Alten Ziergarten umwandeln

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Südsüdwest
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Alten Ziergarten umwandeln

Beitragvon Südsüdwest » Sonntag 27. Juni 2021, 19:01

Heute richte ich mich mit einer eher strategischen Frage an dieses Forum:

Ich habe seit kurzem die Möglichkeit einen alten Zier- und Nutzgarten im Traisental nach meinen Vorstellungen zu gestalten.
Selbstredend habe ich als Wiener Stadtbewohner ausreichend Zugang zu gärtnerisch ausgestalteten Flächen und Zierrasen und dementsprechend eher Lust die Fläche in etwas ökologisch wertvolleres umzugestalten.
Die entscheidende Frage ist natürlich: Wie gehe ich das am Besten an?

Eckdaten:

-Lage südlich St.Pölten, 280m Seehöhe
-kalkhaltige Braunerde über Schotter (in ca. 60-100cm Tiefe); der Boden scheint weitestgehend relativ mager (keinerlei Düngung seit mindestens 70 Jahren) und eher trocken zu sein
-ca. 800m² Gesamtfläche
davon rund 1/3 mit altem Obstbaumbestand, tlw. durch Hecken aus Liguster, Eiben und Hasel eingerahmt; kleinere Reste ehemaliger
Blumenbeete
2/3 des Gartens sind komplett offen, eben und großteils sehr sonnig. Die letzte (Teil-)mahd fand im April 2021 statt, bis zu diesem Zeitpunkt dominierten außer den Gräsern nur Klee und Gänseblümchen, sowie ein paar Primeln im Frühjahr.

Mittlerweile liegt die Fläche brach und es zeigt sich heute bei einem kurzen Besuch was alles in der Wiese schlummerte:

Rasenfläche

Crepis biennis
Crepis capillaris
Pilosella bauhini
Pilosella lactucella
Pilosella hoppeana
Leucanthemum vulgaris
Prunella vulgaris
Trifolium pratense
Agrimonia eupatoria
Tragopogon orientalis
Achillea setacea
Leontodon hispidus
Geranium pusillum
Knautia arvensis

Saumbereich

Origanum vulgare
Cephalanthera damasonium
Rosa canina
Cretaegus sp.
Carduus acanthoides
Campanula persicifolia
Cichorum intybus

Das ist natürlich nur ein kleiner Auszug, bisher hatte ich keine Zeit für eine ordentliche Bestandsaufnahme
Ehrlicherweise bin ich positiv überrascht von der Artenvielfalt trotz langjähriger Nutzung, speziell weil ich Arten wie Odermenning und das Weiße Waldvöglein, aber auch den großen Bestand an Bocksbart so kurz nach Stilllegung nicht erwartet habe.

Ich hätte grundsätzlich vorgehabt im September einmal zu mähen, wobei ich wahrscheinlich kleinere Inseln stehen lassen würde.
Die alten Eibenhecken machen mir wenig Freude, die würde ich ausdünnen; den Liguster, der sich mittlerweile auch in die Wiesenbrache ausbreitet ein wenig bändigen. Die alten Obstbäume sind zwar nicht mehr allzu produktiv, dürfen aber natürlich stehen bleiben.

Wie würdet ihr dieses Projekt angehen? Habt ihr konkrete Ideen, gibt es Quellen in denen beschrieben wie man alte Gärten in Halbtrockenrasen überführt? ;)
Ich bin für jeglichen Input dankbar der über die Empfehlung einfach eine Saatgutmischung vom Gartencenter auszustreuen hinausgeht.

In der näheren Umgebung gibt es einige wertvolle (Halb-)Trockenrasen mit vereinzelt auch pannonischem Einschlag - Linum flavum und tenuifolium, diversen Ophrys, Campanula sibirica, Alyssum montanum, Inula, Scabiosa, etc. etc.
Selbstverständlich wird es mit diesen Arten eher nichts werden im Garten, ich denke aber die Fläche hätte ein ganz gutes Potenzial mittelfristig zu einer ökologischen Bereicherung im Meer aus Rollrasen und Thujenhecken zu werden.
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Norbert Sauberer
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Re: Alten Ziergarten umwandeln

Beitragvon Norbert Sauberer » Sonntag 27. Juni 2021, 20:46

Offensichtlich sind die Bodenverhältnisse nicht allzu nährstoffreich, was eine gute Voraussetzung für eine artenreiche Wiese ist. Prinzipiell ist eine Mosaikmahd immer das beste für eine artenreiche Flora und Fauna. Am besten von Jahr zu Jahr vorgehen und die wüchsigsten oder kräuterärmsten Bereiche schon früh mähen und die weniger wüchsigen und kräuterreichen als letzte. Bei Spätmahd auf der ganzen Fläche könnte es zu Problemen mit Vergrasung kommen.

Peter Pilsl
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Re: Alten Ziergarten umwandeln

Beitragvon Peter Pilsl » Montag 28. Juni 2021, 13:28

Wenn so spannende Arten in der näheren Umgebung vorkommen, dann wäre eventuell auch eine Samenentnahme mit Einsaat in deinem Garten ökologisch vertretbar. Aber erwarte nicht all zu viel, denn gerade für viele seltene Arten ist es nicht einfach sich in etablierten Pflanzengesellschaften einzunischen. Da kann es unter Umständen helfen den Boden stellenweise aufzureissen (Störstellen machen), denn dort können sich auch weniger konkurrenzkräftige Arten mal ansiedeln. Bei der Mahd ist es wichtig auf keinen Fall zu mulchen (so wie das bei uns leider an den letzten magereren Grünlandstandorten, den Straßenböschungen passiert) sondern das Mähgut aus der Wiese abzutransportieren um Nährstoffe zu entfernen.
Peter Pilsl
SABOTAG

Südsüdwest
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Re: Alten Ziergarten umwandeln

Beitragvon Südsüdwest » Montag 28. Juni 2021, 15:26

Danke für die ersten Antworten!

Bezüglich Mosaikmahd - danke für den Hinweis, werde in diese Richtung weiter recherchieren!

Was das Einbringen seltenerer Arten anbelangt - das würde ich (sofern das überhaupt zulässig ist) nur dann versuchen wenn eine realistische Chance besteht, dass diese an dem Standort überhaupt gedeihen können. Fürs erste wäre ich schon hochzufrieden wenn sich bspw. Buphthalmum, Inula hirta, Filipendula vulgaris, Scabiosa triandra/columbaria etc. ansiedeln, die befinden sich auf einer Restfläche in 200m Abstand zum Grundstück und hätten mMn ganz ordentliche Chancen auch hier zu gedeihen.

Ich kann leider nicht wirklich einschätzen was sich in 1, 5, 15 Jahren aus dieser Fläche entwickeln kann. Ich frage mich welche Art von Lebensraum entsteht wenn ich mit dem oben angesprochenen Mähregime arbeite, dadurch ein gewisses Maß an Störung reinbringe, vielleicht einige offene Bodenstellen, Gebüschsäume, etc.. Eine magere Fettwiese, ein echter Halbtrockenrasen wie in manchen benachbarten Arealen oder etwas gänzlich anderes?
Oder müsste ich dazu gezielt tiefergreifende Maßnahmen setzen, bzw. wäre dies überhaupt sinnvoll oder wäre es intelligenter minimalinvasiv vorzugehen und zu schauen was sich von selbst entwickelt? Es gibt von Lanius einige Publikationen zum Raum St.Pölten wo immer wieder von der "St.Pöltner Heide" gesprochen wird, wäre das ein mögliches Szenario im Mini-Format?

Was das Mulchen anbelangt: Das fällt mir heuer ganz extrem auf, vielleicht achte ich aber auch nur besonders darauf weil in den letzten zwei Wochen so ziemlich jede üppig blühende Fläche im Umkreis unter einer dicken Mulchschicht erstickt wurde..
Nimmt das tatsächlich zu oder täuscht der Eindruck?


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