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Crassula helmsii - eine invasive Wasserpflanze

Verfasst: Freitag 13. September 2019, 11:59
von Norbert Sauberer
Die größten Überraschungen liegen nur wenige Fahrradminuten vom Wohnort entfernt. Beim Durchwaten des Mühlbaches in Möllersdorf habe ich bereits im Juni neben den reichlich vorhandenen Arten Potamogeton crispus et pectinatus, Myriophyllum spicatum und Zannichellia palustris an zwei strömungsberuhigten Stellen auch eine merkwürdige, nicht blühende Wasserpflanze gefunden. Aufgrund des Aussehens habe ich sie unter Callitriche palustris agg. abgelegt. Gestern beim Nachbestimmen am Rennweg haben dann Christian Gilli und Markus Hofbauer die entscheidenden Hinweise für eine Determinierung gegeben. Es handelt sich offensichtlich um den österreichweit ersten Nachweis eines adventiven Vorkommens von Crassula helmsii (= Crassula recurva). Diese Art wird als Nadelkraut für "Biotope" angeboten, d.h. es ist eigentlich eher eine Art von Stillgewässern. Sie hat sich in Westeuropa in den letzten Jahren stark ausgebreitet und steht etwa in Großbritannien auf der Schwarzen Liste. In ihrem Ursprungsgebiet in Neuseeland und Australien kommt sie sowohl in Still- als auch in Fließgewässern vor.

Re: Crassula helmsii - eine invasive Wasserpflanze

Verfasst: Freitag 13. September 2019, 12:41
von Norbert Griebl
Lieber Norbert!

Vielen Dank für diesen interessanten Fund.
Anbei erlaube ich mir wieder eine kurze Zusammenfassung von Crassula helmsii:
Die Art ist zu Ehren des deutschen Botanikers Richard Helms (1842–1914) benannt, der 1858 nach Australien auswanderte. Neben der Nadelkraut-Art tragen auch die Moose Rhizogonium helmsii, Funaria helmsii, Lejeunea helmsiana und Radula helmsiana seinen Namen, sowie zehn Käferarten. Helms publizierte neben botanischen und zoologischen Artikeln auch über Bienenzucht, Weizenbau, Düngung, Bakteriologie und ethnologische Themen.

Nutzung: In der Aquaristik und für den Gartenteich.

Ausbreitung: Beheimatet in Australien und Neuseeland. Als Aquarien- und Teichpflanze 1911 aus Tasmanien nach England gekommen, 1923 im Botanischen Garten München kultiviert (GLÜCK 1923) und seit 1927 im Handel erhältlich. Erste Verwilderungen traten in Europa 1956 auf. Die Anzahl der Fundorte verdoppelte sich alle zwei Jahre. Gegenwärtig sind in England mehr als 1000 Standorte bekannt, der Verkauf der Pflanze ist dort seit dem Jahr 2014 verboten. Im Gebiet 1980 im Wellbachtal im Pfälzerwald erstmals aufgetreten, seitdem vielfach im westlichen Deutschland. In Österreich 2019 erstmals gefunden (SAUBERER 2019).
ÖSTERREICH:
2019 erstmals in Möllersdorf bei Traiskirchen in Niederösterreich gefunden (Sauberer 2019).

Quellen:
BfN (2011): Crassula helmsii. In: Neobiota – Gebietsfremde und invasive Arten in Deutschland – Bundesamt für Naturschutz. neobiota.bfn.de
GLÜCK H. (1923): Systematische Zusammenstellung der Standortsformen von Wasser- und Sumpfgewächsen, Teil I – Beihefte zum botanischen Centralblatt, Zweite Abteilung, 39: 289–398.
JALAS J., SUOMINEN J., LAMPINEN R. & KURTTO A. (1999): Atlas Florae Europaeae 12 – Resedaceae to Platanaceae. Akateeminen Kirjakauppa Helsinki. 250 S.
KLOTZ J. & SCHEURER M. (2006): Crassula helmsii jetzt auch in Südbayern, mit einer aktuellen Übersicht zur Verbreitung in Deutschland – Hoppea, Denkschr. Regensb. Bot. Ges. 67: 465–469.
LIPPERT W. (1995): in Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa – Band IV, Teil 2A, 3.Aufl. – Blackwell-Wissenschaft.
SAUBERER N. (2019): Crassula helmsii - eine invasive Wasserpflanze - viewtopic.php?f=10&t=1762



LG Norbert

Re: Crassula helmsii - eine invasive Wasserpflanze

Verfasst: Freitag 13. September 2019, 12:57
von Norbert Sauberer
Lieber Norbert!
Deine Zusammenfassungen, und dies noch dazu in rasender Geschwindigkeit, sind wie immer genial. Du bist also der legitime Nachfolger von Egon Erwin Kisch auf dem botanischen Felde. Man ernenne dich hiermit zum rasenden Botaniker.
beste grüße,
norbert

Re: Crassula helmsii - eine invasive Wasserpflanze

Verfasst: Montag 17. August 2020, 13:44
von Norbert Sauberer
Update zu Crassula helmsii im Mühlbach in Möllersdorf

Die Art breitet sich offensichtlich aus. Letztes Jahr habe ich sie nur an zwei Stellen gefunden, heuer bereits an mindestens 6-7 Stellen. Anzunehmen ist, dass es im Mühlbach auch oberhalb (Baden) oder unterhalb (Guntramsdorf) bereits Bestände dieser Art gibt.

Köcherfliegenlarven haben die neue Wasserpflanze auf jeden Fall bereits dankend angenommen.

Crassula helmsii mit Koecherfliegen Muehlbach Moellersdorf_20200814_03.jpg
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