Wiederinnutzungsstellung von Biodiversitätsbrachen
Verfasst: Montag 28. März 2022, 21:48
Ich möchte hier gerne ein Thema anschneiden das in den letzten Tagen kurz durch die Medien geisterte aber (bisher) nur wenig Echo hervorrief: die Planung der EU Biodiversitätsbrachen wieder in Nutzung zu nehmen um einer tatsächlich oder angeblich in Europa drohenden Versorgungskrise, hervorgerufen durch den Überfall Russlands auf Ukraine, vorzubeugen. Ob diese Krise tatsächlich droht, müssen andere, diesbezüglich Fachkundigere diskutieren. Meine persönliche Meinung dazu ist, dass man zuerst über Einsparungen und Optimierungen nachdenken sollte (wie auch beim Verbrauch von Gas und Öl). So werden aktuell 40% des Weizens in der Massentierhaltung verfüttert und Kühe können mit ihrem Pansen nur rund ein Drittel des Eiweiß verwerten, wenn sie mit Sojabohnen gefüttert werden statt mit Gras. Würden die Menschen mehr Feldfrüchte direkt essen statt mit Nutztieren dazwischen als Durchlauferhitzer, würden viel weniger Anbauflächen zur Ernährung ausreichen. Das nur nebenbei.
Ich möchte zuerst meine Einschätzung zu den Biodiversitätsbrachen, v.a. im Weinviertel, geben. Ich muss allerdings zugeben, dass ich nicht sicher sagen kann welche Flächen darunterfallen, da es nicht möglich ist hierzu Auskünfte zu erhalten. Eine Anfrage von mir, die ich einmal, ohne mir etwas zu erhoffen, bei der AMA gestellt hatte, wurde wie erwartet aus "Datenschutzgründen" abgeschmettert. Ich kann nur feststellen, dass es im Weinviertel, v.a. in den Talböden und hier v.a. auf fruchtbaren Tschernosemen, sehr intensiv bewirtschaftete Äcker gibt. Dauerbrachen sehe ich hier kaum. Diese gibt es nur auf den Hügeln, v.a. am Waldrand, und auf wasserdurchlässigen Schotterböden (z.B. im Langen Thal und im Laaer Becken). Diese Flächen scheinen und sind auch laut Bodenkarte nicht ertragreich und eine intensive Bewirtschaftung würde hier wohl nicht viel bringen. Es ist ja auch klar, dass Landwirte, wenn sie eine Förderung dafür bekommen, jene Fläche stilllegen die eh nichts abwerfen. Auch aus Sicht der Versorgungssicherheit und des Biodiversitätsschutzes ist dies durchaus sinnvoll, da die wenig ertragreichen, mageren Standorte meist die naturschutzfachlich besten sind.
Nun zu den (vermuteten) Flächen selbst. Hier möchte ich vorausschicken, dass ich nicht die reine Anzahl der Arten als Indikator betrachte, so wie das vielfach üblich ist (v.a. bei Personen mit wenig Artenkenntnis, wie mir scheint). So sind z.B. Hochmoore artenarm, weil im extrem nährstoffarmen Umfeld nur wenige hochspezialisierte Arten bestehen können. Artenreich sind z.B. Ruderalflächen wie Bahnhöfe. Vermutlich wird aber niemand fordern Hochmoore in Bahnhöfe umzuwandeln, um die Artenvielfalt zu steigern. Vielmehr muss aus meiner Sicht die Seltenheit und der Gefährungsgrad der Arten berücksichtigt werden. Unter diesem Gesichtspunkt konnte ich in den letzten Jahren zahlreiche Brachflächen mit interessanter Flora kartieren. Als floristische Besonderheiten seien nur Filago vulgaris, F. minima, F. lutescens, Androsace elongata, Papaver argemone, Amaranthus graecizans und Reseda phyteuma genannt (siehe meine Beiträge dazu hier im Forum und in meiner Artikelserie in der Neilreichia). Interessant sind v.a. lückige Flächen sowie solche die vor nicht zu langer Zeit umgebrochen wurden (letzteres gilt nicht für dezidierte Halbtrockenrasen, die sind wieder ein anderes Thema). Am besten wäre aus meiner Sicht sehr wohl eine ackerbauliche Bewirtschaftung (und auf den Halbtrockenrasen eine Beweidung), aber eine extensive ohne viel Düngung, ohne Herbizide und auch wenig mechanische Bearbeitung. Den seltenen Segetalarten bringt es ja überhaupt nichts wenn in "Bioäckern" zwar auf Herbizide verzichtet, aber mit ausgeklügelten Maschinen das Feld so gestriegelt wird, dass nur das Getreide in den Saatreihen stehen bleibt und alles andere entfernt wird. Ebenso gehören aus meiner Sicht Feldraine und sonstige Strukturelemente zu "Bioäckern" dazu, heute sind diese jedoch kein Muss-Kriterium. Die Extensivierung müsste sich im Übrigen auf alle Flächen erstecken, nicht nur auf wenige Reservate, da sonst die Populationen der Arten zu klein und dauerhaft nicht überlebensfähig sind.
Um es kurz zu fassen: Biodiversitätsbrachen sind gut, aber nicht ausreichend. Nötig wäre eine flächige Extensivierung der Bewirtschaftung. Also genau das Gegenteil von dem was die EU will, nämlich den Ertrag auf Teufel-komm-raus zu steigern.
Wie sind eure Meinungen dazu?
Ich möchte zuerst meine Einschätzung zu den Biodiversitätsbrachen, v.a. im Weinviertel, geben. Ich muss allerdings zugeben, dass ich nicht sicher sagen kann welche Flächen darunterfallen, da es nicht möglich ist hierzu Auskünfte zu erhalten. Eine Anfrage von mir, die ich einmal, ohne mir etwas zu erhoffen, bei der AMA gestellt hatte, wurde wie erwartet aus "Datenschutzgründen" abgeschmettert. Ich kann nur feststellen, dass es im Weinviertel, v.a. in den Talböden und hier v.a. auf fruchtbaren Tschernosemen, sehr intensiv bewirtschaftete Äcker gibt. Dauerbrachen sehe ich hier kaum. Diese gibt es nur auf den Hügeln, v.a. am Waldrand, und auf wasserdurchlässigen Schotterböden (z.B. im Langen Thal und im Laaer Becken). Diese Flächen scheinen und sind auch laut Bodenkarte nicht ertragreich und eine intensive Bewirtschaftung würde hier wohl nicht viel bringen. Es ist ja auch klar, dass Landwirte, wenn sie eine Förderung dafür bekommen, jene Fläche stilllegen die eh nichts abwerfen. Auch aus Sicht der Versorgungssicherheit und des Biodiversitätsschutzes ist dies durchaus sinnvoll, da die wenig ertragreichen, mageren Standorte meist die naturschutzfachlich besten sind.
Nun zu den (vermuteten) Flächen selbst. Hier möchte ich vorausschicken, dass ich nicht die reine Anzahl der Arten als Indikator betrachte, so wie das vielfach üblich ist (v.a. bei Personen mit wenig Artenkenntnis, wie mir scheint). So sind z.B. Hochmoore artenarm, weil im extrem nährstoffarmen Umfeld nur wenige hochspezialisierte Arten bestehen können. Artenreich sind z.B. Ruderalflächen wie Bahnhöfe. Vermutlich wird aber niemand fordern Hochmoore in Bahnhöfe umzuwandeln, um die Artenvielfalt zu steigern. Vielmehr muss aus meiner Sicht die Seltenheit und der Gefährungsgrad der Arten berücksichtigt werden. Unter diesem Gesichtspunkt konnte ich in den letzten Jahren zahlreiche Brachflächen mit interessanter Flora kartieren. Als floristische Besonderheiten seien nur Filago vulgaris, F. minima, F. lutescens, Androsace elongata, Papaver argemone, Amaranthus graecizans und Reseda phyteuma genannt (siehe meine Beiträge dazu hier im Forum und in meiner Artikelserie in der Neilreichia). Interessant sind v.a. lückige Flächen sowie solche die vor nicht zu langer Zeit umgebrochen wurden (letzteres gilt nicht für dezidierte Halbtrockenrasen, die sind wieder ein anderes Thema). Am besten wäre aus meiner Sicht sehr wohl eine ackerbauliche Bewirtschaftung (und auf den Halbtrockenrasen eine Beweidung), aber eine extensive ohne viel Düngung, ohne Herbizide und auch wenig mechanische Bearbeitung. Den seltenen Segetalarten bringt es ja überhaupt nichts wenn in "Bioäckern" zwar auf Herbizide verzichtet, aber mit ausgeklügelten Maschinen das Feld so gestriegelt wird, dass nur das Getreide in den Saatreihen stehen bleibt und alles andere entfernt wird. Ebenso gehören aus meiner Sicht Feldraine und sonstige Strukturelemente zu "Bioäckern" dazu, heute sind diese jedoch kein Muss-Kriterium. Die Extensivierung müsste sich im Übrigen auf alle Flächen erstecken, nicht nur auf wenige Reservate, da sonst die Populationen der Arten zu klein und dauerhaft nicht überlebensfähig sind.
Um es kurz zu fassen: Biodiversitätsbrachen sind gut, aber nicht ausreichend. Nötig wäre eine flächige Extensivierung der Bewirtschaftung. Also genau das Gegenteil von dem was die EU will, nämlich den Ertrag auf Teufel-komm-raus zu steigern.
Wie sind eure Meinungen dazu?