Weinviertler Halbtrockenrasen
Verfasst: Montag 10. Oktober 2022, 20:53
Ich möchte im folgenden anhand zweier Gebiete (später ev. weiterer), die ich letztes Wochenende besucht habe, die Probleme der Halbtrockenrasen und ähnlicher Habitate im Weinviertel darstellen. Dazu muss ich zuerst etwas weiter ausholen. Das Weinviertel trägt zwar den Wein im Namen, das aber erst seit relativ kurzer Zeit. In der Monarchie war die übliche Bezeichnung noch "Viertel unter dem Manhartsberg". Auch der Weinanbau samt den typischen Kellergassen hat nur eine recht kurze Tradition. Bis ins 16. Jahrhundert war der Weinbau eine Domäne finanzkräftiger Investoren wie Adeliger, Klöster, Stifte und Bürger. Diese investierten in Grund und Arbeitskraft und kassierten die Renditen im Form des Weinverkaufs. Weingüter in der Wachau oder südlich von Wien sind Beispiele dafür. Im 16. Jahrhundert geriet dieses System in eine strukturelle Krise: einerseits machten andere Alkoholika wie Bier und Obstmost dem Wein Konkurrenz und steigende Lebenserhaltungskosten und Alkoholsteuern bremsten den Absatz. Andererseits erhöhten steigende Löhne die Arbeitskosten und machten die Weinproduktion weiter unrentabel. Also suchte sich das Kapital andere Vermehrungsmöglichkeiten. Das war gleichzeitig die Geburtsstunde der Weinbaugebiete des sekundären Typs sowie der Weinbauern. Für Besitzer kleiner Höfe bot sich nun eine Marktlücke und mit dem Weinbau eine Chance ein zweites Standbein aufzubauen und zusätzliche Einnahmen zu lukrieren. Die kleinstrukturiert-bäuerlichen Weinviertler Weinbaugebiete inklusive der Kellergassen, die ja neu angelegt werden mussten um den Wein zu verarbeiten und zu lagern, entstanden vom 17. bis ins 19. Jahrhundert.
Wirft man nun einen Blick in den Franziszeischen Kataster, der um 1800 entstand, so sieht man einen Momentzustand ungefähr zur Zeit der größten Ausdehnung des Weinbaus. 200, 300 Jahre davor sah die Landnutzung natürlich ganz anders aus und viele Flächen wurden damals anders genützt. Steile und hügelige Bereiche wohl als Viehweiden, waren also Halbtrockenrasen. Seither hat die Weinbaufläche wieder abgenommen, u.a. mit dem Weinskandal 1985, als es zu großen Strukturbereinigungen und einer Reduktion der Produktionsmenge kam. Andererseits wurden Weingärten immer intensiver bewirtschaftet und sind heute aufgrund massiven Dünger- und Herbizideinsatzes, der sich aufgrund der guten Erträge finanziell lohnt, meist floristisch völlig uninteressant. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass immer mehr steile Lagen aufgegeben werden, vermutlich weil sich diese mit Maschinen nicht oder nur schwer bewirtschaften lassen und daher unrentabel geworden sind. Z.B. Erntemaschinen, die auf den großen, ebenen Lagen eingesetzt werden, gibt es erst seit kürzerer Zeit. Die alten Bauern die fast alles händisch und nur einen Teil mit einem kleinen Traktor bearbeiteten, sterben aus und die Weingärten fallen dann brach. Diese Flächen befinden sich nun in einem Zustand maximaler Biodiversität und bieten vielen seltenen Arten einen geeigneten Lebensraum. Leider ist dieser Zustand instabil. Aufgrund fehlender Störungen verbuschen die Flächen zusehends, was durch aggressive, vom Menschen eingeschleppte Arten wie Robinie und Götterbaum verschärft wird. Parallel wurde in den letzten Jahrzehnten die Viehhaltung (abgesehen von Schweinemassenhaltungen etc. in geschlossenen Hallen) im Weinviertel fast völlig aufgegeben, weshalb die verbliebenen Weideflächen als Halbtrockenrasen ebenfalls verlorengegangen sind.
Ziel des Naturschutz müsste es nun sein die aufgegebenen Weingärten in einem stabilen Zustand, der ähnlich dem früheren Zustand vor dem Weinbau sein sollte, zu erhalten. Entweder kann dies durch Mahd und Entbuschung erfolgen, die dezidiert erfolgt nur um die Habitate zu bewahren. Dies setzt ständiges Management und ehrenamtliche Helfer und/oder ständige finanzielle Förderungen der öffentlichen Hand voraus. Sinnvoller wäre aus meiner Sicht eine dauerhafte und sich selbst finanzierende extensive landwirtschaftliche Nutzung zur Erzeugung hochwertiger tierischer Lebensmittel. Dafür wäre es nötig den Konsument_innen zu vermitteln, dass es viel besser für die Natur und Biodiversität wäre gelegentlich tierische Produkte aus derartiger Erzeugung, die selbstverständlich viel teurer sind als solche aus Massentierhaltung, zu konsumieren als ganz vegan zu leben (tlw. mit höchst fragwürdigen Substituten die um die ganze Welt transportiert und für deren Anbau natürliche Lebensräume vernichtet werden). Ob das gelingt, bleibt abzuwarten.
Wirft man nun einen Blick in den Franziszeischen Kataster, der um 1800 entstand, so sieht man einen Momentzustand ungefähr zur Zeit der größten Ausdehnung des Weinbaus. 200, 300 Jahre davor sah die Landnutzung natürlich ganz anders aus und viele Flächen wurden damals anders genützt. Steile und hügelige Bereiche wohl als Viehweiden, waren also Halbtrockenrasen. Seither hat die Weinbaufläche wieder abgenommen, u.a. mit dem Weinskandal 1985, als es zu großen Strukturbereinigungen und einer Reduktion der Produktionsmenge kam. Andererseits wurden Weingärten immer intensiver bewirtschaftet und sind heute aufgrund massiven Dünger- und Herbizideinsatzes, der sich aufgrund der guten Erträge finanziell lohnt, meist floristisch völlig uninteressant. In den letzten Jahren ist zu beobachten, dass immer mehr steile Lagen aufgegeben werden, vermutlich weil sich diese mit Maschinen nicht oder nur schwer bewirtschaften lassen und daher unrentabel geworden sind. Z.B. Erntemaschinen, die auf den großen, ebenen Lagen eingesetzt werden, gibt es erst seit kürzerer Zeit. Die alten Bauern die fast alles händisch und nur einen Teil mit einem kleinen Traktor bearbeiteten, sterben aus und die Weingärten fallen dann brach. Diese Flächen befinden sich nun in einem Zustand maximaler Biodiversität und bieten vielen seltenen Arten einen geeigneten Lebensraum. Leider ist dieser Zustand instabil. Aufgrund fehlender Störungen verbuschen die Flächen zusehends, was durch aggressive, vom Menschen eingeschleppte Arten wie Robinie und Götterbaum verschärft wird. Parallel wurde in den letzten Jahrzehnten die Viehhaltung (abgesehen von Schweinemassenhaltungen etc. in geschlossenen Hallen) im Weinviertel fast völlig aufgegeben, weshalb die verbliebenen Weideflächen als Halbtrockenrasen ebenfalls verlorengegangen sind.
Ziel des Naturschutz müsste es nun sein die aufgegebenen Weingärten in einem stabilen Zustand, der ähnlich dem früheren Zustand vor dem Weinbau sein sollte, zu erhalten. Entweder kann dies durch Mahd und Entbuschung erfolgen, die dezidiert erfolgt nur um die Habitate zu bewahren. Dies setzt ständiges Management und ehrenamtliche Helfer und/oder ständige finanzielle Förderungen der öffentlichen Hand voraus. Sinnvoller wäre aus meiner Sicht eine dauerhafte und sich selbst finanzierende extensive landwirtschaftliche Nutzung zur Erzeugung hochwertiger tierischer Lebensmittel. Dafür wäre es nötig den Konsument_innen zu vermitteln, dass es viel besser für die Natur und Biodiversität wäre gelegentlich tierische Produkte aus derartiger Erzeugung, die selbstverständlich viel teurer sind als solche aus Massentierhaltung, zu konsumieren als ganz vegan zu leben (tlw. mit höchst fragwürdigen Substituten die um die ganze Welt transportiert und für deren Anbau natürliche Lebensräume vernichtet werden). Ob das gelingt, bleibt abzuwarten.