Liebe alle,
das Wenigblüten-Zartschötchen (Hornungia pauciflora, syn: Hymenolobus pauciflorus) ist ein zwergiger, äußerst unscheinbarer Vertreter der Kreuzblütler mit montan-subalpiner Höhenamplitude und sehr speziellen Standortsansprüchen: Es ist als kalk- und stickstoffliebende Art auf wildlägerflurartige Stellen unter überhängenden Felsen, sog. Balmen, beschränkt. Sein europäischer Verbreitungsschwerpunkt liegt in den Süd- und Westalpen sowie im Mediterranraum.
In Österreich wurde sie zuletzt an zwei Stellen in Nordtirol (Finstermünz und Gschnitztal) von Michael Thalinger, Thomas Wilhalm und Peter Schönswetter wiedergefunden, diese Nachweise wurden im Neilreichia-Band 7 des Jahres 2015 publiziert, vgl.: https://www.zobodat.at/pdf/NEIL_7_0157-0194.pdf. Ansonsten waren aus Österreich bis zuletzt keine weiteren rezenten Vorkommen bekannt!
Allerdings gibt es noch zwei in der alten Tirol-Flora von Dalla Torre & Sarnthein gelistete Angaben aus Osttirol, die mir freundlicherweise Harald Niklfeld schon 2013 wie folgt mitgeteilt bzw. kommentiert hatte:
"1) Osttirol, "? Rottenkogel": Die Quelle, Mayr 1882 in der Österreichischen Touristen-Zeitung, strotzt von Unmöglichkeiten und kann auch mit ihrem übrigen Inhalt nicht ernst genommen werden. Zu vergessen.
2) Osttirol, Laserz, "unter dem Scherbenkofel": Hier ist der an sich sehr verläßliche Rupert Huter der Gewährsmann, allerdings von Dalla Torre nur aus den nachgelassenen Aufschreibungen von Hausmann ("H. 20") zitiert, aus denen manche Ungereimtheiten stammen. Ans Ferdinandeum ist sichtlich kein Beleg zu dieser Angabe gelangt, sonst hätte ihn der akribische Dalla Torre angeführt. "
Hinzu kommt noch ein im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum liegender alter Herbarbeleg zu dieser Art aus Sillian ohne nähere Fundortsangabe (leg. Bartsch, 1902).
Die obige Angabe "Laserz, unter dem Scherbenkofel" dürfte ich nun vor einigen Tagen erfreulicherweise bestätigt haben. Das von mir entdeckte Vorkommen im Laserzgebiet (Lienzer Dolomiten) ist standörtlich exakt wie oben beschrieben eingenischt: Es handelt sich einen fast 1 m² großen "Rasen" von Hornungia pauciflora unter einem Felsüberhang über Kalkgestein unweit des Fahrweges zur Karlsbader-Hütte. Die Art kriecht fast am Boden und ist dort kaum größer als 5 cm. Allerdings ist die Population voll vital und weist viele Blüten und Früchte auf.
Auch bei der heutigen, von Helmut Deutsch und mir geführten Exkursion der Naturkundlichen Arbeitsgemeinschaft Osttirol (NAGO) konnten wir diese Seltenheit den interessierten 18 Teilnehmern präsentieren. Eine Liste der bei dieser Exkursion vorgestellten Pflanzenarten ist übrigens wie folgt zu finden: http://www.nago-osttirol.at/index.php/a ... m-1-7-2017
Es handelt sich somit um das dritte rezente Vorkommen dieser hochgradig gefährdeten Art in Österreich und um das einzig aktuelle in Osttirol. Anbei einige Bilder dazu inkl. der heute erstmals in den Lienzer Dolomiten entdeckten Poa molinerii (Innenalpen-Rispe) ...
Viele Grüße
Oliver
Hornungia pauciflora in Österreich
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