Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Wie das Kostbare erhalten? Gefährdungen, Schutzmaßnahmen und Interviews
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Carnifex
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Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon Carnifex » Montag 22. Juni 2020, 17:02

Vor zwei Jahren wurde eine Häuserzeile in der Nachbarschaft abgerissen, die eigentlich angekündigte Bebauung hat bisher jedoch nicht stattgefunden.

So hat sich die Vegetation nach und nach die Fläche zurückgeholt, gut gedüngt durch Ausscheidungen großer und kleiner Versionen von Canis lupus familiaris. Der nebenan wohnende Naturinteressierte und Schreiber dieser Zeilen hat die Fläche freilich anders zu nutzen gewusst und über die Zeit das wilde Leben auf der Fläche dokumentiert, einige Anfragen hier im Forum stammen von dort.
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Bisher konnte ich 77 Pflanzenarten finden, ein geschulteres Botaniker-Auge würde sicherlich noch die ein oder andere zusätzliche Art finden (bei den Poaceen könnte z.B. noch ein gewisses Potential bestehen).

Eine Faszikulation (Picris hieracioides) gibt es dort auch zu bestaunen (danke an Norbert S. für die Bestimmung)
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Seit letztem Monat nun bin ich nicht mehr alleine auf der Fläche, denn sie wurde von ein paar Künstlern 'gekapert'.
Wie sich herausstellte, haben sie die Erlaubnis vom Grundbesitzer erhalten, dort für begrenzte Zeit eine Freilandausstellung mit Skulpturen zu errichten. Die 'Bussi Gruppe' besteht aus durchwegs sehr netten Leuten von der Angewandten Kunst, die dort nach und nach eine sehenswerte Melange aus Grafitti, Schutt, Abfall und allerlei Zivilisationsgegenständen errichtet haben, eingebettet zwischen schon recht beachtlichen Hybridpappeln und Sommerfliedern. Hier die Aktion zum Nachlesen: http://www.ortsbezogenekunst.at/notes/v ... tival-2020.

Was anfangs (die Verbascum im Vordergrund ist noch zierlich) mit ein paar Ornamenten, Steinmanderln und Drahtgeflechten anfing...
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...ist nun, wo die Königskerze aufgeblüht ist, schon eine richtige Kunstlandschaft geworden.
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Ab morgen (Di., 23. Juni) bis Freitag findet die Abschlussveranstaltung des Projekts statt, mit Workshops, Musik und anderen Aktionen, zu dem jeder eingeladen ist. Ich kann's nur empfehlen sich das einmal anzusehen.

Warum nun dieser Beitrag in der Naturschutz-Rubrik?
Ein paar Künstler waren recht interessiert an meiner Artenkenntnis, und so hat sich eine Kollaboration ergeben, dass ich ihnen etwas über nutzbare Wildkräuter erzählt habe, verbunden mit dem Vorschlag, verschiedene Pflanzen auszuschildern - sodass Besucher ein paar der Pflanzen kennlernen können. Dieser Vorschlag wurde umgesetzt und ich freue mich sehr über diese Gelegenheit, ein wenig Umweltbildung zu betreiben. Es sollen dann auch Kräuterspaziergänge in den nächsten Tagen angeboten werden (nicht von mir, denn ich bin leider genau jetzt im Urlaub).

Jedenfalls erachte ich es für sehr wichtig, gerade in der Stadt, die Natur vor der eigenen Haustür kennenzulernen und die Dichotomie zwischen unbelebter Stadt und 'raus in die Natur/ins Grüne' zu durchbrechen. Ich würde gerne in Zukunft weitere solche Aktionen durchführen bzw. davon erfahren und auch gerne zum Nachahmen anregen. Das Potential gerade auch in der Schulpädagogik halte ich für sehr groß und Nachwuchsbildung ist extrem wichtig (wobei hier mit 'Bildung' in erster Linie Interesse wecken und Naturerfahrungen gemeint sind, weniger fachliches Wissen).

Hier nun ein paar Impressionen (und ja, auf die Fehler in der Beschilderung hab ich schon hingewiesen, ist aber nicht so wichtig).

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LG
Lorin

PS: Bin noch nicht dazu gekommen, Straßenmalkreide zu kaufen und mich den Urban Rebels anzuschließen (siehe dieser Topic: viewtopic.php?f=15&t=2236), aber bei dem Dauerregen in den letzten Tagen wäre das Ergebnis eh nur von sehr kurzer Dauer gewesen. Ist aber nach wie vor in Planung.
Zuletzt geändert von Carnifex am Mittwoch 24. Juni 2020, 00:47, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon asta » Dienstag 23. Juni 2020, 21:22

Spontane Kunst ohne Schnickschnack in ebensolcher Vegetation. Früher war das den Kindern vorbehalten sich in der Gstetten auszutoben. Das gibts nicht mal mehr am Land. Um so schöner dieses Projekt, werde es weitersagen.

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Re: Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 23. Juni 2020, 23:10

ceterum censeo:
publizieren - so wie die flora biozentrumensis!

herzliche grüße und viel genugtuung mit diesen aktivitäten!
kurt

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Re: Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon cloudya » Dienstag 26. Januar 2021, 10:02

Wow das sieht ja klasse aus! Ich hatte auch mal vor Blumen zu pflanzen in der Innenstadt z.B. auf Verkehrsinseln o.Ä. Es stellte sich jedoch raus, dass sogenanntes "Flowerbombing" illegal ist und es einer Genehmigung der Stadt bedarf.. somit war das Projekt hinüber.

Habt ihr auch schon Erfahrungen damit gemacht?

LG
cloudya
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Carnifex
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Re: Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon Carnifex » Dienstag 26. Januar 2021, 11:37

Wie man sieht, kommen die Pflanzen ganz von selbst :-)
Die Fläche muss halt ne Weile ungestört bleiben

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Jürgen Baldinger
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Re: Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon Jürgen Baldinger » Dienstag 26. Januar 2021, 14:33

Hallo cloudya,

ich meine auch, dass es der naturverträglichere und letztlich auch wesentlich schönere Weg ist, Lebensraum zur Verfügung zu stellen und der Natur ihren Lauf zu lassen. Vor allem auf immer wieder gestörten Flächen stellt sich schnell eine schier verschwenderische erste Pracht ein, siehe hier:
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Tatsächlich ist Seed-bombing hochproblematisch: Die Gefahr, dass sich daraus Neophyten entwickeln, die die heimische Flora in arge Bedrängnis bringen können, ist zu groß, siehe etwa Robinie oder Japanischer Staudenknöterich.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"

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cloudya
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Re: Baulücken: Kunst und Natur in der Stadt

Beitragvon cloudya » Donnerstag 11. Februar 2021, 16:45

Hallo Jürgen,

wow das sieht ja klasse ist. Das ist natürlich eine tolle Alternative zu Flowerbombing und ebenso effektiv. Vielen Dank für deinen Imput :-)

LG,
Claudia
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