Phleum nodosum

= Blütenpflanzen
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Stefan Lefnaer
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Phleum nodosum

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 26. Juni 2021, 22:20

Heute war ich wieder im Langen Thal östlich von Hollabrunn unterwegs. Es gibt dort auf den kalkfreien Schotterböden sehr magere Wiesen mit zahlreich Hypochaeris radicata...

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..., dass man nur mehr schwer glauben kann noch im Weinviertel zu sein. Auf solchen Wiesen/Brachen und an Ackerrändern fiel mir ein Lieschgras mit auffallend schlanken Blütenständen auf. Die Stängel waren alle am Grund zwiebelfömig verdickt, wobei das ja vielleicht noch nicht viel sagt. Eine Vermessung der Ährchen ergab aber, dass es sich wohl um Phleum nodosum handeln muss. Ich fand jedenfalls kein Ährchen das länger als 3,5 mm (OK, selten vielleicht 3,7 mm) lang war und auch sonst passen die Merkmale. Hier Fotos:

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Ganz kann ich es noch nicht glauben, denn laut RL-Atlas wäre die Art neu für das Weinviertel. Was meint ihr dazu? Wie oft kommt euch Phleum nodosum unter und wie gelingt euch die Abgrenzung zur allohexaploiden Hybride P. pratense?

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Norbert Sauberer
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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Norbert Sauberer » Sonntag 27. Juni 2021, 18:17

Das ist eindeutig Phleum nodosum, das in meiner Umgebung gar nicht so selten auf trockenen, mageren, oft schottrigen Brachen zu finden ist. Sehr schön hast du die kurze Begrannung dokumentiert.

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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 27. Juni 2021, 22:21

Danke dir, Norbert!

Kurt Zernig, dem ich die Fotos gezeigt habe, hält es übrigens auch für Ph. nodosum.

Möglicherweise wird die Art einfach öfters übersehen. Die Sippe, hier als Ph. pratense subsp nodosum, wird bereits bei Neilreich A. (1859) für "an trocknen schattigen Waldstellen, Wegen, Rainen gebirgiger Gegenden" als "gemein" angeführt. Halácsy E. (1896) schreibt "häufig an trockeneren Stellen". Janchen (1977) nennt die Sippe dann auf Artrang "an trockenen Standorten; zerstr.". Mir ist schon öfters aufgefallen, zuletzt auch bei Avenula pratensis subsp. hirtifolia (siehe hier), dass die Botaniker im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts einiges wussten, was dann später verlorengegangen ist. Vielleicht waren die früheren Botaniker einfach mehr draussen, richtige Feldbotaniker mitten in der Natur, und wussten daher besser Bescheid. Später ist die Botanik dann mehr zu einer Stubenhocker-Beschäftigung verkommen und die Wissenschaftler kamen aufgrund diverser Indoor-Verpflichtungen weniger mit dem realen Forschungsobjekt in Berührung, weshalb solch wichtiges Wissen verschütt ging und die Art deshalb nicht mehr ordentlich kartiert wurde.

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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Norbert Sauberer » Montag 28. Juni 2021, 04:35

Hier die aktuelle Karte von Phleum nodosum für das Gemeindegebiet von Traiskirchen. Man könnte dieses Gras hier als selten bis zerstreut einstufen, vermutlich haben wir aber den einen oder anderen Kleinbestand übersehen.
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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Peter Pilsl » Montag 28. Juni 2021, 13:18

In Salzburg finde ich immer wieder eher kleine Pflanzen mit schönen basalen Verdickungen die auch im Blütenstand deutlich zarter sind, aber wenn man die Blüten nachmisst, dann landet man meistens doch wieder bei P. pratense. Gelegentlich kann man solche "Hungerformen" an Wiesenrändern beobachten, wie diese sukzessive in die typische Form übergehen. Ich bin skeptisch, was die Salzburger Vorkommen betrifft, denn wenn die "Verkleinerung" nur ein wenig weiter gehen würde, dann müsste man diese Formen bei uns als P. nodosum ansprechen.
Sicher ein Taxon, das man mehr beachten sollte um Erfahrung zu sammeln!
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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Jürgen Baldinger » Dienstag 29. Juni 2021, 21:34

Vielleicht noch als taxonomische Ergänzung interessant: In der Flora Gallica werden Ph. pratense, Ph. nodosum, Ph. parviceps (nur Korsika), Ph. rhaeticum, Ph. alpinum im Unterschied zur EföLS-Auffassung als eine Artengruppe gehandelt ("groupe de Ph. pratense"), die je nach Autor 1 bis eben 5 Arten umfasst. Derzeit werde die Gruppe gerne aufgetrennt, was zur netzartigen Evolutionsstruktur passe, aber zu häufig schwierigen Bestimmungen führe. Dabei seien die drei diploiden Arten nodosum (von der auch ein (auto?)tetraploider Cytotyp existiert), parviceps, rhaeticum, die am Ursprung des Komplexes stehen, gut unterscheidbar.

Die tetraploide alpinum dürfte hervorgegangen sein aus rhaeticum und einer zweiten, unbekannten Art; pratense wiederum scheint entweder eine Autohexaploide von nodosum oder eine Allohexaploide von nodosum und rhaeticum zu sein, was wiederum nahelege, dass die Genome beider ähnlich sind und eine synthetische Einstufung der Gruppe realistisch wäre.

Ph. nodosum wird hier übrigens von pratense über Hüllspelzen-Grannenlänge (>1 mm pratense, darunter nodosum) und Hüllspelzen-Länge ohne Granne (>2,5 mm pratense, darunter nodosum) abgetrennt.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"

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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Stefan Lefnaer » Donnerstag 1. Juli 2021, 22:23

Sieht man es einmal, sieht man es dauernd. Nun konnte ich am Atzberg nächst Mollmansdorf auch Ph. nodosum (neu für Qu. 7564-3 klarerweise, da im Weinviertel bisher unbekannt) nachweisen. Auch hier auf einer mageren Brache bzw. Wiese:

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Re: Phleum nodosum

Beitragvon Norbert Sauberer » Freitag 2. Juli 2021, 22:47



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