Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

= Blütenpflanzen
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Stefan Lefnaer
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Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Stefan Lefnaer » Dienstag 19. April 2022, 07:17

Gestern habe ich mir den bewaldeten Teil der Leiser Berge angesehen. Der Wald stockt dort über Ernstbrunner-Kalkstein und ist aus teils eher wärmeliebenden Arten wie Quercus petraea, Carpinus betulus und Sorbus torminalis, aber auch aus mitteleuropäischen Arten wie Fagus sylvatica, die im Weinviertel selten vorkommt, hier aber offensichtlich natürlich, zusammengesetzt.

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In der Krautschicht wachsen mit z.Z. v.a. Corydalis cava und Galanthus nivalis Auwaldarten. Dazwischen mischt sich ein Gelbstern, der sich als Gagea minima ansprechen lässt. Neben den vorne spitzen Tepalen, ein Merkmal das nicht überall gut sichtbar ist, sind es v.a. die Zwiebeln. Das was man als Zwiebel sieht, besteht nämlich aus zwei Zwiebeln die unter einer gemeinsamen Hülle stecken. Die kleinere Nebenzwiebel bricht dann später aus der Hülle heraus und bildet eine eigenständige Pflanze. Wie alle Arten mit vegetativer Vermehrung über Nebenzwiebeln, neigt auch G. minima zur Ausbildung gebüschelter Vorkommen, wobei von jungen Pflanzen nur mehr oder weniger fädliche Laubblätter sichtbar sind. Hier Fotos:

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Gagea minima ist aus dem Weinviertel bisher nur von dessen äußersten Rändern bekannt: aus dem Nationalpark Thayatal bzw. dessen Umland, aus einem Quadranten bei Krems und einem an der March. Ansonsten herrscht gähnende Leere, die somit geschlossen werden konnte!

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Stefan Lefnaer
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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Stefan Lefnaer » Dienstag 19. April 2022, 07:42

Interessant ist, dass Jurasky (1980) für das oben genannte Gebiet G. pusilla angibt. Offensichtlich beruht das auf einer Verwechslung mit G. minima. G. pusilla unterscheidet sich nicht nur durch vorne abgerundete Tepalen und einfache Zwiebeln von G. minima, sondern auch durch das Habitat. Ich kenne ihn jedenfalls nur von Halbtrockenrasen und trocken-warmen Gebüschsäumen, auch aus Scherrasen, aber nicht aus frischen Wäldern. Nun gibt Jurasky G. pusilla auch für den Würfelberg bei Bergau an. Also bin ich dort am Nachmittag hingefahren und habe gesucht. Und tatsächlich fand ich neben der von Jurasky angegebenen G. lutea auch hier G. minima. Auch hier zusammen in einem frischen Waldhabitat mit für Auwälder typischen Frühlings-Geophyten. Nachfolgend Fotos:

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Somit konnte Juraskys Gagea-Verwechslung aufgeklärt und wieder ein Beitrag zur floristischen Kartierung geleistet werden. Es zeigt sich einmal mehr wie schlecht Niederösterreich bisher kartiert und wie viel Arbeit noch nötig ist hier zu einem soliden Bearbeitungsstand zu kommen.

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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 19. April 2022, 08:02

ja, auch das forum gibt forschungsimpulse, auch wenn deine forschungen auch unabhängig laufen würden.
hier in echtzeit reinstellen ist jedenfalls "lebhafter" als bloß in der neilreichia aufzuzählen. schön, dass es beides gibt.
nette funde!

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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Jonas » Dienstag 19. April 2022, 13:48

Hallo zusammen

Ich traue mich aufgrund dieses Beitrags doch noch einmal meine vergangene Anfrage zu Gagea pusilla vom Hainburger Friedhof hervorzuholen. Bei den dortigen Individuen sind die Perigonzipfel etwas spitz zulaufend, ähnlich wie bei G. minima. Jedoch konnte ich auch am Herbarbeleg keine Nebenzwiebeln feststellen. Haltet ihr die Bestimmung G. pusilla immer noch für korrekt oder wäre dennoch G. minima möglich? Hier der Beitrag:
viewtopic.php?f=4&t=3426

Beste Grüsse
Jonas
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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Stefan Lefnaer » Dienstag 19. April 2022, 14:29

Jetzt bin ich mir auch nicht mehr sicher. Ist auf DSC03681 nicht sogar eine Nebenzwiebel zu sehen, etwas verdeckt?

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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Jonas » Dienstag 19. April 2022, 14:39

Ich werde mir heute Abend nochmals den Herbarbeleg ansehen (habe insgesamt 3 Pflanzen getrocknet) und auch die Zwiebeln der anderen Pflanzen nochmals überprüfen (eine bereits überprüfte Pflanze hatte keine Nebenzwiebeln)! Danach werde ich mich nochmals melden.

Beste Grüsse
Jonas
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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 19. April 2022, 16:51

vor lauter transversalis und anderer hainburg-posts hatte ich nicht auf die anfrage und deren eigentlichen inhalt geachtet: das ist auf KEINEN fall pusilla; es kann nur minima sein. zur blütezeit von minima ist pusilla längst verblüht. die ökologie ist wesentlich anders, wie stafan schon schrieb - wenn auch nur wenige meter zwischen den beiden am hainburger friedhof liegen (siehe dazu meine "pfeil-grafik" in einem der themen). von pusilla hab ich niemals sterilpflanzenrasen gesehen, und pusilla ist niemals so grasgrün. außerdem ist pusilla extrem stauchwüchsig und vglw. breitblättrig.

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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Jonas » Dienstag 19. April 2022, 18:23

Also ich habe nun nochmals meine 3 herbarisierten Pflanzen untersucht. An einer war tatsächlich eine kleine Nebenzwiebel vorhanden (diejenige auf dem Foto weiter oben), welche jedoch nicht mit der Hauptzwiebel verwachsen war und sofort abfiel beim Ablösen der Zwiebelhäute. Bei den anderen beiden Pflanzen konnte ich keine Nebenzwiebel feststellen, weiss jedoch nicht, wie gut dieses Merkmal am Herbarbeleg noch zu sehen ist.
Kurt, hast du die Zwiebeln denn untersucht der Pflanzen auf dem Hainburger Friedhof? Vieles spricht ja für G. minima, jedoch wäre es schon noch gut, zur letzten Sicherheit noch eine Pflanze auszugraben ;-)

Beste Grüsse
Jonas
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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 19. April 2022, 19:12

bis jetzt musste ich dem fischadler folgend keine zwiebeln ausgraben, denn nur die unterscheidung von pratensis und pusilla fußt stark auf zwiebelmerkmalen. da brauch ich sie aber nicht, denn die zwei unterschied ich in meinen bisherigen untersuchungsgebieten anderweitig eindeutig. bei den andren arten sind laut fischadler die merkmale der zwiebeln nicht so eindeutig bzw. differenzierend. das sieht man auch auf diversen bildern.
ich werde keine ausgraben, da ich minima - falls ich die nächste tage einmal hinkomme - bloß noch mit der rundlichkeit der "blattstiele" abtesten werde. minima weist übrigens um hainburg einen "vorkommensschwarm" auf - aber das ist natürlich KEIN merkmal.

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Re: Gagea minima neu für das zentrale Weinviertel

Beitragvon Jonas » Mittwoch 20. April 2022, 07:52

Ok danke Kurt, dann werde ich diesen Fund als Gagea minima ablegen und die G. pusilla wieder streichen.

Beste Grüsse
Jonas
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