Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Wie das Kostbare erhalten? Gefährdungen, Schutzmaßnahmen und Interviews
Raimi1
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Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Raimi1 » Mittwoch 26. Mai 2021, 22:04

Ich war gestern wieder einmal bei der Tschirkwiese in Bad Sauerbrunn weil ich wissen wollte, wie sich die Flora jetzt entwickelt, wo es doch endlich viel mehr geregnet hat.
Und was ich sah, oder besser gesagt nicht sah, war ein Horror. Viele Brandknabenkrautpflanzen fehlten, dort wo die größte Gruppe mit 7 Stück stand klaffte ein Loch... Die Militaris-Gruppe ist auch verschwunden, sie sollte auch im abgeblühten Zustand klar ersichtlich sein.
Die Wiese wird vom Burgenländischen Naturschutzbund betreut, also habe ich sofort die Geschäftsführung benachrichtigt und um Anzeige gebeten. Ich weiß das wird vielleicht nichts bringen, aber es ist einen Versuch wert.
Mittlerweile ist das zur Anzeige gebracht wurde mir mitgeteilt.

Was meint ihr, sollte man nicht die Medien auch informieren, zumindest könnten der oder die Täter wenigstens Angst haben entdeckt zu werden wenn solche Vorfälle medial verbreitet werden.... Unwissenheit sollte heutzutage wohl kaum noch vorhanden sein, so etwas ist einfach nur dumm. Gefahr ist halt immer dass noch mehr Menschen mitbekommen dass hier Raritäten wachsen...

Anbei Fotos der Brandknabenkrautgruppe welche weg ist vor 3 Wochen, die fehlende Militaris (Foto von Vorjahr) und eine Grabstelle
Badsauerbrunn-101.jpg
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Pablito » Donnerstag 27. Mai 2021, 07:25

Wildkameras plazieren fällt mir nur dazu ein!
LG Reini BR

Oliver Stöhr
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Oliver Stöhr » Sonntag 30. Mai 2021, 11:00

Ich denke wir sollten hier im Forum auch ein wenig Vorsicht walten lassen und die Wuchsorte attraktiver Arten nicht zu genau beschreiben.
Lg
Oliver

Raimi1
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Raimi1 » Sonntag 30. Mai 2021, 20:58

Na ja, über die Tschirkwiese hat der Naturschutzbund selbst in seiner letzten Ausgabe "Natur & Umwelt" einen Bericht gebracht. Ich gebe schon lange keine genauen Ortsangaben auf Facebook und anderen Medien bekannt, nur mehr an verlässliche Freunde..... und schon gar nicht an jene, die dann Workshops und Exkursionen dort hin organisieren.
Über diese Sache hat auch die Kronenzeitung online berichtet, aber ich sah es schon als meine Pflicht an, den Naturschutzbund zu informieren!
LG Raimund
https://l.facebook.com/l.php?u=http%3A% ... T6tbA4-Xjw

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Stefan Lefnaer
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 30. Mai 2021, 21:37

Ich halte nicht viel von Geheimniskrämerei, weil sie erstens unwissenschaftlich ist und zweitens den meist wirtschaftshörigen Behörden in die Hände spielt, z.B. wenn Wuchsorte gefährdeter Arten von Bürgerinitiativen als Argument gegen die Errichtung von Straßen, Gewerbeparks usw. gebraucht werden könnten. Man sollte nicht vergessen, dass die meisten Arten durch Lebensraumverluste, nämlich durch Zersiedelung, Bodenversiegelung, Landnutzungswandel (z.Z. Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung und Nutzungsaufgabe) usw., verloren gehen und nur zum ganz kleinen Teil durch Leute die sie ausgraben.

Oliver Stöhr
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Oliver Stöhr » Montag 31. Mai 2021, 14:36

Lieber Stefan,
sorry aber deine Argumente kann ich nicht nachvollziehen. Bisher habe ich zumindest das Forum nicht als „wissenschaftliche“ Plattform verstanden sondern vielmehr als breite Austauschbasis, die auch populär (verständlich) sein darf! Wissenschaftliche Anforderungen kann und muss man mE an Fachpublikationen wie der Neilreichia stellen aber nicht an dieses Forum. Das zweite Argument finde ich auch nicht ganz stichhaltig denn bei allen gefährungsträchtigen Projekten muss in der Regel ohnehin vorab kartiert werden - ein zweites ist dann wer wann wie genau kartiert, die Kartierungsergebnisse dargestellt werden und was die Behörden draus machen.
Das systematische Ausgraben, wie zuletzt hier angeführt, kann aus meiner Sicht zur Gefährdung bis hin zur Ausrottung einer lokalen Population führen. Ich möchte nicht, dass das Forum durch zu genaue Fundortsangaben solchen Aktionen Vorschub leistet! Außerdem wissen wir nicht, wer hier aller mitliest...
Viele Grüße
Oliver

PS: Selbstverständlich sind Lebensraumverlust etc. auch wichtige Gefährdungsfaktoren, aber systematisches Ausgraben sollte man nicht unterschätzen!

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Stefan Lefnaer
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Stefan Lefnaer » Montag 31. Mai 2021, 18:47

Zu den Ursachen des Artensterbens gibt wissenschaftliche Untersuchungen die klar folgende Hauptursachen nennen:

  • Landnutzungsänderungen (z.B. Abholzung, intensive Monokulturen, Urbanisierung);
  • direkte Ausbeutung der Ressourcen wie Jagd und Überfischung;
  • Klimawandel;
  • Umweltverschmutzung;
  • invasive Fremdarten.

Ansonsten kenne ich zahlreiche Wuchsorte, z.B. Halbtrockenrasen die auch im Trockenrasenkatalog aufgeführt wurden, die zerstört wurden oder mangels Interesse verbuschen. Kartiert wurde da gar nichts. Selbst die Rote Liste ist ja primär ein Hobbyprojekt zahlreicher Ehrenamtlicher. Du musst in einem Paralleluniversum leben wo alles perfekt ist. Ich lebe dort leider nicht.

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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Oliver Stöhr » Montag 31. Mai 2021, 21:06

Nein Stefan, ich lebe in keinem perfekten Parallel-Universum sondern bin seit über 25 Jahren mit Naturschutz beruflich befasst. Ich kenne daher sehr wohl die Realität und das Spektrum der Gefährdungsursachen. Und die Erstellung der RL ist heute (Gott sei dank) nicht mehr gratis ...

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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon 2045 » Dienstag 15. Juni 2021, 09:29

Stefan Lefnaer hat geschrieben:Zu den Ursachen des Artensterbens gibt wissenschaftliche Untersuchungen die klar folgende Hauptursachen nennen:

  • Landnutzungsänderungen (z.B. Abholzung, intensive Monokulturen, Urbanisierung);
  • direkte Ausbeutung der Ressourcen wie Jagd und Überfischung;
  • Klimawandel;
  • Umweltverschmutzung;
  • invasive Fremdarten.

Ansonsten kenne ich zahlreiche Wuchsorte, z.B. Halbtrockenrasen die auch im Trockenrasenkatalog aufgeführt wurden, die zerstört wurden oder mangels Interesse verbuschen. Kartiert wurde da gar nichts. Selbst die Rote Liste ist ja primär ein Hobbyprojekt zahlreicher Ehrenamtlicher. Du musst in einem Paralleluniversum leben wo alles perfekt ist. Ich lebe dort leider nicht.


Spät aber doch eine Anmerkungen von mir zu dem Thema.
Es ist schon völlig richtig, das die von Stefan angeführten Gründe die Hauptgründe des Artensterbens sind.

Ich muss aber auch Oliver völlig recht geben, das man hier im Forum aufpassen sollte, bei "interessanten" Arten mit Fundpunkten sehr vorsichtig umzugehen. Es ist nun einmal ein Unterschied, ob ein Fundpunkt eines besonderen Viola - Pflänzchen (ist ein Beispiel und soll jetzt nicht Viola Abwerten) hier behandelt wird oder ein Fundpunkt von Orchideen, vor allem wenn dann etwas seltenere Arten oder große Mengen dort vorkommen. Es gibt aber auch noch abseits der Orchideen andere "spektakuläre" Arten, die ebenfalls großes Interesse bei breiteren Personengruppen auslösen.
Es ist auch ein Unterschied ob ich im Zuge einer Bergtour stundenlang herummarschiere und dabei Pflanzen beobachte und dann den Bergnamen ohne schlechtes Gewissen hier nennen kann, oder ob es ein Fundpunkt ist der leicht auffindbar und in wenigen Minuten Fußweg erreichbar ist.

Und da geht es noch gar nicht um wirkliche Pflanzenräuber (Ausgräber) sondern nur um die "normalen" Besucher.

Mit Geheimhaltung im wissenschaftlichen Sinn hat das nichts zum Tun. Es hat ja jeder die Möglichkeit seine Funde an die Kartierungsstelle zu melden. Ob das viele Leute machen, kann ich nicht beurteilen. Im Gegensatz kann ich mir aber auch nicht vorstellen, das hier im Forum vorgestellte Funde direkt aus dem Forum von der Kartierungsstelle entnommen werden, ohne vorher mit dem Einsteller des Beitrages /Foto in Verbindung zu treten um weitere Details zu klären. Die wenigsten geben bei Ihren Beiträgen die Kartierungsquandranten an.

Grundsätzlich ist jeder selbst verantwortlich, wenn es auf freiwilliger Basis öfters nicht funktioniert, wäre hin und wieder ein Hinweis von der Forumsleitung zur Erinnerung angebracht. Was einerseits Publikumswirksame Arten und gleichzeitig Seltenheiten sind, ist relativ leicht zu erkennen.
Das eine oder andere Mal wurden hier auch schon Standorte gezeigt, bei denen klar sichtbare Verbotstafel das Betreten der Wiese bzw. des Fundpunktes eigentlich klar regeln.

Ich habe in der Vergangenheit im Rückblick leider auch vieles zu genau hier eingestellt. Wiesennamen sind aus meiner heutigen Sicht leider schon zu genau für ein freies Forum. Gemeindeebene ist wohl noch unproblematisch.

Fundpunktbilder mit klar erkennbaren Merkmalen, Luftbilder, Kartenausschnitte und GPS Daten bei sensiblen Arten sind eigentlich ein No-Go.

Aber selbst ohne sehr genaue Angaben kann ein Beitrag im Forum entsprechenden Besucherdruck auslösen.

Als gutes Beispiel kann ich hier die Crocus - Wiese in Kaltenleutgeben anführen. An und für sich von mir eingestellt um die beiden dort vorkommenden Arten zu thematisieren, haben die Bilder offenbar bei vielen Leuten Lust zur Beobachtung gemacht. Obwohl der Fundpunkt von mir hier nicht im Detail bekannt gemacht wurde, hat der Bericht zu vermehrten Besuchern geführt.
Der Fundpunkt ist seit Jahren bekannt, aufgrund sehr ungenauer und schlussendlich falscher örtlicher Bezeichnung vermutlich aber nur wenigen Personen tatsächlich bekannt gewesen bzw. offenbar auch irgendwie in Vergessenheit geraten.
Ich habe selbst einmal auf der Wiese jemanden getroffen, der mir erzählt hat, aufgrund des (meines) Forumsberichtes auf die Suche gegangen zu sein, und dann auch die Wiese bzw. den Wiesenteil gefunden zu haben.
Grundsätzlich sind ein paar Besucher dort mehr nichts wirklich schlimmes. Allerdings sind im Wiesenbereich vor allem vor der Blütezeit (und die Arten blühen dort relativ spät) auch immer wieder Besucher zum Beobachten gewesen. Und wenn die Crocus nur gerade als Spitzchen herausschauen, dann tut ihnen das darüberlatschen nicht besonders gut. Inzwischen ist der Fundpunkt auch punktgenau von jemanden in einer Meldeplattform hinterlegt worden......

Es gibt hier beim Forum viele Mitleser, und schlussendlich ist dieses Forum inzwischen auch nicht mehr alleine auf der Welt. Es gibt inzwischen verschiedene nationale und internationale Meldeplattformen, wo immer wieder Fundpunkte punktgenau veröffentlich werden und für Österreich gibt es auch noch eine große Facebook Gruppe für die Pflanzen Österreichs, wo Tag für Tag, manchmal sehr genau, Arten und deren Standorte für alle Welt öffentlich gezeigt werden.

In Summe ergibt das leider einen massiven Besucherdruck, vor allem im Großraum Wien, wenn der Fundpunkt entsprechend interessante Arten aufzuweisen hat und möglichst leicht erreichbar ist. Auf Dauer führt das auch zu Problemen.

Die Schäden sind unübersehbar. Leider wird laufend ohne Rücksicht auf umgebende Pflanzen von Fotografen alles rundherum niedergetreten.
An vielen Standorten wächst oder lebt ja nicht nur die eine Art, sondern viele, oft im verborgenen. Das hat offensichtlich vielfach aber keinen Wert, nur um ein gutes Foto von einer Pflanze machen zu können.

In Bezug auf die Orchideen gibt es seit kurzem noch die Tatsache, das im Nahbereich von Wien Orchideenexkursion, von diversen Veranstaltern wie die Schwammerln nach dem Regen entstehen.

Als Beilage noch einige Bilder von heuer, die solche Kollateralschäden zeigen.

Bez. Baden, eine Orchideenwiese am 16.05.2021, Orchis militaris zusammengetreten (muss wirklich ein Blinder oder ein Volli...gewesen sein, in unmittelbarer Nähe Neotinea tridentata)

Wien 23 - Iris variegata - Bunt-Schwertlilie zusammengetreten am 08.06.2021, um bessere Bilder von Iris variegata machen zu können

Bez. Baden - Himantoglossum adriaticum - Adria-Riemenzunge, zusammengetreten am 12.06.2021, um bessere Fotos von Himantoglossum adriaticum machen zu können

LG Markus
Dateianhänge
Bez. Baden - 16052021 - (79) - Orchis militaris - Trittschäden.JPG
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W23 - 08062021 - (25) - Iris variegata - Bunt-Schwertlilie - Trittschäden.JPG
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W23 - 08062021 - (25) - Iris variegata - Bunt-Schwertlilie - Trittschäden.JPG (272.97 KiB) 3687 mal betrachtet
Bez. Baden - 12062021 - (39) - Himantoglossum adriaticum - Adria-Riemenzunge - Trittschäden.JPG
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Bez. Baden - 12062021 - (39) - Himantoglossum adriaticum - Adria-Riemenzunge - Trittschäden.JPG (219.88 KiB) 3687 mal betrachtet

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Pablito
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Re: Naturfrevel im Burgenland geht weiter

Beitragvon Pablito » Mittwoch 16. Juni 2021, 12:21

Gut so Markus und vor allem, daß du deine Orchideenfundorte im Raum Kaltenleutgeben streng geheim hälst, sonst kommen dort auch noch die Orchideenfreaks hin mit ganzen Gruppen und graben alles aus!

Ich könnte auch 100erte Bilder reinstellen, wo bei Exkursionen vom NB NÖ, wo da bis zu 40 TeilnehmerInnen in einem kleinen Gebiet unterwegs sind und was dann da alles zertrampelt wird, da schaut es dann nachher aus, wie wenn die Straßenwalze drüber gefahren wäre,
bzw. bei den Fischer-Exkursionen wird ja auch alles ausgerissen um es in der Gruppe allen zeigen zu können ohne Rücksicht ob das vom Aussterben bedrohte Pflanzen sind - da solltest du mal dabei sein und dem einen Riegel vorschieben.
LG Reini BR


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