Neues aus Osttirol

Beobachtungen, auch an trivialen Arten
Oliver Stöhr
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Neues aus Osttirol

Beitragvon Oliver Stöhr » Sonntag 4. März 2018, 20:27

Liebes Forum!

Auch um der letzttägigen Stagnation des Forums entgegenzuwirken, darf ich hier kurz ein paar Beobachtungen von diesem Wochenende mitteilen:

Gestern war ich nicht weit von meinem Wohnort in Nussdorf-Debant unterwegs und konnte in einem Feuchtwald ein junges Individuum des Buchses (Buxus sempervirens) entdecken, das zweifellos eine Verwilderung aus naher Gartenkultur darstellt. Es handelt sich um den ersten Nachweis dieser immergrünen Art in Osttirol, aus Nordtirol sind nur sehr wenige Funde mit tw. fraglichem Status (ev. auch kultiviert) vorhanden. Letztes Jahr ist bei uns übrigens auch der Buchsbaumzünsler erstmals gesichtet worden, der vielerorts als Schädling von kultivierten Buchspflanzen gefürchtet ist.

Im gleichen Feuchtwald habe ich auch noch auf das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara) - eine allseits bekannte und triviale Art - geachtet, weil Harald Niklfeld unlängst gemeint hat, dass in den Alpen Österreichs nur die tetraploide ssp. austriaca vorkäme. Auch in der EFÖLS steht, dass die diploide ssp. amara in Österreich nur in B, W, N und St vorkommen und die ssp. austriaca nur in B und W fehlen soll. Wenn man aber in der Flora Alpina nachschlägt, ist das Bild ein anderes - beide Unterarten sollen demnach auch in den Ostalpen-Regionen verbreitet vorkommen. Dokumentiert wird dies auch in der 1999 in Botanica Helvetica erschienenen Arbeit von K. Marhold, dessen Verbreitungskarte z.B. auch in Nordtirol, aber auch in den Alpen Bayerns und in Südtirol Angaben der ssp. amara enthält. Daher sind die Angaben in der EFÖLS zweifelsfrei zu korrigieren. Und auch ich meine, dass die Individuen - trotz noch fehlender Merkmale an den Trieben und Blüten - im Feuchtwald nahe Debant zur ssp. amara gehören dürften, da die Grundblätter durchwegs 2-4 Fiederpaare aufweisen.

Sonst habe ich gestern nicht allzuviel entdeckt, da auch bei uns letzte Woche Temperaturen bis zu -15 °C geherrscht haben und zudem mit Ausnahme südexponierter Unterhänge noch überall massig Schnee liegt. Bilder zu einer frostgeplagten Viola odorata sowie zu Allium scorodoprasum, Ranunculus bulbosus und Cardamine hirsuta - die lt. EFÖLS für Osttirol als "ausgestorben?" angeführt ist (ich kenne zahlreiche Vorkommen im Bezirk!) - füge ich dennoch bei.

Kurz noch zu heute, weil ich im Ufergehölz der Drau nahe Tristach 4 junge, eindeutig verwilderte Individuen der Douglasie (Pseudotsuga menziesii) entdeckt habe. Diese Art ist ebenso neu für Osttirol, aus Nordtirol gibt es nur eine Angabe vom Piburger See aus der Biotopkartierung, wobei der Status fraglich ist. Eine Übersicht über verwilderte Vorkommen dieser zuweilen als "Hoffnungsart für den Waldbau unter veränderten Klimabedingungen" titulierten immergrünen Nadelbaumart hat Franz Essl (2005) publiziert: https://www.zobodat.at/pdf/PHY_45_1_0117-0144.pdf

Viele Grüße und eine gute Woche!
Oliver
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Buxus sempervirens; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Buxus sempervirens; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Viola odorata; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Allium scorodoprasum; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Ranunculus bulbosus; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Cardamine hirsuta; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Cardamine amara cf. ssp. amara; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Pseudotsuga menziesii; Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
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Jürgen Baldinger
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Re: Neues aus Osttirol

Beitragvon Jürgen Baldinger » Sonntag 4. März 2018, 21:28

Interessante Informationen zu Cardamine hirsuta! Sollen wir den Beitrag kopieren für unsere "EfÖLS"-Ergänzungen?
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"

Oliver Stöhr
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Re: Neues aus Osttirol

Beitragvon Oliver Stöhr » Dienstag 6. März 2018, 15:21

Von mir aus gerne. Aber du meintest wohl eher Cardamine amara?
Lg
Oliver

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Jürgen Baldinger
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Re: Neues aus Osttirol

Beitragvon Jürgen Baldinger » Dienstag 6. März 2018, 19:21

So ist es, danke.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"


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