Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Wie das Kostbare erhalten? Gefährdungen, Schutzmaßnahmen und Interviews
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Hermann Falkner
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Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Hermann Falkner » Samstag 9. Mai 2020, 18:54

Liebes Forum,

nachdem ich nach längerer Zeit heute wieder mal in der Lobau war, möchte ich ein paar Gedanken zu "Naturschutz in Zeiten von Corona" zu Papier bringen ...

Ich habe mich heute nicht lange in der Lobau aufgehalten, nachdem ich gesehen habe, was einerseits die Dürre und andrerseits die Überbevölkerung durch Menschen angerichtet hat; nachdem in Wien die Badesaison in den Freibädern (startet normalerweise am 1. Mai) coronabedingt um einen Monat verschoben worden ist, hat man eben in der Lobau die Badesaison eröffnet.

Die Gewässer der Lobau - der Wasserstand ist wohl auf einem Rekordtief - werden das eine Weile verkraften und hoffentlich legt sich das ja im Sommer auch wieder, aber die Kollateralschäden auf den Trockenrasen und in den Wäldern sind erheblich, die Vegetation hat ja schon durch die Hitze genug gelitten, eigentlich müsste man eine "Hitzesperre" über die Lobau verhängen, aber das traut sich ganz sicher kein Politiker, der die Wahl im Herbst gewinnen möchte ...
Freundliche Hinweise wie "dieser Weg führt nirgendwo hin" (auch Sackwege werden von Familien befahren) werden ignoriert, und weniger freundliche enden bestenfalls in Schreiduellen, an denen ich nicht ganz unbeteiligt war (ich hätte besser ruhig bleiben sollen, schliesslich habe ich kein Mandat einzuschreiten und kann nur auf guten Willen hoffen).
Wenigstens hab ich heute keine Gruppen mit Soundblaster über die Trockenrasen spazieren sehen, wie vor rund 2 Wochen; aber ich hab ja auch schon nach einer halben Stunde die Flucht ergriffen, die waren vielleicht eh wieder da.

Ich bin mir sicher, jeder kennt solche "Corona-Geschichten" aus eigener Erfahrung aus seiner Gegend, oder zumindest von Erzählungen von Freunden und Bekannten; auch im Wienerwald soll es ziemlich "rund" gehen, wie ich selbst von Freunden gehört habe.

Inzwischen bin ich so weit, Menschen (und möglichen Konflikten) einfach aus dem Weg zu gehen.
Was aber auch keine Lösung ist.

Es wäre dringend nötig, in jener breiten Bevölkerungsschicht, die jetzt vermehrt auch bei uns in der Natur unterwegs ist, ein Naturbewusstsein zu schaffen, dass darüber hinausgeht, alle Grünflächen als Parkanlagen und Hundeauslaufzonen zu betrachten.

Nur so zum Frust ablassen ..... und jetzt geb ich auch schon wieder eine Ruh'.

Benjamin Böhme
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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Benjamin Böhme » Montag 11. Mai 2020, 12:01

Kann ich verstehen! Wo warst du unterwegs in der Lobau?

Ich war heuer nur in der unteren Lobau und auf der Schusterwiese. Letztere ist durch die Lage ganz gut geschützt, habe dort eigentlich nie jemanden gesehen.

In der unteren Lobau ist aber eine Stelle mit einem Trockenrasen zu beiden Seiten des Weges und hinter einer Buschreihe dann eine etwas tiefer liegende Wiese mit vielen Orchideen vor allem A.coriophora, da die aber auch nicht gleich am Weg liegt hab ich auch hier noch nie Leute in der Wiese gesehen. Im Trockenrasen direkt neben dem Weg aber leider schon öfter Familien, Radfahrer usw. wobei es wenige Meter weiter genug Wiesen und Plätze gibt wo nicht jeden Meter was zertreten wird..

Hier sind aber auch keine Badeplätze in der Nähe von daher wirds allein deswegen hier besser ausschauen.

Benjamin Böhme
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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Benjamin Böhme » Montag 11. Mai 2020, 12:10

Als Vergleich einer ländlichen Region, m Burgenland ist das zum Glück kein großes Problem, hier verteilt sich alles gut und die Schutzgebiete werden nicht extrem frequentiert. Was ich zu Beginn von Corona eigentlich befürchtet habe.

Generell scheint mir die "Picknick-Kultur" hier weniger vorhanden, da grillen die Leute wohl lieber im Garten.

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Hermann Falkner
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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Hermann Falkner » Montag 11. Mai 2020, 18:21

Obere Lobau, Bereich Esslinger Furt bis Grossenzersdorf, hier kommen auch die Seestadt-"Neubürger" dazu, ich fahr ja eh meist schon nur mehr durch in die Untere Lobau, aber schon der Transit ist problematisch, die Lobau-Zugänge sind dort aber auch wirklich eng.

Picknicken auf Heissländen ist immer wieder vorgekommen, das Problem ist nicht neu, jetzt aber verstärkt, und die Heissländen um die Esslinger Furt sind durch die Dürre geschädigt genug, die Leute glauben aber sogar, sie hätten ein Recht darauf, dort in der Sonne zu liegen.

Corona und das Badewetter haben das Problem erheblich verschlimmert. Badeplätze gibt es hier in Grossenzersdorf und am Donau-Oder-Kanal, gebadet wird aber (natürlich) nicht nur dort, die ofiziellen Badeplätze sind auch sehr klein.

In der Unteren Lobau ist es viel weniger schlimm, aber auch dort hab ich kürzlich eine Frau gesehen, die auf einem Trockenrasen ihre Yoga-Übungen gemacht hat, Familienpicknicks kommen vor, aber natürlich nicht annähernd so schlimm wie in der Oberen, und die Schusterwiese liegt sowieso abseits, obwohl jetzt mit der Sanierug des Grossenzersdorfer Rückhaltedamms viel besser für Zufallsbesucher erreichbar (jetzt sogar asphaltiert; hier ist zwar Radfahrverbot, das wird aber geflissentlich ignoriert).

Den schlimmsten Spot mit Umweltzerstörung durch Besucher meide ich aber schon seit Herbst, der hat nix mit Corona zu tun: der Josefsteg ist gesperrt, die Umleitung geht durch eine artenreiche Sumpfwiese, der Weg ist oft mit Wasser gefüllt und die Radler weichen durch die Wiese aus, eine Spur der Zerstörung ist hier schon im Sommer 2019 gezogen worden.
Vielleicht ist die Trockenheit dort heuer sogar ein Segen - vielleicht hält das die Radler am Weg ... ich glaub aber, dass ich auch 2020 diesen Bereich ganz meiden werde.

Natürlich könnte, sollte man den Nationalpark anschreiben, meine Erfahrung damit war aber bisher "maximal frustrierend": eine freundliche Rückmeldung, das dürfe nicht sein und man werde sich das ansehen, dabei bleibt es dann aber auch ...

Immerhin ist wenigstens das Grillverbot auf den "illegalen Grillplätzen" (legale gibts keine) eingehalten worden - dort, wo ich hingekommen bin. Das absolute Rauchverbot im Wald hingegen nicht, ein Wunder, dass es bisher nureinen kleinen Brand gegeben hat, unweit der Esslinger Furt.

Ich bin halt Lobaubesuchern gegenüber auch zu wenig diplomatisch und tu mir schwer beim "freundlich bleiben", wenn grob fahrlässig gegen die einfachsten Regeln verstossen wird - und dann ist es besser, gleich gar nix zu sagen (und solchen Konflikten gleich auszuweichen).

Ich fühle mich halt schon ein wenig aus meinem "Wohnzimmer" "verdrängt" (wohne 2 km Fussweg von der Esslinger Furt entfernt).

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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon 2045 » Mittwoch 13. Mai 2020, 07:45

Hallo Herrmann!

Auch wenn es kein Trost ist. Auch im Wienerwaldbereich ist extrem viel unterwegs.

Interessanterweise keine massive Zunahme bei den normalen Fußgängern.
Aber die Mountainbiker haben sich schlagartig massiv vermehrt, die sind halt leider dann nicht nur auf den geöffneten Forstwegen unterwegs, sondern besonders auf den kleinen erdigen Wegen und Steigen. Ende März waren wir eine Runde bei uns in Breitenfurt im Wienerwald, das war wie in einem Radrennen, sowas habe ich noch nie gesehen im Wienerwald.
Die Sorte an Besuchern, die völlig neu aufgetreten sind mit Corona, sind die „Picknicker “. Keine Ahnung wo die vorher waren, und hoffentlich schätzen sie den Wienerwald nicht so, dass sie nachher auch wieder dorthin verschwinden.
Vollgepackt mit Kühltaschen, Essensäcken, Decken und entsprechend großen „Radios“ wird da in den Wiesen das Lager aufgeschlagen. Wie die Wiese nachher aussieht, ganz egal ob dort was Seltenes wächst oder nicht, kann sich jeder vorstellen. Mehrmals beobachtet, das letzte Mal erst vor wenigen Tagen auf der Heide. Da ist man beim Blumenschauen dauernd mit Musikfragmenten begleitet.
Es gibt auch Picknicker der älteren Generation, da ist zumindest dann keine Begleitmusik vorhanden.
Am Kreuzriegel in Sittendorf/Hinterbrühl vor wenigen Tagen liegt plötzlich jemand mit Campingbett und Kühlbox auf einer kleinen Kuppe zwischen den A. morio Beständen, mindestens 15 Minuten Fußweg vom nächsten Autoparkplatz. Als Zugabe noch 2 Drohnenpiloten in einem anderen Teil der Wiese, und am Anfang gleich 2 Modellflieger. Normalerweise ist man dort immer alleine unterwegs.
Am 18.04 steht in der Gemeinde Wienerwald rund 200 m nach der Fahrverbotstafel, nicht sichtbar von der Straße, ein Auto mit Wiener Kennzeichen mitten in einer Wiese. Der Fahrer daneben ebenfalls am Campingbett.
Wie schon gesagt, nicht immer sind naturschutzrelevante Wiesen betroffen, nur der Wiesenbesitzer will die Wiese ja auch selber nutzen, und wenn bei der derzeitigen Wetterlage 5 Personen stundenlang auf einer Decke in der Wiese sitzen, dann richten sich die Grashalme nachher nicht mehr auf.

Eingemischt habe ich mich auch nicht, wenn es eskalieren würde, steht man dann alleine da.
Auf der Heide gäbe es ja Naturschutzorgane, nur da gelingt es seit Jahren nicht einmal, die freilaufenden Hunde zu unterbinden, wenngleich die Situation inzwischen wesentlich besser ist als früher.
Was jetzt auch wieder auftritt, sind die Blumenpflücker, sozusagen ein Handstrauß Natur mit nach Hause. Öfters halt nur 08/15 Blumen und Sträucher, am 03.04.2020 auf der Perchtoldsdorfer Heide (Bild wenige Meter nach der Heide aufgenommen) aber auch einer mit einem Sträußchen Adonis vernalis - Frühlings-Adonis, ist dann auch in ein Auto mit Wiener Nummer eingestiegen.

LG Markus
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Perchtoldsdorf-Heide-03042020-(39) - Blumenpflücker.JPG
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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Hermann Falkner » Mittwoch 13. Mai 2020, 09:13

Hallo Markus,
ja, solche und ähnliche Geschichten hab ich auch aus meinem Bekanntenkreis gehört.
Eine Kollegin aus Breitenfurt hat sich zur schlimmsten Zeit noch nicht mal mit dem Hund in den Wald getraut - zu gefährlich, zu viele Biker; mittlerweile ists in Breitenfurt etwas besser, sagt sie.

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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon kurt nadler » Mittwoch 13. Mai 2020, 10:05

klingt schlimm. ich kann mich nur trösten, indem ich selber nicht im engeren speckgürtel unterwegs bin und das ganz einfach nicht kenne. dass die wiesen zum lagern dermaßen einladen, liegt wohl an der dürre, da wird nix feucht und nass, und man kann sich überall hinhocken. dazu kommt/kam das außergewöhnlichst dauerschöne wetter die letzten monate.
im osten ists nicht schlecht: die konkurrenzfähigen pflanzen lassen aus, die besondern haben licht wie nie. aber dabei ist wiederum alles zu klein, um von den sehr wenigen rumrennenden gepflückt zu werden.
auch am spitzerberg nehmen die radler deutlich zu. wenigstens gibts dort nur einen längsweg. dort aber eidechsen- und blindschleichenopfer (zusätzliche zu denen der vierrädrigen jäger, die hier aber zum glück nicht so hochfrequent wie anderswo rumfahren).

haben die leute wirklich (noch) so viel corona-freizeit? in meinem (kleinen) bekanntenkreis hatte ich eher den eindruck, dass die leut in coronazeiten eher mehr um die ohren hatten als sonst, jedenfalls nicht die spaziergehexplosion eintrat.

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Hermann Falkner
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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Hermann Falkner » Mittwoch 13. Mai 2020, 11:28

In Wien extrem: Hauptverkehrswege waren leergefegt wie Siedlungsstrassen in Breitenlee, und Naherholungssuchende auf allen Grünflächen (selbst auf nicht grünen Flächen).

Inzwischen arbeiten wieder sehr viel mehr Leute, sieht man auch auf den Strasen (und Grünflächen), zum Wochenende ist die "Personenfrequenz" zB in der Oberen Lobau immer noch viel höher als normal.

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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Exilfranke » Mittwoch 13. Mai 2020, 22:27

War heute Nachmittag zwischen Eßlinger Furt und Ölhafen unterwegs. Großteils einzelne Gassigeher, die wenigen Mountainbiker und Radfahrer meist auf den breiteren Wegen. Im Wienerwald ist mir die hohe Besucherfrequenz aber auch aufgefallen, selbst auf wenig begangenen Wegen/Steigen, wo ich unter der Woche sonst nie Menschen treffe. Den Vogelsangberg hatte ich lange für mich alleine, wird jetzt aber von (E-)-Bikern regelrecht bevölkert. Eigentlich kann man nur hoffen, dass jetzt wieder eine längere Regenphase kommt und der Gatsch das frequentierte Begehen verleidet.

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Re: Naturschutz in Zeiten von Corona ......

Beitragvon Hermann Falkner » Mittwoch 13. Mai 2020, 22:36

Schlechtwetter hilft definitiv! ;-)


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