Polystichum

= Farnartige Pflanzen, Farnverwandte; Bestimmungsfragen
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Norbert Griebl
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Polystichum

Beitragvon Norbert Griebl » Mittwoch 22. August 2018, 09:29

Liebes Forum!

Beim Aufarbeiten und Beschreiben der heurigen Funde kam mir eine Polystichum unter, die mir Rätsel aufgibt.
Ich hätte sie als Polystichum x illyricum bestimmt, bin mir aber ganz unsicher, weil sie optisch viel mehr von P. lonchitis hat als von P. aculeatum.
In der Literatur und im Netz habe ich folgendes dazu gefunden:
Polystichum aculeatum × P. lonchitis (= Polystichum ×illyricum)
Die Hybride ist weit verbreitet und tritt in den Gebirgen Europas zahlreich auf. Fundmeldungen liegen vor von den Britischen Inseln, Norwegen, Schweden, Frankreich, Spanien, Mitteleuropa und der Balkanhalbinsel (STACE & al., 2015: 22). Polystichum lonchitis ist diploid 2n = 82, P. aculeatum ist tetraploid 2n = 164, die Hybride ist triploid 2n = 123 (STACE & al., 2015: 22).
K, NÖ, OÖ, S, St, T, V.
JANCHEN (1956–1960: 75, als P. lobatum × P. lonchitis): NÖ, St, Kt, Sb, Ti, Vb, zerstreut.
LEUTE & ZEITLER (1967: 157, als P. lobatum × P. lonchitis): Kärnten: Petzen, Obere Luscha, 1500 m (Melzer). Schlossberg Maglern (Neumann).
LEUTE (1973: 413): Kärnten: Schloßberg Maglern westlich Arnoldstein, A. Neumann, Wien, handschriftliche Florenlisten, Kärnten.
JANCHEN (1977: 29): Niederösterreich: auf dem Gippel. Dürfte dort, wo beide Eltern zusammen vorkommen nicht selten sein.
REICHSTEIN (1984: 183): Niederösterreich: Gippel. Steiermark: Totes Gebirge, Eisenerzer Reichenstein, Präbichl. Kärnten, Salzburg, Tirol, Vorarlberg.
HARTL & al. (1992: 403): Kärnten: 9242/4 West-Kärnten; 9342/1 & 9342/4 Südwest-Kärnten; 9343/3 Südwest-Kärnten; 9447/2 Süd-Kärnten; 9448/1 Süd-Kärnten, alle Funde von nach 1945. Auch die von D. E. Meyer (1959) unter dem Namen P. ×eberlei beschriebene Pflanze aus Maria Luggau gehört hierher und entspricht nicht der damals angenommenen Hybridkombination P. braunii × P. lonchitis (H. MELZER, brieflich).
MAURER (1996: 26): Steiermark.
POLATSCHEK (1997: 127): Tirol: Triftsteig-Tiefenbachklamm bei Brandenberg, Aufstieg Zimmereben-Astegg bei Mayrhofen im Zillertal, Höhenbachtal bei Holzgau, Gerlossteinalm bis Gerlossteinwand bei Mayerhofen, Floitengrund südlich Mayrhofen, Stillupptal südlich Mayrhofen, Stillupp-Klamm, Schwemmalm, Zemmgrund, Dornauberg-Klamm im Zemmtal. Vorarlberg: Damüls bis Oberdamüls, Gasthaus Dornbündt bis Krinneg südöstlich Hittisau, Spullersalpe bis Brazer Staffel nördlich Klösterle, Zalimtal südwestlich Brand, untere Sporeralpe im Gauertal südwestlich Tschagguns.
STÖHR (2002: 444): Oberösterreich: Weidebeeinflusste Lärchenwälder im Loigistal, ca. 1550 msm, rasendurchsetzte Latschengebüsche an der Waldgrenze im Windhagerkar, ca. 1650 msm; jeweils zwischen den Eltern - 8351/1.
LIMBERGER (2009: 179): Salzburg: Großarltal, Waldhang am Almweg zwischen Paulihütte und Heimalm im Aigenbachtal, Hüttschlag; Almweg zur Filzmoosalm, Großarl; Wanderweg von der Aubauer-Hochalm zur Schidalm. Oberösterreich: Dachstein, Schönbergalm, Geröllhalde an einem Versorgungsweg direkt unter dem Tragseil der Dachsteinseilbahn.
STÖHR & al. (2012: 112): Salzburg: Flachgau, Untersbergfuß, Straße von Fürstenbrunn nach Marzoll, zwischen Römerstraße und Kühlbach W der Steinbrüche, ca. 560 m - 8243/4. Flachgau, Osterhorngruppe, Weißenbachtal S von Strobl am Wolfgangsee, S-Ortsrand von Weißenbach, Straßenböschung beim Sägewerk, ca. 550 m - 8246/4. Tennengau, Gosaukamm, O von Annaberg, Weg vom Strichkogel zur Stuhlalm, NO der Stuhlalm zwischen Latschen, ca. 1680 m - 8446/4. Tennengau, Lammertal, Osterhorngruppe, Schwarzerberg NO Unterscheffau, Ölbrennergraben 800 m NO vom Gehöft Reiter, Buchenwald, ca. 800 m - 8445/1. Pongau, Tennengebirge, W-Rand, N der Pitschenbergalm, Anstieg von Stegenwald über die Ofenrinne,Blockhalde im unteren Teil, ca. 1300 m - 8445/3. Pongau, Filzmoos, O vom Rötelstein, 300 m N der Bachlalm, Almweiden, ca. 1480 m - 8547/1. Pinzgau, Loferer Steinberge, Weg von Maria Kirchental bei St. Martin bei Lofer Richtung Großes Ochsenhorn, Fichten-Tannen-Buchenwald im Graben unter der Schwarzwand, ca. 1300 m - 8442/1. Pinzgau, Seidlwinkltal, NNW der Palfneralm, Unterlauf des Hirzbaches, Hochstauden, 1340 m - 8843/3. Pinzgau, Hohe Tauern, Habachtal, Wald 300 m N der Enzianhütte, ca. 1320 m - 8740/3.
Wenn man die beiden Elternarten gemeinsam findet, dann ist es angebracht nach der Hybride zu suchen, denn meist wächst diese ganz in der Nähe. Auch Limberger (2009) berichtet, dass im Überschneidungsbereich der beiden Elternarten – der oft auch anthropogen entsteht – Hybriden gefunden werden können. Er nennt aus Salzburg konkret Funde vom Großarltal sowie von Hohen Göll an der Grenze zu Bayern. Im Gegensatz zu anderen Hybriden ist diese oft eine eher schmächtige Pflanze und meist nicht viel größer als P. lonchitis. Daher ist besonders auf die Unterscheidung zu Jungpflanzen von P. aculeatum zu achten, da diese aufgrund der noch nicht typisch ausgeprägten Fiederung der Wedel der Hybride oft recht ähnlich sehen.
KLEESADL & BRANDSTÄTTER (2013: 145): Oberösterreich: Vorderstoder, 2000, O. Stöhr (STÖHR 2002).
POLATSCHEK & NEUNER (2013: 30): Vorarlberg: Hölle südlich Partenen.

Über eure Meinung wäre ich dankbar.
Norbert
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Re: Polystichum

Beitragvon Oliver Stöhr » Mittwoch 22. August 2018, 20:49

Hallo Norbert!

Wenn du mich schon so oft zitierst, muss ich ja fast dazu Stellung nehmen ;-)

Deine Ansicht, dass die Pflanze optisch mehr P. lochitis ähnelt, kann ich nicht teilen. Diese Art hat keine Fiederabschnitte 2. Ordnung (wie auf deinem Bild sehr wohl zu sehen), sondern nur Fiedern 1. Ordnung, also ungeteilte Hauptfiedern mit Zähnchen (vgl. das unten angehängte Bild). P. aculeatum wiederum hat weitgehend bis zum Nerv geteilte Fiederabschnitte 2. Ordnung (vgl. das unten angehängte Bild), was auf deinem Bild nur ganz unten zu erkennen ist. Die Hybride der beiden steht dazwischen (untere Fiedern der Wedel meist aculeatum-ähnlich, obere meist lonchitis-ähnlich) und ich meine daher, dass deine Einstufung als P. x illyricum zutreffen sollte. Leider habe dazu bislang nie ein Foto gemacht, sondern nur Belege, die in Herbarium LI liegen.
Allerdings gebe ich noch bedenken, dass junge, noch nicht voll ausdifferenzierte Wedel von P. aculeatum auch dieser Hybride ähneln. Zur Sicherheit empfehle ich daher - falls du einen Beleg gemacht hast - einen Check der Sporen: liegen abortierte Sporen vor, ist das sicher diese Hybride.

Viele Grüße
Oliver
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Norbert Griebl
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Re: Polystichum

Beitragvon Norbert Griebl » Donnerstag 23. August 2018, 09:13

.....hab ja auf deine Antwort gehofft....

Vielen Dank
Norbert
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Re: Polystichum

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 13. November 2018, 22:37

hallo

ein bisschen am thema vorbei:
weil da wengermoor beim lonchitis steht:
es find es halbwegs absurd, dass man teilweise weit durchs höhere gebirge streifen muss, um lonchitis zu finden. bspw. am hagengebirge bei alten exkursionen vulgär, dann aber wiederum bei kartierungen, wo man genau schaut, gar nix (um lungötz im südlichen tennengau bspw.).
aber auch wir fanden einzelexemplare ausgerechnet im alpenvorland im flachgau, bspw. bürmoos.

oder anders gesagt: ich versteh nicht, dass der nicht nicht überall in der subalpinstufe vorkommt und dass man ihn dann unerwartet im tiefland findet.

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Re: Polystichum

Beitragvon Oliver Stöhr » Mittwoch 14. November 2018, 21:18

Hallo Kurt,

gut beobachtet, wobei man diese Art in den Alpen über Karbonat montan-subalpin (alpin) schon verbreitet antreffen kann, wenn z.T. auch mit unterschiedlicher Abundanz, je nach Standortsausprägungen. Anders ist das dann über Silikat, da muss tw. schon länger suchen (ist aber nicht weiter verwunderlich, gilt die Art doch als karbonatliebend). In den Tieflagen, wie du richtig schreibt, ist sie oft selten und nur vereinzelt zu finden, insbes. abseits der Alpen (z.B. Alpenvorland etc.). Aber die Farnsporen fliegen halt weit und wenn einmal ein Südföhn über die Kalkalpen hinweg bläst, können schon Farnsporen weit ins Vorland vertragen werden ...

LG
Oliver

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Re: Polystichum

Beitragvon Oliver Stöhr » Sonntag 28. Juli 2019, 20:25

Liebe alle,
lieber Norbert!

Vorgestern konnte ich nun auch die Hybride aus Polystichum aculeatum und P. lonchitis in Osttirol nachweisen; lt. der DB "Flora von Tirol" handelt es sich um den Erstnachweis dieser auch als P. x illyricum geführten Hybride für den Bezirk Lienz. Bilder der Elternarten poste ich jetzt nicht mehr, sie können am Beginn dieses Threats vergleichend betrachtet werden.

Gefunden habe ich einen Stock dieses Bastards in einer hochstaudenreichen Weide im Umbaltal (Gem. Prägraten) auf rd. 1800 msm, unmittelbar daneben wächst recht zahlreich Polystichum lonchitis. P. aculeatum konnte ich interessanterweise aber dort nicht sehen (ich habe aber die Umgebung der Fundstelle nicht genau abgesucht).

Erste Sporangien an den Wedeln waren schon reif und so konnte ich auch den Sporangieninhalt kontrollieren: es waren dabei nur abortierte ("kaputte") Sporen zu sehen, was die Hybridthese bestätigt. Im oberen (distalen) Teil der Wedel ähneln die Hauptfiedern mehr jenen von P. lonchitis, während sie im basalen Abschnitt eher jenen P. aculeatum gleichen. Relativ schmal sind die Wedel der Hybride auch, jedenfalls schmäler als jene von P. aculeatum.

Apropos Sporen: Jetzt ist eine gute Zeit sich auch (bzw. wieder) den heimischen Farnen zu widmen, denn die Sporen vieler Arten (als wichtige Bestimmungsgrundlage) sind jetzt und in den kommenden Wochen zu beobachten ... freue mich also schon auf viele Farn-Beiträge hier im Forum!

Viele Grüße
Oliver
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