auf den (Gemüse-)Äckern in Donaufeld findet man sie recht häufig, aber dort wird gerade alles verbaut.

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Hermann Falkner
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Hermann Falkner » Donnerstag 18. April 2019, 06:42

Ja, das Donaufeld wird in ein paar Jahren ganz zubetoniert sein :-( als ob's nicht schon genug Wohnbauten gäbe.

Ich erinnere mich an eine Bgld-Exkursion, muss wohl 16.09.17 (Zurndorf) gewesen sein, von Harald Schau, bei der er oder ein Exkursionsteilnehmer die "Ruderalia-Situation" im Bgld angesprochen hat: früher Dorfangerfluren mit zB Urtica urens, aber auch sehr vielen Raritäten, heute ist davon fast nix mehr über und sogar Urtica urens selten.

Urtica urens ist in Wien halt auch schwer zu kartieren: in vielen Gärtnerbetrieben in Transdanubien und Simmering sollte sie etwas häufiger sein, aber dort lässt sich schwer botanisieren.

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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Stefan Lefnaer » Donnerstag 18. April 2019, 17:34

Die Dörfer im Burgenland sehen teilweise schon aus wie US-amerikanische Suburbs. Neben dem Carport, wo der SUV drinnen steht, eine sterile Schotterwüste mit ein paar Zierpflanzen. Alles andere wird ausgezupft oder weggespritzt. Im Weinviertel ist es noch nicht ganz so schlimm, da haben die Dörfer zumindest noch einen gewissen Lokalkolorit, aber da greift das auch schon um sich.

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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 19. April 2019, 19:16

Habe gestern (wohl?!) Urtica urens gefunden - bitte gegebenenfalls korrigieren ;-) - und zwar in einer Gärtnerei, die gerade aufgelassen wird, der Gärtner hat den Mietvertrag nicht verlängert bekommen (ich war dort auch Kunde, das hat man uns erzählt; der Eigentümer will Wohnungen bauen …).

Wer sich das selbst anschauen will - Erzherzog-Karl-Str., schräg vis-a-vis vom Opelwerk Aspern, direkt beim Billa (die Gärtnerei liegt stadteinwärts vom Billa).
Ich hab durch den Zaun fotografiert, näher war nicht heranzukommen, das Gelände ist abgesperrt bzw. am andren Ende der ehemaligen Gärtnerei wird schon gebaut. Es war wirklich ein Massenbestand - hunderte, wenn nicht tausende Exemplare, sicherlich auch begünstigt durch die Abrissarbeiten, vorher waren hier Glashäuser, jetzt kommt Licht hin.

Das sind jedenfalls sicherlich die Lokalitäten, wo man in Wien noch am ehesten Massenbestände der Art findet; ansonsten ist sie im Stadtbild sicherlich ziemlich rar, also im öffentlichen Raum (mit Ausnahme einiger von Hunden und Menschen mit schlechten Manieren gedüngten Plätzen.)
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Oliver Stöhr » Dienstag 23. April 2019, 20:55

Hallo Peter,

diese Art ist ein klarer Fall für die Rote Liste. Ich habe in Osttirol seit 2011 erst acht Nachweise tätigen können, und ich war schon recht viel hier unterwegs ;-). Das Standortsspektrum reicht von Bauernhöfen, Balmenfluren bis hin zum Wildparkgehege (siehe viewtopic.php?f=10&t=377&p=1166&hilit=Urtica+urens#p1166). Früher würde sie auch für Äcker angegeben. Große Bestände gibt es aktuell nicht. Ich würde sie für Osttirol zumindest mit VU (3) einschätzen.
Übrigens habe ich die Art vor einigen Tagen auch auf der Kanareninsel La Palma gesehen, Standort war dort ein trockenes Ruderal (s. Foto).

Viele Grüße
Oliver
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Jonas » Montag 29. April 2019, 20:29

Schon witzig... In der Schweiz ist Urtica urens definitiv eine grosse Rarität (geworden). Ich habe Sie hier noch kein einziges Mal gefunden!
In den zahlreichen Pärken der Stadt Wien hatte ich die Art aber regelmässig gefunden und für mich notiert, dass Sie in der Stadt Wien recht häufig sei?!

Beste Grüsse
Jonas
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Jürgen Baldinger » Donnerstag 30. Mai 2019, 20:32

Innerstädtisch fällt mir Urtica urens nur unter Parkgebüschen auf, an wie ja bereits erwähnt +/- brunzlerten Stellen, selten, und immer in kleinen Beständen. Heute z. B. in der Gredlerstraße (Nähe Dianabad)...
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...und beim Humboldt-Park in Favoriten.
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Re: Urtica urens - En Fall für die Rote Liste?

Beitragvon Wolf » Montag 17. Juni 2019, 18:07

Wie man auf den Fotos sieht, ist das Merkmal des nicht-überragenden Endzahns (s. Flora) - zumind. bei manchen Blättern - falsch!?
Wolf


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