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Waldverwüstungen in den NSG Hundsheimer Berg und Braunsberg / im Habitatschutzgebiet "Hundsheimer Berge"

Verfasst: Sonntag 30. Januar 2022, 10:48
von kurt nadler
Es gäbe ja von den Exkursionen und beruflichen Begehungen so dermaßen viel Schlimmes zu berichten, aber es ist erfreulicher, auf die positiven Seiten zu sehen, die uns unser Hobby und/oder Beruf in der Botanik bringt - wie wir sie tagtäglich hier veröffentlichen.
Hier aber nur exemplarisch zu einem Thema, das einem tagtäglich in Wäldern begegnet: schwermaschinelle Eingriffe in unsre Waldökosysteme, von denen es auch viel schlimmere gibt, als ich hier vorstelle, etwa jene, die nach Abholzungen auch den gesamten Waldboden durchfräsen - so wie dies auch der NP Donauauen punktuell macht, dessen vielfältige Schandtaten ich aber ein andermal präsentieren möchte - irgendwann.

Hier gibt´s eine recht einfache Dokumentation über Schadfolgen eines solchen, gar nicht so arg intensiv anmutenden Eingriffs: Hauptsächlich im Winter 2019-2020 erfolgten von Hainburg aus auf beiden Bergen teils großflächige Nutzungsschübe, die sich als alles andere als nachhaltig im positiven Sinn herausstellten.

Eigentlich sollten Naturschutzgebiete ja restriktive Nutzungs- und Bewirtschaftungsregeln haben. Haben sie aber in unsrem Land nicht, und ist vielfach die zeitgemäße Forsttechnik erlaubt, ohne die näher zu definieren. Zeigt man einmal solche Sachen an (ich beschreibe folgend ein Sammelsurium von Konsequenzen verschiedener Gschichten!), darf man nicht mehr erwarten, je noch einen Auftrag von der Naturschutzabteilung zu bekommen. Dazu wird man mit Anwaltsschreiben aufgefordert, einen Strafbetrag zu zahlen, da man sich widerrechtlich, weil nicht zu Erholungszwecken, im Wald befunden hätte und Rufschädigung passiere, dann kommen Gutachter, z.B. bis hin zu einem Botanik-Uniprofessor, erteilen solchen Verwüstungen einen Persilschein und das Verfahren wird beendet.

Betreffend Hundsheimer Berg möchte ich mich nicht näher auslassen. Ich hatte keine Lust mehr, jemals noch auf die Eingriffsfläche hinzuschaun: https://www.freemap.sk/?map=16/48.13670 ... er-id=1290: Wenn man das eh schon illustrative erstaufscheinende Bild schließt, kommt man in zentralen Karten-Suchkreis auf weitre, die man durchklicken kann. Viel morbiden Spaß!

Nun wieder zurück zum konkreten Fall Braunsberg-Osthang:
Ganz offensichtlich wurden damals gezielt Eschen aus den eschen- und lindendominierten Mischwäldern rausgeschlägert - in erklecklichem Ausmaß, wie die Fotodoku mit Bild https://www.freemap.sk/?map=16/48.15796 ... er-id=1290 und den darunterliegenden zeigt. Also, es gab weder die noch schädlicheren Kahlschläge (sondern nur Femelung) noch jegliches Forstfräsen (?), Mulchungen möchte ich aber nicht ausschließen. Aber allein durchs Maschinrangieren war die Vegetationsdecke weithin verwüstet und in unserer Diktion bereits ruderalisiert. Wie erwähnt, versucht man angesichts solchen "Naturleids" eher das Weite zu suchen, denn alles genau und wiederholt anzuschaun. Dachte mir scheiße, jetzt gehts auch den Wäldern im Schutzgebiet an den Kragen (Rumänien lässt sanft grüßen!), aber Suppe zu dünn, um sich wieder einmal superunbeliebt zu machen. Also vergiss es, und weise allenfalls im anonymen Internet zwischen deinen tausenden Bildern drauf hin. Gedacht, getan (siehe auch https://www.freemap.sk/?map=16/48.15796 ... er-id=1290 und drunter liegende Bilder).
Nun waren wir aber gestern wiederum im Gebiet und just an den Stellen derselben "Managementfläche", die nicht nur im Habitatschutzgebiet liegen, sondern auch im Naturschutzgebiet. Und was ist über die vergangenen 2 Jahre passiert: nicht die damals erwartete Goldruten- oder Asterninvasion, sondern die noch ärgere Ailanthusinvasion, garniert mit etlichen "Agazi". Mit so einer hätte ich als schon alterfahrener Ökologe nicht gerechnet, dermaßen arg, flächendeckend!

Konsequenzen der Eingriffe:
Die möchte ich gar nicht im Detail analysieren - das sprengt das Hobby. Aber Verstöße gegen die NSG-Verordnung wären denkbar; und jedenfalls erfolgen hier entgegen dem Verschlechterungsverbot Verschlechterungen des Erhaltungszustands von Natura 2000-Schutzgütern innerhalb des Europaschutzgebiets.

Das alles läuft übrigens unter PEFC-Holz-Zertifikat, "ganz Österreichs Forstwirtschaft ist nachhaltig" (ja, nachhaltig schädlich!) - vor "Jahrmillionen" war ich in das Gremium entsandt, welches fachliche Inhalte in das damals neu gegründete Zertifizierungssystem einbringen sollte - die Wand von Holz-Großindustriellen und Kämmerern war undurchdringbar und selbst war man nicht nur "allein", sondern auch noch naiv, weil zu jung.

Was lernen wir daraus:
* Überlass das Waldmanagement in Schutzgebieten nur ja keinem Förster (wenige Ausnahmen bestätigen die Regel).
* Falls du jemals geglaubt hast, aufgrund des Eschentriebsterbens müsse man nun aus Menschenschutzgründen die Esche ausrotten - gleich inklusive gesund gebliebener Bäume: Vergiss es.
* Vergiss auch, dass die zeitgemäße forstwirtschaftliche Praxis noch ökologisch nachhaltig sein könnte.
* Wie immer führen erst gravierende bodenverwundende Eingriffe zu besonders invasivem Neophytenvordringen (z.B im NSG Spitzerberg auch erst nach Rodung+Forstfräsung).
* Wie arg die Diskrepanz (bis hin zur Verlogenheit) ist, dass in "Prozessschutzgebieten" (ich denke da konkret an den NP Donauauen) in der entlegensten Kernzone an jedem Acer negundo rumgeringelt wird, wo die Art doch längst nachhaltiger Bestandteil unserer Flora und unserer Ökosysteme ist und andererseits nicht ein Deut dagegen unternommen wird, das Vordringen invasiver Neophyten ursächlich wenigstens zu bremsen.
* Wundere Dich nicht, dass sogar Wald-Naturschutzgüter der EU-Naturschutzrichtlinien sich verschlechternde Erhaltungszustände aufweisen können.
* Glaub nur ja nicht, wenn du in Schutzgebieten unterwegs bist, ersparst du dir "Schmerzen" und hast heile Welt um dich.
* Schluck nicht alles runter, was dir unterkommt, sondern versuch, es an die Öffentlichkeit zu bringen oder wenigstens Mitstreiter zu gewinnen.
* Wennst ein Charaktergenie bist, ändere alles ohne "Streiten" zum Guten.

Teil 1: Die erste 6 Bilder Ursprungszustand und frische Eingriffe

Re: Waldverwüstungen in den NSG Hundsheimer Berg und Braunsberg / im Habitatschutzgebiet "Hundsheimer Berge"

Verfasst: Sonntag 30. Januar 2022, 10:51
von kurt nadler
Teil 2 (Ende - endlich!): Die Bildbelege der Ailanthussämlingsflut im - nur mehr - Lindenwald.

Re: Waldverwüstungen in den NSG Hundsheimer Berg und Braunsberg / im Habitatschutzgebiet "Hundsheimer Berge"

Verfasst: Dienstag 1. Februar 2022, 12:17
von Hermann Falkner
So was ähnliches hab ich vor Jahren auf der Nordflanke des Braunsbergs hesehen, aber auf einer viel kleineren Fläche, die sich so halbwegs regeneriert hat. Wirklich eine Katastrophe!