Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
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Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Liebe alle,
heute habe ich für den Nationalpark Hohe Tauern eine botanische Exkursion ins Gletschervofeld der Pasterze (Gem. Heiligenblut, Kärnten) geführt. Trotz Schmuddelwetter (Regen, Nebel, ca. 10 Grad) konnten wir einige Highlights dieses sehr artenreichen, jedoch an sich gut durchforschten Gebietes erblicken. Mehrheitlich sind die nachfolgenden Arten von dort schon bekannt, aber weil es sich mitunter um echte Seltenheiten unserer heimischen Flora handelt, möchte ich sie hier kurz portraitieren.
Carex bicolor, Carex atrofusca und Kobresia simpliciuscula: Alle drei Sauergräser kennzeichnen den prioritären FFH-Lebensraumtyp 7240 "Alpine Pionierformation des Caricion bicoloris-atrofuscae" und sind im Pasterzenvorfeld anzutreffen. Die größte Seltenheit davon ist zweifelsfrei Carex atrofusca, von der wir heute eine neue Teilpopulation mit ca. 10 Individuen entdecken konnten. Zum Vergleich: Es gibt Schätzungen, die den österreichweiten Bestand dieser Art mit nur rd. 2000 Pflanzen beziffern - die Segge ist damit zweifelsfrei eine der seltensten in Österreich!
Oxytropis lapponica: Diese arktisch-alpine Art war in Kärnten lange Zeit verschollen, ehe Helmut Wittmann und ich unabhängig voneinander sie am Margaritzenspeicher im Pasterzenvorfeld vor einigen Jahren wieder finden konnten. Sie wächst auch heute noch dort und ich meine, dass die Bestände inzwischen größer geworden sind. Es handelt sich wie gesagt um den aktuell einzigen Fundort in Kärnten (in Osttirol wird sie dann häufiger).
Einige Orchideen: Unter anderem konnten wir auf Kalkglimmerschiefer Pseudorchis albida ssp. triscuspis (weniger als 30 Blüten) antreffen. Auch Nigritella bicolor war in einem Individuum zu sehen (ich kannte die Art dort schon von früher). Und auch Hybriden aus Gymnadenia conopsea und Nigritella rhellicani gab es zu bestaunen ...
Gern in Rieselfluren des FFH-Lebensraumtyps 7240 wächst hier auch die zierliche Tofieldia pusilla mit ihren weißlichen Blüten. Und dann hänge ich noch ein Bild von Hedysarum hedysaroides an, nicht weil diese Art bei uns eine Rarität darstellt; aber ich meine, dass die Angabe der Anzahl der Blattfiedern in der EFÖLS für die ssp. hedysaroides (9-13 Fiedern) nicht wirklich auf abgebildete Pflanze passt - ich zähle 19 Fiedern bzw. 9 Fiederpaare. Aber die in den Südalpen auftretende ssp. exaltatum kann`s wohl auch nicht sein, da die anderen Merkmale nicht passen!?
Viele Grüße
Oliver
heute habe ich für den Nationalpark Hohe Tauern eine botanische Exkursion ins Gletschervofeld der Pasterze (Gem. Heiligenblut, Kärnten) geführt. Trotz Schmuddelwetter (Regen, Nebel, ca. 10 Grad) konnten wir einige Highlights dieses sehr artenreichen, jedoch an sich gut durchforschten Gebietes erblicken. Mehrheitlich sind die nachfolgenden Arten von dort schon bekannt, aber weil es sich mitunter um echte Seltenheiten unserer heimischen Flora handelt, möchte ich sie hier kurz portraitieren.
Carex bicolor, Carex atrofusca und Kobresia simpliciuscula: Alle drei Sauergräser kennzeichnen den prioritären FFH-Lebensraumtyp 7240 "Alpine Pionierformation des Caricion bicoloris-atrofuscae" und sind im Pasterzenvorfeld anzutreffen. Die größte Seltenheit davon ist zweifelsfrei Carex atrofusca, von der wir heute eine neue Teilpopulation mit ca. 10 Individuen entdecken konnten. Zum Vergleich: Es gibt Schätzungen, die den österreichweiten Bestand dieser Art mit nur rd. 2000 Pflanzen beziffern - die Segge ist damit zweifelsfrei eine der seltensten in Österreich!
Oxytropis lapponica: Diese arktisch-alpine Art war in Kärnten lange Zeit verschollen, ehe Helmut Wittmann und ich unabhängig voneinander sie am Margaritzenspeicher im Pasterzenvorfeld vor einigen Jahren wieder finden konnten. Sie wächst auch heute noch dort und ich meine, dass die Bestände inzwischen größer geworden sind. Es handelt sich wie gesagt um den aktuell einzigen Fundort in Kärnten (in Osttirol wird sie dann häufiger).
Einige Orchideen: Unter anderem konnten wir auf Kalkglimmerschiefer Pseudorchis albida ssp. triscuspis (weniger als 30 Blüten) antreffen. Auch Nigritella bicolor war in einem Individuum zu sehen (ich kannte die Art dort schon von früher). Und auch Hybriden aus Gymnadenia conopsea und Nigritella rhellicani gab es zu bestaunen ...
Gern in Rieselfluren des FFH-Lebensraumtyps 7240 wächst hier auch die zierliche Tofieldia pusilla mit ihren weißlichen Blüten. Und dann hänge ich noch ein Bild von Hedysarum hedysaroides an, nicht weil diese Art bei uns eine Rarität darstellt; aber ich meine, dass die Angabe der Anzahl der Blattfiedern in der EFÖLS für die ssp. hedysaroides (9-13 Fiedern) nicht wirklich auf abgebildete Pflanze passt - ich zähle 19 Fiedern bzw. 9 Fiederpaare. Aber die in den Südalpen auftretende ssp. exaltatum kann`s wohl auch nicht sein, da die anderen Merkmale nicht passen!?
Viele Grüße
Oliver
- Dateianhänge
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- Carex bicolor (Zweifarben-Segge)
- P1090011.jpg (859.86 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Kobresia simpliciuscula (Schuppenried)
- P1090027.jpg (960.29 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Carex atrofusca (Schwarzrote Segge)
- P1090016.jpg (826.71 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Oxytropis lapponica (Lappland-Spitzkiel)
- P1090014.jpg (817.03 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Pseudorchis albida ssp. tricuspis (Dreizackiges Stumpfsporn-Weißzüngel)
- P1090010.jpg (815.01 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Nigritella bicolor (Zweifarben-Kohlröschen)
- P1090007.jpg (965.74 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Gymnigritella suaveolens (Hybride aus Nigritella rhellicani und Gymnadenia conopsea)
- P1090009.jpg (847.49 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Tofieldia pusilla (Zwerg-Simsenlilie)
- P1090012.jpg (754.05 KiB) 4879 mal betrachtet
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- Hedysarum hedysaroides (Alpen-Süßklee)
- P1090025.jpg (857.66 KiB) 4879 mal betrachtet
- Hermann Falkner
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Re: Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Tolle Story und Bilder!! Zu Hedysarum kann ich leider nix beitragen, habe noch nie die Zahl der Fiedern gezählt: sollte man wirklich öfter tun sprich auch bei "gewöhnlichen" bekannten, häufigen Pflanzen die Merkmale prüfen.
- Norbert Griebl
- Beiträge: 891
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Re: Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Hallo Oliver, liebe Alle!
Das mit dem Alpen-Süßklee kenne ich gut.
Würde man die Anzahl der Fiederblättchen als Kriterium nehmen, käme man bei vielen Pflanzen in Österreich auf die subsp. exaltatum.
Wenn man dann aber die typische exaltatum z.B. von Insubrien sieht, weiß man, dass die Pflanzen aus Österreich doch alles die subsp. hedysaroides sind.
Ich hänge mal ein Bild der subsp. exaltatum vom Pizzo Arera an.
Liebe Grüße
Norbert
Das mit dem Alpen-Süßklee kenne ich gut.
Würde man die Anzahl der Fiederblättchen als Kriterium nehmen, käme man bei vielen Pflanzen in Österreich auf die subsp. exaltatum.
Wenn man dann aber die typische exaltatum z.B. von Insubrien sieht, weiß man, dass die Pflanzen aus Österreich doch alles die subsp. hedysaroides sind.
Ich hänge mal ein Bild der subsp. exaltatum vom Pizzo Arera an.
Liebe Grüße
Norbert
Je größer ein Mensch ist, desto mehr neigt er dazu, sich vor einer Blume niederzuknien
- Norbert Griebl
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- Registriert: Donnerstag 20. Oktober 2016, 16:59
Re: Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Je größer ein Mensch ist, desto mehr neigt er dazu, sich vor einer Blume niederzuknien
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Re: Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Lieber Hermann, lieber Nobert!
Danke für eure Anmerkungen! Und danke Norbert für das Bild der ssp. exaltatum von Hedysarum hedysaroides.
Bei dieser Gattung scheint dann jedenfalls der Schlüssel in EFÖLS 2008 tw. nicht zu stimmen; die Fiederanzahl ist offenbar kein Kriterium. Ich werde Manfred Fischer darauf hinweisen.
Leider ist mir die Arbeit von Zertova, die die ssp. exaltatum beschrieben hat, nicht zugänglich ...
Viele Grüße
Oliver
Danke für eure Anmerkungen! Und danke Norbert für das Bild der ssp. exaltatum von Hedysarum hedysaroides.
Bei dieser Gattung scheint dann jedenfalls der Schlüssel in EFÖLS 2008 tw. nicht zu stimmen; die Fiederanzahl ist offenbar kein Kriterium. Ich werde Manfred Fischer darauf hinweisen.
Leider ist mir die Arbeit von Zertova, die die ssp. exaltatum beschrieben hat, nicht zugänglich ...
Viele Grüße
Oliver
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Re: Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Lieber Oliver,
hier der Link zur Beschreibung von Hedysarum exaltatum:
http://www.biodiversitylibrary.org/item ... 1/mode/1up
Die Sippe wurde von A. Kerner 1874 auf Artrang beschrieben, die Anzahl der Fiederblättchen als Unterscheidungsmerkmal zu H. hedysaroides (subsp. hedysaroides) [sub syn. H. obscurum] wird darin nicht erwähnt...
LG,
Christian
hier der Link zur Beschreibung von Hedysarum exaltatum:
http://www.biodiversitylibrary.org/item ... 1/mode/1up
Die Sippe wurde von A. Kerner 1874 auf Artrang beschrieben, die Anzahl der Fiederblättchen als Unterscheidungsmerkmal zu H. hedysaroides (subsp. hedysaroides) [sub syn. H. obscurum] wird darin nicht erwähnt...
LG,
Christian
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Re: Pasterzenvorfeld, spätes Stadium
Lieber Christian,
danke für den Hinweis!
Ich habe in Osttirol und Kärnten zuletzt mehrfach Populationen von H. hedysaroides bewusst beachtet und gesehen, dass deren Blattfiederpaare sich in der Anzahl mehrheitlich nicht an die Angaben der EFÖLS halten. Offenbar hatte schon Kerner diese als nicht diagnostisch erkannt.
Manfred Fischer ist schon infomiert, er hat sich eine Korrektur-Notiz für die nächste Auflage der EFÖLS vorgemerkt ...
Viele Grüße
Oliver
danke für den Hinweis!
Ich habe in Osttirol und Kärnten zuletzt mehrfach Populationen von H. hedysaroides bewusst beachtet und gesehen, dass deren Blattfiederpaare sich in der Anzahl mehrheitlich nicht an die Angaben der EFÖLS halten. Offenbar hatte schon Kerner diese als nicht diagnostisch erkannt.
Manfred Fischer ist schon infomiert, er hat sich eine Korrektur-Notiz für die nächste Auflage der EFÖLS vorgemerkt ...
Viele Grüße
Oliver
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