Deutschen Pflanzennamen!

Botanisches, das andernorts im Forum nicht recht passt, kann hier veröffentlicht werden, Terminankündigungen ebenso wie Beiträge über Phytopathogene oder anderes mehr.
kurt nadler
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 12. Mai 2020, 18:46

coool! emotionen! eins der wenigen themen, wo sie auch bei mir hochgehen, herzig!

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Josef
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Josef » Donnerstag 14. Mai 2020, 15:38

Liebe Forianer!
Als begeisterter, aber nicht akademisch gebildeter Hobbibotaniker habe ich die wissenschaftlichen Namen lange ignoriert. Bei näherer Beschäftigung mit den Orchideen musste ich mich dann doch damit anfreunden, und im Forum habe ich mich selbstverständlich an die Gepflogenheiten angepasst und in meinen Beiträgen nur die wissenschaftlichen Namen verwendet.
Man sollte aber bedenken, dass Leute meiner Generation (Jgg. 52) ihr Grundwissen über heimische Pflanzen und Tiere großteils noch der Volks-/Hauptschule verdanken und im "Naturgeschichts-Unterricht" nur deutsche Namen verwendet wurden. Heute heißt das Fach Biologie und befasst sich mehr mit den großen Zusammenhängen in der Natur (auch sehr wichtig!), aber die Artenkenntnis wird eher vernachlässigt. Viele Kinder kennen nicht einmal mehr ein Gänseblümchen (pardon- Bellis perennis!), und leider gilt das auch für manche Lehrer, wenn sie nicht selbst Biologie unterrichten. Wir haben Sauerampfer und Lärchennadeln gekaut, wussten aber auch genau, was wir nicht essen durften. Heute wird vor dem Setzen giftiger Pflanzen (z.B. Eibe) im Garten gewarnt, statt den Kindern beizubringen, was genießbar und was ungenießbar ist!
Will man das Wissen um die Pflanzenwelt weiteren Kreisen vermitteln, besonders der Jugend, wird man ohne deutsche Namen nicht gut auskommen! Ich persönlich bevorzuge eher althergebrachte Volksnamen, nicht krampfhaft neu erfundene "Büchernamen", nur weil sie besser ins System passen. Es widerstrebt mir z. B. immer wieder, eine so wunderbare Orchidee wie Anacamptis pyramidalis als "Kamm-Hundswurz" zu bezeichnen, das ist ja fast eine Beleidigung für die Pflanze!
In Zukunft werde ich dem guten Beispiel von Markus folgen und bei meinen Beiträgen die deutschen Namen in Klammer setzen. Verzeiht mir, dass ich zu dem Thema auch meinen "Armoracia rusticana" dazugetan habe!
LG Josef

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Pablito
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Pablito » Donnerstag 14. Mai 2020, 17:16

Wenn man statt wissenschaftlichen Namen lieber deutsche Namen verwendet ist das für mich dasselbe, wie wenn man im nicht deutsch-sprachigen Ausland versucht mit den Einheimischen deutsch zu sprechen, auch wenn die kein Wort davon verstehen :-(
LG Reini BR

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Alexander
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Alexander » Donnerstag 14. Mai 2020, 20:08

Hallo miteinander,

ich persönlich finde die deutschen Namen - egal ob volkstümliche oder "eingedeutschte" botanische Bezeichnungen - verwirrend und sogar hinderlich, da diese teilweise irreführend bzw. zumindest erstere häufig sogar ganz einfach "falsch" sind. Daher vermeide ich sie zumindest im fachlich-botanischen Kontext, wie etwa hier im Forum. Für mich ist es unverständlich, weshalb man beispielsweise Cyclamen als "Alpenveilchen" bezeichnet, denn sie kommen weder lediglich in den Alpen vor, und sie gehören - wie der Name schon sagt - auch nicht nur nicht zur Gattung Viola, sondern nicht einmal zur selben Familie wie die echten Veilchen (Violaceae), sondern zur Familie Primulaceae. Die beiden Gattungen gehören ja nicht einmal der selben Ordnung an! Man stelle sich vor, dass auch in der Zoologie solche Bezeichnungen angewendet würden, und die in fast ganz Europa und bis nach Zentralasien verbreitete Zauneidechse (Lacerta agilis) käme als "Pyrenäenotter" daher. Niemand würde nachvollziehen können, warum die Kombination eines kleinen Ausschnittes des riesigen Verbreitungsgebietes, sowie der deutsche Name einer Gattung aus einer anderen (Unter)Ordnung* (!) als Trivialname verwendet werden würde.

Grüße
Alex

* Wobei die fiktive Bezeichnung "Pyrenäenotter" für die Zauneidechse sogar noch treffender wäre als "Alpenveilchen" für Cyclamen, denn die Gattungen Lacerta und Vipera gehören nur zu verschiedenen Unterordnung, aber zur gemeinsamen Ordnung Squamata.
„Nichts in der Geschichte des Lebens ist beständiger als der Wandel.“ - Charles Darwin

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Hermann Falkner
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 15. Mai 2020, 15:45

Dass die wissenschaftlichen Namen in der Fachbotanik absolut unentbehrlich sind, das ist eh klar, so weit waren wir ja schon ;-)

Es ginge eigentlich ja nur darum, die deutschen Namen zusätzlich zu erwähnen, wo es sinnvoll erscheint (und ich sehe hier im Forum durchaus auch Bilder mit Calceolaria cypripedia im Haupttext und Frauenschuh in der Bildunterschrift, und ehrlich gesagt fällt auch mir manchmal Rosskümmel sofort ein und es dauert ewig, bis mir dann endlich der richtige Name Trilober lasum einfällt - da ist doch nix dabei ;) :-) und Rosskümmel ist ja auch wirklich viel griffiger, geht leicht ins Hirn hinein, und auch wieder heraus, wenn ich den Namen schnell einmal brauche - und obwohl Tirilobum laser eh super leicht zu merken ist, manchmal hat man halt einfach seine Hänger!!).


Was mich betrifft, hab ich zu diesem Thema einen ganz entspannten und auch völlig undogmatischen Zugang.
Im deutschsprachigen Raum hat es sich halt eingebürgert, die deutschen Artnamen so "ähnlich" wie die wissenschaftlichen zu normieren versuchen; allen voran "der Rothmaler" (jedem deutschsprachigen Botaniker immer noch ein Begriff, obwohl die im Rothmaler durchgezogene deutsche Benamsung ja nicht von ihm erfunden worden ist, aber egal ;-). Weil die Emotionen hier aber so hoch gehen, und weil ich grad Lust hab (begünstigt durch das momentan wirklich schiache Wetter - endlich Regen, Jubel!!), mal ein bissi ausführlicher dazu:

ad Namensänderungen und ähnliches

Doch, ja, die gibt es auch bei wissenschaftlichen Namen, reichlich sogar, wobei das bei den Pflanzennamen eh noch harmlos ist - viel schlimmer ist das in der Zoologie in manchen Bereichen (ich glaub bei Gastropoden, aber natürlich ganz sicher bei den "ganz kleinen" Tierchen), oder auch in der Mykologie, dort wäre ich Laie ohne Index fungorum völlig aufgeschmissen!
Aber auch bei den Pflanzennamen gibt es schon einige, die durchaus nicht mehr so geläufig sind; würde Neilreich noch leben, dann könnten wir mit ihm über Struthiopteris germanica palavern, mit Straußenfarn könnte er auch was anfangen, aber Matteuccia struthiopteris würde ihn vorerst etwas ratlos lassen, wobei ihn das Artepitheton sicherlich dann doch noch an den "richtigen" Gattungsnamen erinnern würde.

Aber so weit muss man gar nicht in die Vergangenheit zurück; wer sich mühsam eingeprägt hat, dass "Blauer Steinsame" falsch ist, weil es korrekt wissenschaftlich "Lithospermum purpurocaeruleum" heisst, hat vielleicht bald feststellen müssen, dass daraus ein "Buglossoides purpurocaeruleum", "Purpurblau-Rindszunge" geworden ist, um wenig später dann plötzlich Bilder eines "Aegonychon purpurocaeruleum" zu sehen, die doch genau wie die "Purpurblau-Rindszunge" aussehen, jetzt aber offenbar "Geißklau" heissen müssen.

So etwas ist dann natürliich schon leicht nervig; und dieser Fall ist noch nicht einmal besonders schlimm, EfÖLS 3. A. führt hier sogar alle Synonyme an, also was soll's, kann alles nachgelesen werden.
(Und ist wie gesagt absolut harmlos gegen das, was in der Mykologie und einigen Bereichen der Zoologie "abgeht"!)

Die Crux bei den deutschen Namen ist hier aber meiner Meinung nach die Herangehensweise - in deutschsprachigen Florenwerken versucht man, den Wildwuchs bei den deutschen Namen einzudämmen, indem man diese ähnlich systematisiert wie die wissenschaftlichen (siehe dazu auch EfÖLS 3. A. S. 20f); für die deutschen Namen gibt es aber eben keinen normierenden ICBN, an den man sich halten muss, und keinen IPNI, wo man die aktuell gültigen Namen nachschlagen kann - "normierend" treten hier nur die einzelnen Florenwerke auf, und da gibt es ja nicht nur Rothmaler & Fischer, sondern auch noch einige andre wissenschaftliche, dazu gärtnerische Werke (mit diversen Eigenheiten auch die "gärtnerisch-wissenschaftlichen" Namen betreffend!), und eine sehr grosse Zahl populäre Bestimmungsbücher.

Man könnte sagen, gut, überlassen wir die deutschen Büchernamen den Laien - ist ja ohnehin egal, da der Wildwuchs unkontrollierbar ist - und in Florenwerken spart das auch noch einiges an Platz.
Das hat aber schon auch einige Nachteile:
- die Barriere zwischen wissenschaftlichem Bereich und Amateurbereich wird grösser, die Hemmschwelle für botanisch interessierte, sich in die Botanik einzuarbeiten, ist meiner Meinung nach erheblich geringer, wenn man auch deutsche Pflanzennamen verwendet;
- der Wildwuchs wird nur noch schlimmer werden;
- wissenschafltiche Florenwerke mit (auch) deutschen Büchernamen haben auch eine Nachschlagefunktion bzw. sind sehr nützlich, um Angaben von "nur deutschen" Pflanzennamen zu disambiguieren (das wird nicht immer gelingen, EfÖLS ist hier aber meines Erachtens vorbildlich und durchaus hilfreich);
- wer weiss eigentlich, was ein "Rüster" ist? ich habe das Wort als Kind nicht gekannt, anmeinem ersten Arbeitsplatz (in einer Tischlerei) habe ich erfahren, dass es ein wertvolles Tischlerholz ist, wobei das Wort sowohl für das Holz verwendet wird (meist nur von Tischlern), als auch für den Baum (meist nur von Förstern); es steht auch in EfÖLS - es ist die Ulme: Florenwerke können auch als "Übersetzer" zwischen Studierenden der Boku und des Instituts für Botanik der Universität Wien dienen :-);
- und wenn in der Flora nicht drinstehen würde, dass Cornus mas (auch) der "Dirndlstrauch" ist, hätte ich keine Chance, eine meiner Schwägerinnen, die sehr g'scheit und studiert ist, davon zu überzeugen, dass es "gut und richtig" ist, von den "Dirndln" als einer Frucht zu sprechen (sie ist nämlich fest davon überzeugt, dass nur die gärtnerische Bezeichnung "Kornelkirsche" richtig sein kann und "Dirndl", wenn überhaupt, bestenfalls eine regionale Dialektform sein kann).

Ich sehe also jede Menge Vorteile in deutschen Büchernamen!!! ;-) (das ist ein Augenzwinkern, ja? ich hoffe, es ist jetzt ein bisserl klarer, was ich meine und wie ich zu deutschen Pflanzennamen stehe)

ad "Wie ernst sollen wir die deutschen Namen nehmen?"

Hier weicht meine Herangehensweise von den gängigen Florenwerken ab.
Ich bin durchaus nicht der Meinung, dass es nötig ist, auch für Unterarten oder womöglich sogar Varietäten eigene deutsche Büchernamen zu erfinden; ausserdem bin ich dafür, die deutschen Namen gleich zu lassen, auch wenn sich der Gattungsname ändern sollte. Eine wirklich systematisch "durchgezogene" deutschsprachige Benamsung ist meiner Meinung nach in der Tat illusorisch.

Sprich - ich sähe keinen Grund, warum die "Blaue Steinsame" nicht einfach weiterhin eine "Blaue Steinsame" bleiben darf (noch dazu, wo der Same auch wirklich wie ein Steinsame ausschaut!), egal ob jetzt Lithospermum, Purpurocaeruleum oder Aegonychon - wobei alllerdings diese lockere Herangehensweise auch bedeuten würde, dass man endgültig den Anspruch aufgeben müsste, den Wildwuchs zu bekämpfen: das ist aber meines Erachtens auch ein Kampf gegen Windmühlen, die Energie lohnt nicht; es reicht, den Wildwuchs einzudämmen und (deutsche) Synonyme anzuführen, sodass ein Florenwerk "maximale" Nützlichkeit mit "minimalem Ballast" verbindet.

Bei Unterarten würde ich auf eigene deutsche Namen für die Unterart in vielen Fällen ganz verzichten, bei agamospermischen Kleinarten wie Taraxacum wird in der 4. Auflage der Exkursionsflora sogar weitgehend auf deutsche Namen verzichtet (sinnvollerweise, finde ich!) - ich wäre hier also für ein "maximal asymmetrisches" System: deutsche Namen nur dort, wo es geläufige Namen gibt, bzw. im "Normalfall" bis auf Artstufe, in Einzelfällen auch für Unterarten, bzw. in speziellen Fällen keine deutschen Namen auf Artniveau (also etwa bei vielen Kleinarten von Taraxacum, Rubus, Alchemilla, etc.).
Von der Exkursionsflora, als Nachschlagewerk, würde ich mir aber so wie bisher weiterhin alle gängigeren deutschen Synonyme incl. Dialektnamen wünschen - und ich weiss, der gleichbleibende deutsche Gattungsname wird auch in der 4. Auflage durchgezogen werden (siehe Beispiel Steinsame …), nur so nebenbei angemerkt.

Im Anglo-Amerikanischen Sprachraum hat man ja auch einen ganz anderen Zugang zu den englischen Namen - die sind, wie sie bleiben, unabhängig davon, welche systemischen Umgruppierungen die Genetiker durchführen. Korrekt und völlig unzweideutig wird ohnehin nur der wissenschaftliche Name sein, da soll ein bissi "Wildwuchs" doch erlaubt sein (er sollte halt nicht "zu wild" sein).


Übrigens, wenn wir schon von Wildwuchs reden - die gärtnerischen "wissenschaftlichen Namen" sind auch so ein Problem, mit dem man sich oftmals herumschlagen muss, und leider sind diese nicht genormt - die schauen alle "sehr gscheit" und überhaupt nicht deutsch aus, und trotzdem sind die oftmals ziemlich irreführend ...

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Stefan Lefnaer
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 15. Mai 2020, 17:54

Laser trilobum heisst der Rosskümmel korrekt. :-)

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Hermann Falkner
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 15. Mai 2020, 18:00

Stefan Lefnaer hat geschrieben:Laser trilobum heisst der Rosskümmel korrekt. :-)

Weiss ich ;-) hab schon auf die Beschwerde gewartet :-)
Der legasthenische Fehler war oben beabsichtigt, zu Demonstrationszwecken. - Es ist übrigens wirklich jedes Jahr so, dass ich bei der ersten (zufälligen oder absichtlichen) Begegnung mit dem Rosskümmel immer wieder kurz in meinem Hirn "kramen" muss, um Laser trilobum zum Vorschein zu bringen (oder ich schlage einfach nach).

kurt nadler
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon kurt nadler » Freitag 15. Mai 2020, 19:50

ja, wir sind schon über 30. also dürfen wir - frei nach weisen des 20. jh. - uns selber nicht mehr ungeniert trauen.
nach 50 wirds leider noch deutlich schlimmer - so ein gezeichneter.

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Jürgen Baldinger
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Re: Deutschen Pflanzennamen!

Beitragvon Jürgen Baldinger » Samstag 16. Mai 2020, 22:03

Manfred Fischer habe ich von der Diskussion hier erzählt, er hat mir dann Folgendes geschickt, das ich gerne hier dazuhängen möge:
Michael Hohla hat in diesem Punkt leider nicht recht. Allen Diskutanten, durchwegs ablehnend, stimme ich zu. Steht übrigens alles in der EFÖLS. Wer Genaueres wissen möchte, den darf ich auf meine diesbezüglichen Schriften hinweisen (Beilagen). Neilreichiisten kennen die natürlich. Nicht verwechselt werden dürfen: (1) Die standardisierten (künstlichen) botanischen Namen = sog. Büchernamen (in der EF alle wichtigeren der dt. bot. Lit., die empfohlenen an erster Stelle fett). Ganz was anderes sind (2) die echten volkstümlichen, dialektalen, sog. vernakularen Namen, die ethnologisch und linguistisch interessant sind und die zB Michael Hohla dankenswerterweise fürs Innviertel sammelt und die wir in Auswahl in der EF angeben. Die meisten stehen im Marzell, sind aber nicht mehr lebendig, vor allem, weil die Pflanzenkenntnis stark zurückgegangen ist und sie wie andere Dialektwörter aussterben. Für die Botanik sind sie natürlich weitgehend wertlos und in unserem "Forum" wären sie fehl am Platz -- ausgenommen, es weiß jemand einige neue, noch lebendige zu berichten. Aber dann bitte gleich an mich oder an Michael. Das ist ein Hobby von uns beiden und sicherlich auch von anderen Botanikern (übrigens auch schon in früheren Zeiten), hat mit Botanik aber wenig bis nichts zu tun.

Jene Pflanzenliebhaber, die nur deutsche Namen möchten, sind bei uns fehl am Platz, dazu müsste man eine Anfänger-Plattform errichten: vielleicht eine sinnvolle pädagogische Aufgabe. In der EF kann ich die Büchernnamen nicht weglassen, weil die EF auch für Anfänger, Lernende gedacht ist, die brauchen sie oft zum Einstieg. Außerdem fordern sie hauptsächlich die Naturschützer, weil sie dort immer angegeben werden müssen, um nicht die Leute von vornherein abzuschrecken. Ein interessanter, aktueller Gesichtspunkt, den auch Clive Stace (Flora of the Bristish Isles, momentan das beste Werk) dafür nennt, dass auch im Englischen -- ganz im Gegensatz zur Tradition -- alle Arten auch einen englischen Namen haben müssen (sie wurden per Umfrage vom BSBI erhoben). Anders könne man den Naturschutzgedanken nicht ins Volk bringen. Er hat wohl recht! Dass sie gefährlich sind, kann man freilich nicht oft genug betonen. Ich tu das auf jeder Exkursiosn, die bes. beim NSchBund auch bewusst für ein breites Publikum gedacht sind. Ich sag immer: Deutsche Namen dienen mehr der Verwirrung als der botanischen Aufklärung. Warum das so ist, muss man den Leuten freilich erklären. Vielleicht sollte ich wieder einmal was drüber schreiben.

Ein weiterer, psychologischer Punkt ist: Botanik, Pflanzenkenntnis wird leider allgemein nicht ernst genommen (außer von uns Insidern). Denn -- so behaupte ich (wäre viell. zu diskutieren) -- in jedem anderen Fach, in jedem anderen Hobby wird es als selbstverständlch betrachtet, dass man sich mit der jeweilige Fachterminloge auseinandersetzten, vertraut machen muss, ob das Sport, Fotografie, Astronomie, Archäologie oder was immer ist. Nur bei der "Blümchenkunde" ist das nicht so, weil wir gründlich unterschätzt werden: Wir sind ein Thema für Kindergärten! Weil ja Blümchen rund um uns herum überall zu sehen sind und für deren Kenntnis daher doch keinerlei Gehirnschmalz erforderlich sein kann. Ein pädagogisch-psychologisches Problem. Über das ich auch einmal schreiben sollte. Dringender ist aber die Fertigstellung der 4. Aufl.

FISCHER, M. A., 2001: Wozu deutsche Pflanzennamen? – In: Neilreichia 1, S. 181–232; Institut für Botanik, Universität Wien

FISCHER, M. A., 2002: Zur Typologie und Geschichte deutscher botanischer Gattungsnamen mit einem Anhang über deutsche infraspezifische Namen. – Sonderabdruck aus: Festschrift 60 Jahre Herwig Teppner: Stapfia 80, S. 125–200

FISCHER, M. A., 2004: Pflanzennamen als Kulturgut. Einige Überlegungen und Sprachbeispiele als Grundlage für das Projekt "Vernakulare Pflanzennamen im Süd-Burgenland" – auszugsweise vorgetragen für den Hianzenverein, in Oberschützen, am 17. 04. 2004
Nachträgliche Ergänzung der von mir irrtümlich zunächst unvollständig angegebenen Quellen:
FISCHER, M. A., 2005: Sollen Pflanzen und Tiere auch deutsche wissenschaftliche Namen tragen? – In: ZABEL H. (Hg.): Deutsch als Wissenschaftssprache, S. 24–86. Paderborn: IFB-Verlag. ISBN: 3-931263-51-7; erweiterte Fassung eines Vortrages auf der Tagung der im Netzwerk Deutsche Sprache zusammengeschlossenen Sprachvereine in Klosterneuburg, 19.–21. 09. 2003

FISCHER M. A., 2006: Botanisches Österreichisches (und Schweizerisches) Deutsch – Manuskript für: Botanisches Österreichisches Deutsch. – In: MUHR, R. & SELLNER, M. B. (Hg.), 2006: Zehn Jahre Forschung zum Österreichischen Deutsch: 1995–2006. Eine Bilanz. S. 187–216. – Österreichisches Deutsch – MUHR, E.R. & SCHRODT R.: Sprache der Gegenwart 10. – Frankfurt a. M. etc.: Peter Lang – Europäischer Verlag der Wissenschaften
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"


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