Landwirtschaft und Artenvielfalt

Wie das Kostbare erhalten? Gefährdungen, Schutzmaßnahmen und Interviews
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Stefan Lefnaer
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Landwirtschaft und Artenvielfalt

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 18. Oktober 2019, 17:08

Hallo zusammen,

hier ein Artikel betreffend Landwirtschaft und Artenvielfalt, die meisten werden ihn ja wahrscheinlich eh schon gelesen haben. Dem meisten was Dullinger sagt, kann ich zustimmen. Wenn er aber findet (wenn auch mit gewissen Einschränkungen und Gegenargumenten), dass "an der Aussage was dran ist", dass Biolandwirtschaft schlecht und industrielle Produktion besser sei und wir Flächen brauchen, die gar nicht bewirtschaftet werden, muss ich mich schon fragen, wie das wissenschaftlich begründet wird. Unsere vielfältige und artenreiche Kulturlandschaft ist ja gerade dadurch entstanden, dass jedes Fleckchen Land bewirtschaftet wurde. Ob als Acker, Weingarten, Weide, Teich, Bühel oder Feldrain zum Brennholz schneiteln oder sonst etwas. Ich kann mich noch an die Erzählungen meiner waldviertler Verwandten erinnern, dass die alte -- damals noch junge -- Kleinhäuslerin gnadenhalber ihre ein, zwei Ziegen auf einer Straßenböschung, die der Gräfin gehörte (so lang ist das noch gar nicht her, man glaubt es nicht!), auftreiben und grasen lassen durfte! Genutzt wurde also alles, allerdings ganz extensiv. Ohne diese Nutzung hätten wir in unseren Breiten fast überall Wald und eine deutlich niedrigere Artenvielfalt als bei einem Mosaik von unterschiedlichen Lebensräumen. Es gibt ja schon jetzt ungenützte Flächen zuhauf, z.B. ehemalige Hutweiden, aufgelassene Weingärten oder Äcker in Extremlagen, die höchst wertvolle Flächen darstellen. Nur verbuschen diese zunehmend und sobald dieser Prozess abgeschlossen ist, ist es vorbei mit der Artenvielfalt. Ich frage mich, wie Dullinger diese "Flächen, die gar nicht bewirtschaftet werden" erhalten will. Durch händisches Mähen und Entbuschen im Zuge von Pflegeeinsätzen? Wo kommen die ganzen Helfer her, die nicht ausreichen die bestehenden Fläche zu erhalten? Oder soll dort überall Wald entstehen, von dem es in Österreich schon genug gibt? Meiner Meinung nach müssten wir also die Nutzung pro Flächeneinheit drosseln, nicht aber Flächen komplett ungenützt lassen und sich selbst überlassen (außer einige Nationalparks, Naturwaldreservate etc. und Wälder, die klarweise Wald bleiben, aber naturnäher werden). Wie man das bewerkstelligen kann, ohne den Lebensstand auf jenen der waldviertler Kleinhäuslerin zu drücken, ist sicher eine Frage die geklärt werden muss. Aber wenn jede und jeder auf Dinge verzichtet, die sie oder er eigentlich gar nicht wirklich braucht und die rasch beiseite gelegt und weggeworfen werden bzw. sich ansonsten bei umweltschädlichen und ressourcenzährenden Dingen einschränkt, sollte es aus meiner Sicht machbar sein.

Schöne Grüße
Stefan

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Hermann Falkner
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Re: Landwirtschaft und Artenvielfalt

Beitragvon Hermann Falkner » Samstag 19. Oktober 2019, 19:11

Hallo Stefan,

ich kann deine Bedenken sehr gut nachvollziehen!
Bei der Biolandwirtschaft hängt halt sehr viel davon ab, wie die betrieben wird,mristens ist das tatsächlich sehr intensiv.

Ich bin auf einem Kleinhäuslerhof aufgewachsen, der Vater war im Geldberuf Maurer, die Mutter war Hausfrau und Landwirtin (Milchwirtschaft), Geld war immer zu wenig da und daher haben wir fast nie Kunstdünger gekauft und nur sehr selten Herbizide: rückblickend waren wir "fast" ein Biobetrieb und unsere Hände haben die Artenvielfalt beim Unkraut jäten nur geringfügig beeinflusst (als Kinder haben wir das natürlich anders gesehen ;-) uns wären weniger Disteln lieber gewesen).
Heute schaut ein Bio-Milchkuhbetrieb so aus: 4-5 Silofutter-Schnitte, jedesmal nachher ordentlich Gülle drauf, Feldraine mit Baggern entfernt und Wiesen drainiert, Kühe (inzwischen) im Laufstall aber nicht mehr auf der Weide (bei uns waren es noch 2 Schnitte: Heu und Grummet - und im Herbst Beweidung).
Mit der Artenvielfalt ist's da auch nicht mehr weit her - obwohl, minimal besser als Non-Bio.

Aber Ausser-Nutzung-Stellung würde nur zu rascher Bewaldung führen, es gäbe dann zwar mehr Wald, aber keine offenen Standorte mehr.

Man müsste schon die früheren Bewirtschaftungsformen pglegen, um etwa die Magerrasen erhalten zu können.


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