Anmerkungen zu drei Arten

Beobachtungen, auch an trivialen Arten
Wolfgang Willner
Beiträge: 5
Registriert: Dienstag 5. Juni 2018, 13:01
Wohnort: Wien

Anmerkungen zu drei Arten

Beitragvon Wolfgang Willner » Mittwoch 20. Juni 2018, 21:19

Liebe Freunde der EFÖLS,

da ich nun registrierter User bin (wurde ja auch Zeit), möchte ich die Gelegenheit benutzen, um auf einige Schwierigkeiten in den Schlüsseln der Exkursionsflora hinzuweisen, auf die ich in den vergangenen Wochen gestoßen bin. Leider fehlt mir die technische Ausrüstung, um tolle Makro-Aufnahmen zu machen, deshalb muss ich mich hier auf verbale Ausführungen beschränken.

Konkret geht es um die folgenden drei Arten:

(1) Carex secalina

Bei der Exkursion zur Langen Lacke (9.6.2018) fanden wir ausgedehnte Bestände diese Art – siehe Fotos von Rolf Marschner unter http://www.botanische-spaziergaenge.at/viewtopic.php?f=574&t=4841. Allerdings waren wir uns zunächst nicht sicher, ob es sich um C. secalina oder C. hordeistichos handelt, und erst die Ankunft von Thomas Bartha brachte die Erlösung. Grund der Verwirrung war die Angabe „TragB der untersten weiblichen Ähre meist DeckB’artig“. Davon kann nach meiner Beobachtung keine Rede sein, das unterste TragB ist ganz normal LB’artig! Thomas Meyer (Flora-de) sieht das genauso, denn er schreibt bloß: „Tragblatt der untersten weiblichen Ähre meist kürzer als der Blütenstand“. (http://www.blumeninschwaben.de/Einkeimblaettrige/Sauergraeser/hordeistichos_secalina.htm#2). Allerdings ist der Ährenstand bei C. secalina manchmal verzweigt, und die TragB der weiblichen Ähren an den Seitenachsen sind tatsächlich DeckB’artig!
Interessant wäre, ob C. hordeistichos auch verweigte Ährenstände ausbildet. Als diakritisches Merkmal taugt das aber in keinem Fall.

(2) Galium lucidum

Auf dem Wiener Eichkogel (nahe Kaltenleutgeben) wächst in einem Flaumeichenwald ein Galium, das ich „gefühlsmäßig“ für G. lucidum hielt. Allerdings wurde ich nach einem Blick in den Bestimmungsschlüssel stark verunsichert, denn dort findet sich die einschüchternde Behauptung „Mittlere LB 0,5–2,1 mm br“, während meine Pflanzen gut 2,5 mm breite LB hatten. Stünde da „0,5–2 mm br“, könnte man sich eventuell darauf ausreden, dass diese Maßzahlen nicht so genau seien. Aber 2,1 mm?? Außerdem sind als Standorte nur Föhrenwälder und Felsrasen genannt. Wolfgang Adler gibt in der Flora von Wien G. lucidum vom Wiener Eichkogel an, und zusätzlich auch G. pycnotrichum. Bei letzterem würde die Standortsbeschreibung besser passen („trockene Buschwälder“), allerdings waren sämtliche Individuen in dem Flaumeichenwald kahl und glänzend. Und auch das Längen-Breiten-Verhältnis der Blätter, auf das es ja offenbar vor allem ankommt, spricht für G. lucidum. Es ist also wohl so, dass die mittleren LB von G. lucidum breiter als 2,1 mm sein können. Ich habe ein Exemplar herbarisiert, und seltsamerweise erscheinen die Blätter im getrockneten Zustand deutlich schmäler als im frischen. Vielleicht beruht die Angabe im Schlüssel auf der Vermessung von Herbarmaterial. Das müsste man dann aber im Schlüssel erwähnen.

(3) Crepis capillaris

Echte Floristen sollten wohl keinen Bestimmungsschlüssel für diese Art brauchen. Ich habe sie trotzdem bestimmt (Fundort: Neulengbach, neben dem Parkplatz am nördlichen Ende der Altstadt), und dabei ist mir ein Problem untergekommen, das mich schon bei früheren Gelegenheiten irritiert hat: Im Crepis-Schlüssel heißt es bei Pkt 21 „Hülle mit schwärzl. DrüHaaren“ versus „Hülle ohne schwärzl. DrüHaare“. Zunächst einmal ist nicht klar, ob die zweite Alternative bedeutet, dass gar keine DrüHaare vorhanden sind oder dass diese bloß nicht schwärzlich sind. Tatsächlich hat Crepis capillaris häufig DrüHaare auf den HüllB (so auch in meinem Fall) – zum Beweis siehe http://www.blumeninschwaben.de/Zweikeimblaettrige/Korbbluetler/pap_ohne_schnab.htm#Kleink%C3%B6pfiger%20Pippau. Und was noch schlimmer ist, diese DrüHaare schauen aus bestimmten Blickwinkeln schwärzlich aus! Natürlich kann man die drei Arten mit „schwärzl. DrüHaaren“ anhand von anderen Merkmalen ausschließen, aber es bleibt doch ein gewisser Restzweifel. Es sollte doch möglich sein, diese Arten besser zu verschlüsseln.

LG
Wolfgang

Oliver Stöhr
Beiträge: 3332
Registriert: Freitag 25. November 2016, 20:05
Wohnort: Nussdorf-Debant
Kontaktdaten:

Re: Anmerkungen zu drei Arten

Beitragvon Oliver Stöhr » Donnerstag 21. Juni 2018, 19:21

Hallo Wolfgang,

danke für deine mitgeteilten Anmerkungen zu diesen drei Arten. Ich finde es gut, wenn in diesem Unterforum viele derartiger Beigträge zur EFÖLS gesammelt werden, denn diese können (sollen?! ;-)) bei der nächsten Auflage dann Berücksichtigung finden.

Betr. Crepis capillaris möchte ich bestätigen, dass deren Hüllen Drüsenhaare aufweist. Dabei sind diese - soweit ich das bislang beobachtet habe - aber fast durchwegs weißlich-durchscheinend, nur die Drüsen-Basen waren bei meinen Ind. etwas dunkel (schwärzlich) eingefärbt. Eine ähnliche Problematik kenne ich übrigens bei den Unterarten von Picris hieracioides ...

Viele Grüße
Oliver


Zurück zu „Anmerkungen und Korrekturen zu den Angaben der "Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol" (3. Auflage, 2008)“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 11 Gäste