Scilla drunensis in Wien

= Blütenpflanzen
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Jürgen Baldinger
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Scilla drunensis in Wien

Beitragvon Jürgen Baldinger » Donnerstag 15. März 2018, 22:34

Für Scilla drunensis ist in Wien bekanntlich nur ein einziges Vorkommen auf der Agneswiese am Vogelsangberg nachgewiesen. Ich war heute dort und habe insgesamt nur vier Pflanzen gefunden, allesamt mit noch geschlossenen Blütenknospen. Mikroklimatisch scheint es dort ein etwas raueres Eck zu sein, die Wiese liegt auf einem windigen Sattel auf etwa 500 msm. S. vindobonensis hat jedenfalls letztes Wochenende in Kalksburg schon geblüht.

Am Sonntag führen Christian Gilli und Clemens Pachschwöll übrigens eine Exkursion zu S. drunensis bei Göllersdorf, siehe http://www.flora-austria.at/va_aktuell.html.
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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon 2045 » Freitag 16. März 2018, 10:37

Hallo Jürgen!

Vielen Dank für Deinen Beitrag. Dein Hinweis, das nur der eine Standort in Wien bekannt ist, löst ein bisschen meine Fragezeichen, die bei Scilla Bestimmungen immer vorhanden waren. In Wien bzw. im angrenzenden südl. NÖ gibt es somit keine Verwechslungsgefahr.

lt. Exkursionflora:
- die jungen Blütenknospen hellgrün bzw. mit deutlich hellgrünen Längsmittelstreifen versus junge Blütenknospen blau oder graublau -
das geht in der Praxis zumindest bei Funden zu Blühbeginn meistens noch recht einfach, weil in der Regel viele Pflanzen in unterschiedlichen Blühstadien nebeneinander vorkommen. Die Schlüsselangaben der Exkursionsfora bei in Vollblüte stehenden Einzelexemplaren sind ohne genauere Verbreitungsdetails der einzelnen Arten zu kennen (vor allem S. drunensis) , aus meiner Sicht schwierig anzuwenden.
Oder habe ich wieder einmal einen entscheidenden Denkfehler?

Habe mir vorher auch noch die Bilder auf der HP von Stefan Lefnaer angesehen. Da kann ich keinen Unterschied bei blühenden Pflanzen erkennen.

LG Markus

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Jürgen Baldinger
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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon Jürgen Baldinger » Freitag 16. März 2018, 11:38

Ich bin kein Scilla-Experte, aber Blütenknospen- und Samenfarbe sowie Perigonblatt-Dimensionen scheinen mir gute Unterscheidungsmerkmale zu sein.
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2045
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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon 2045 » Freitag 16. März 2018, 15:49

Hallo Jürgen!

Vielen Dank für Deine Antwort.
Die Frage sollte auch keinesfalls an einen Scilla-Experten gehen denn der benötigt den Schlüssel ja eh nicht (betont Prof. Fischer auch immer wieder bei seinen Exkursionen).

Aus meiner Sicht ist eine Bestimmung zwischen S. vindobonensis und S. drunensis bei einer Kleinpopulation mit nur wenigen Exemplar anhand des Schlüssel zu manchen Zeitpunkten schwierig bis unmöglich, wenn man die Artverbreitung vorab nicht kennt.
Im Wienerwald z.B. zw. Perchtoldsdorfer Heide und Seewiese gibt es immer wieder Kleinstpopulationen mit nur wenigen Exemplaren. Die sind im Blühstadium in der Regel alle gleich weit entwickelt.
Sind sie knospig oder noch teilweise knospig ist die Bestimmung kein Problem.

Sind alle Blüten aufgeblüht, bzw. die ersten schon abgeblüht, wird es ohne Verbreitungswissen der 2 Arten recht schwierig, zumal zu dem Zeitpunkt noch keine reifen Samen vorliegen.

Hier kommt dann die von Dir angeführte Perigonblatt-Dimension zur Anwendung.
S. vindobonensis 6-8 (9) mm
S. drunensis 9-10 mm
bei Größen von 6-7mm noch klar, ab 8 mm schwierig bis sehr grenzwertig nur anhand der Größe eine Bestimmung durchzuführen.
Wenn es das Wetter zulässt, gehen ich in den nächsten Tagen zu unserer Population messen, würde mich wirklich interessieren, wie da die Längenverhältnisse tatsächlich sind.
Und in der Regel wird man eine neue Blausternpopulation im Blühstadium auffinden.

Als weiteres (untergeordnetes) Kriterium gemäß Exkursionsflora die Anzahl der Blüten pro Traube
S. vindobonensis (3) 5 - 9 (20) Blüten
S. drunensis (3) 4-7 (12)
Auch hier in weiten Bereichen Überschneidungen.
Und die Überprüfung meiner S.vindobonensis Bilder sind alle relativ wenigblütig, maximal 9 Blüten.

Dann gibt es noch das Kriterium der Farbe der Samen. Die habe ich persönlich noch nie ausprobiert. Die sollte eigentlich recht klar sein.
Natürlich bestünde jetzt die Möglichkeit eine Kleinstpopulation im komplett aufgeblühten Zustand zu markieren und später neuerlich zu besuchen, wenn die Samen reif sind, ist aber doch recht aufwendig.

Kein Problem gibt es bei Großpopulationen mit 100en Exemplaren. Da gibt es in der Regel alle möglichen Blühstadien, wie zB. im Gütenbachtal, entlang der Liesing in Rodaun oder bei uns in Breitenfurt.

Wie sieht eigentlich die Artverteilung zwischen den beiden Arten S. vindobonensis und S.drunensis in NÖ aus?
In Wien ist es inzwischen klar, da gibt es offenbar nur einen Punkt.

Ist bitte keine Kritik am Schlüssel!
Aber Prof. Fischer appelliert ja immer an die Botanik Spezialisten bei den Exkursionen die Schlüssel anzuwenden. Die Personen, die die Schlüssel wirklich 100% richtig anwenden könnten (weil sie alle Angaben darin aufgrund Ihrer Kenntnisse richtig interpretieren), verwenden die Schlüssel nicht, weil Sie eh wissen, was da gerade wächst.

Würde mich aber wirklich interessieren - wie lassen sich diese 2 Arten ohne Kenntnis der tatsächlichen Detailverbreitung bei vollblühenden Pflanzen (keine Knospen mehr - aber auch noch keine reifen Samen) sicher unterscheiden, wenn die Perigonblatt-Dimension im Überschneidungsbereich ist?

LG Markus
Zuletzt geändert von 2045 am Samstag 17. März 2018, 07:27, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 16. März 2018, 16:04

Lieber Markus,

also zumindest Scilla vindobonensis und S. drunensis lassen sich meist recht gut abgrenzen. Hier eine Blüte von S. vindobonensis, die PerigonB außen mit grünlichem Streifen (zumindest anfänglich), innen ist ein deutlich abgegrenztes weißes Zentrum vorhanden:

Bild

Bei S. drunensis hingegen sind die PeriogonB außen rein blau, das weiße Zentrum ist nur undeutlich:

Bild

Hier Papers mit Verbreitungsangaben. S. spetana hat sich allerdings zwischenzeitlich in Luft aufgelöst, das ist anscheinend nur eine andere Polyploidie-Stufe.

Link
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Schöne Grüße
Stefan

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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon 2045 » Freitag 16. März 2018, 17:11

Hallo Stefan!

Ganz herzlichen Dank für die Erläuterung und die eindrucksvolle Bilderreihe. Das abgesetzte weiße Zentrum ist wirklich charakteristisch. Ist im Bestimmungsschlüssel natürlich ebenfalls enthalten, das es schlussendlich so bestimmungsrelevant ist, war für mich nicht erkennbar. Ist nicht unterstrichen.

LG Markus

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Hermann Falkner
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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 16. März 2018, 18:04

Hallo Markus,

wie Stefan schon schreibt - Scilla vindobonensis ist wirklich recht leicht unterscheidbar, entweder gibt's die grünen Streifen noch, oder (falls die undeutlich oder nicht mehr wahrnehmbar sind) das weisse Zentrum ist sehr auffällig; Scilla vindobonensis ist meiner Meinung auch dunkler blau als die anderen (aber als Bestimmungsmerkmal ist das sicher kaum tauglich). Bestimmung über Samen ist natürlich, wie du schon selbst schreibst, sehr mühsam, insbes. weil bei Samenreife die Krautschicht an den Scilla-Standorten schwer macht, die am Boden liegenden Samen noch zu finden (die Stengel neigen sich bei Reife zu Boden).

Was die Verteilung betrifft, ist in Ostösterreich überwiegend Scilla vindobonensis vorhanden, weiter im Süden (im südlichen Burgenland zB) Scilla bifolia s. str., im Westen (Oberösterreich, aber auch bis Niederösterreich) Scilla drunensis (Scilla bifolia s. str. kommt dort aber wohl auch vor, weiss ich selbst nicht so genau).
Während Scilla vindobonensis also relativ leicht bestimmbar ist, ist die Abgrenzung von Scilla bifolia s. str. zu Scilla drunensis schon viel schwieriger (und Scilla spetana wird wohl nicht mehr aufrechterhalten, wie Stefan schreibt, war mir auch neu, hab ich noch nicht gewusst - die ähnelt jedenfalls auch S. bifolia + drunensis sehr).

Bei Hainburg kannst du Scilla vindobonensis (am rechten Donauufer, bei Wolfsthal) und Scilla bifolia s. str. (oder doch Scilla drunensis? jedenfalls eine "der anderen"; am linken Donauufer in der Stopfenreuther Au) problemlos am selben Tag beobachten, es liegen nur wenige Kilometer zwischen beiden Standorten (dazwischen ist ein kleiner Au-Bereich "Scilla-frei": die Au beim Braunsberg, am Auglarm).
Die Scilla in der Stopfenreuther Au ist hellblau und ich hätt die wie gesagt als Scilla bifolia s. str. bestimmt gehabt.

In "deinem" Revier (Wienerwald) gibt's wohl nur Scilla vindobonensis, bzw. hab ich dort noch nichts anderes gesehen.

LG
Hermann

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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon 2045 » Samstag 17. März 2018, 07:41

Hallo Hermann!

Auch Dir herzlichen Dank für Deine Erläuterungen.
Wie schon einmal von mir erwähnt,im Bestimmungsschlüssel der Exkursionsflora ist das weiße Zentrum enthalten. Es geht halt unter den vielen Angaben, vor allem bei S. vindobonensis, etwas unter.
Die wirklich bestimmungswichtigen Angaben sind in der Regel unterstrichen, diese Angabe, die aber bei vollaufgeblühten Pflanzen eigentlich das einzige Merkmal ist zur Unterscheidung, ist nicht unterstrichen.
Ich weis, es gibt in der Exkursionsflora weit vorne einen Hinweis, nicht nur die "wichtigen" unterstrichenen Angaben müssen passen - sondern alle Angaben müssen passen.

Für Euch Experten ist das alles einfach, grundsätzlich benötigt Ihr den Schlüssel gar nicht, weil ihr sowieso wisst, auf welchem Meter welche Pflanze vorkommt, und manche von den Pflanzen vor Ort schon "persönlich begrüßt werden weil sie sich jahrelang kennen".

Als fast Laie wie ich, geht der weiße Grund als doch nicht so wichtiges Merkmal im Text unter, und wenn man dann einzelne voll blühende Pflanzen findet, war dann immer das Rätselraten ist es S. vindobonensis oder nicht. Mit den neuen Erkenntnissen brauche ich nicht einmal mehr die Pflanze drangsalieren, um zu sehen ob auf der Unterseite noch grüne Streifen zu erkennen sind.

Danke nochmals an Alle für die Erläuterungen der letzten Tage.

LG Markus

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Hermann Falkner
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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon Hermann Falkner » Samstag 17. März 2018, 09:28

Hallo Markus,
der Scilla-Schlüssel ist in der Tat nicht ganz optimal und muss für die 4. Auflage sicherlich überarbeitet werden.
Das weisse Zentrum sollte auch meiner Meinung nach unterstrichen werden, als bestimmungskritisch am wichtigsten sähe ich Knospenfarbe (grüne Streifen), weisses Zentrum und Samen, aber - ich dilettiere auf diesem Feld auch nur, Scilla ist schwierig (ausser vindobonensis ;-).
Die Grössenverhältnisse natürlich auch, aber da beginnt's schon mit den Problemen: polyploide Pflanzen (= solche mit vervielfachten Chromosomen) haben grössere Zellen und sind ergo oft in allen Teilen grösser - so auxh Scilla spetana - polyploide sind aber nicht unbedingt eine eigene Art! (siehe Scilla spetana...)
Grössenverhältnisse können also auch trügerisch sein.
Schau dir die in Hainburg an - Stopfenreuth und Wolfsthal - nichts ist besser als das lebende Objekt ;-) - ich schätze, du hast bisher nur vindobonensis gesehen, daher vielleicht deine Unsicherheit, mir ist's auch so gegangen, bis ich die aus der Stopfenreuthet Au gesehen habe.

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Re: Scilla drunensis in Wien

Beitragvon Jürgen Baldinger » Dienstag 20. März 2018, 17:01

Gibt es bei S. spetana aufgrund des höheren Polyploidiegrads eine Reproduktionsbarriere zu den anderen bifolia-Arten?
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