Die Lobau vertrocknet ...

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Hermann Falkner
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Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 29. Juli 2022, 19:05

Obwohl es zuletzt doch immer wieder auch mal geregnet hat, ist es immer noch vergleichsweise trocken - nicht nur am Neusiedler See; die hohen Temperaturen (und die damit verbundene hohe Verdunstung) verhindern offenbar effizient, dass sich die Grundwasserspeicher wieder auffüllen könnte. Es bräucht halt wieder mal über 2 Wochen einen Landregen, wie's das früher in unseren mitteleuropäischen Sommern immer wieder mal gegeben hat ...

Illustriert am Donau-Oder-Kanal in der Lobau: der hat weder Zu- noch Abfluss, ist also rein vom Grundwasser gespeist - nur bei Rekordhochwasser (wie 2013) filtriert durch den Donau-Oder-Kanal-Damm Hochwasser, das 2013 vom Schönauer Schlitz direkt bis an den Damm herangestaut hat (ohne ihn dabei übrigens zu übertreten: der Damm hat 2013 also "gehalten", der Wasserstand im DOK war 2013 dadurch aber stark erhöht).

Im DOK wächst recht zahlreich an den Ufern eine Potamogeton-Art, die wie Potamogeton nodosus aussieht, aber immer ziemlich klein bleibt (so < 50 cm Länge, im Wesentlichen) und die ich über viele Jahre hinweg nie blühen gesehen habe (bei sporadischen, aber doch regelmässigen Besuchen - aber kein systematisches Monitoring). Es wirkt also eher wie eine "Miniatur-P.-nodosus" (auch im Vergleich zum Bestand zB in der Liesing bei Kledering = unzweifelhaft P. nodosus, grösser und kräftiger, und regelmässig blühend).
Das und die Tatsache, dass ich (eindeutiges) P. nodosus sonst von der Lobau nicht kenne (und die Florenkartierung auch nicht, Stand 2021), nährt in mir den Verdacht, dass es sich womöglich um eine fremde Art handelt, eingeschleppt womöglich durch Aquarianer. (Hab daher den Fund auch noch nie vorgestellt bzw. nicht an die Florenkartierung gemeldet, wollte mal warten, bis sie blüht, aber dazu ist es bis heute nicht gekommen bzw. wenn doch, dann hab ich die Blüte versäumt. ;-)

Falls es eine heimische Art sein sollte, dann käme jedenfalls ohne Zweifel nur P. nodosus in Frage.

Na wie dem auch sei: die Art wächst im unmittelbaren Uferbereich vom Nordostufer insbes. am Ostufer entlang bis zum Südwestufer (unweit Ölhafen), immer wieder mal in kleineren bis grösseren Trupps.
Die Potamogeton-Art ist also sowas wie die "Uferlinie", wenn die Bestände völlig untergetaucht sind, dann ist der Wasserstand im DOK sehr hoch, Mittel- bis Niedrigwasser = der Bestand ist jedenfalls immer noch gut untergetaucht.

Trocken fällt die Potamogeton-Linie im Sommer aber nie - bzw. sehe ich das jedenfalls diesen Sommer zum ersten Mal!
Die Herbst/Winter-Wasserstände 2021/22 waren schon recht dramatisch - jene für den kommenden Winter 2022/23 könnten noch dramatischer ausfallen, wenn das noch länger so weitergeht ...
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Stefan Lefnaer
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Re: Immer noch niedrige Grundwasserstände in der Lobau - Potamogeton cf nodosus

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 29. Juli 2022, 22:25

Ich halte das schon für P. nododus. Die Art breitet sich zweifelsfrei aus. Erst heute habe ich sie im Marchfeldkanal neu für Qu. 7664-4 gefunden (hier groß und fruchtend):

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Hermann Falkner
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Re: Immer noch niedrige Grundwasserstände in der Lobau - Potamogeton cf nodosus

Beitragvon Hermann Falkner » Samstag 30. Juli 2022, 09:06

Na dann mach ich halt doch einen Beleg (bei diesem Wasserstand ja zum Glück easy) und melde mal mit cf.

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Hermann Falkner
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Re: Immer noch niedrige Grundwasserstände in der Lobau - Potamogeton cf nodosus

Beitragvon Hermann Falkner » Samstag 6. August 2022, 10:00

Der Wasserstand im Donau-Oder-Kanal sinkt weiterhin, wie ich gestern festgestellt habe (Potamogeton-Beleg gemacht) - er ist zwar nicht im "freien Fall", aber alle paar Tage wieder ein paar Zentimeter; so rund ein halber Meter fehlt noch, um den ganzen Potamogeton-Bestand trockenzulegen, dazu wird's aber wohl doch nicht vor September kommen (irgendwann muss es ja mal ordentlich regnen!).

Ich hab mir übrigens jetzt auch die Potamogeton-Belege in JACQ etwas angeschaut, es kann wohl wirklich nur Potamogeton nodosus sein, auch wenn relativ kümmerlich (und das seit Jahren! ich hab im Archiv gestöbert und schon 2011 Bilder von diesem Bestand gefunden). Wie Stefan schon sagt, ist die Art wohl einerseits unterkartiert und andrerseit wohl auch in Ausbreitung.

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Hermann Falkner
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Re: Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon Hermann Falkner » Dienstag 4. Oktober 2022, 20:16

Nach den letzten Regenfällen und dem doch deutlich kühleren Wetter wäre ich davon ausgegangen, dass sich die Wasserstände in der Lobau etwas stabilisieren können. Ganz so ist's aber leider nicht ...

Im Donau-Oder-Kanal hat sich der Wasserstand = somit der Grundwasserstand auf sehr niedrigem Niveau stabilisiert, der fällt seit einiger Zeit nicht mehr oder höchstens kaum. Potamogeton nodosus ist vegetativ noch vorhanden, in einer Wassertiefe von bis zu ca 30-50 cm, da hat sich wohl in den letzten Wochen nicht viel verändert:
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Das ist die Stelle, an der ich den Wasserstand dokumentiert habe (auch oben) - beim Seerosenbestand im südöstlichen Bereich des DOK.
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Weiter unten, beim Schönauer Schlitz, strömt jetzt sogar wieder Wasser von der Donau ein und der Rad/Wanderweg ist bei der Schönauer Furt sogar gesperrt wegen Hochwasser (sehr hoch kann's nicht sein, aber ich bin dann nicht runtergefahren, um zu checken); bei der Gänshaufentraverse sieht man die leicht erhöhten Wasserstände.

Im Bereich dazwischen kriegt aber das Eberschüttwasser nicht viel ab und steht sehr niedrig; noch schlimmer bestellt ist es aber um das Mittelwasser, zwischen Kreuzgrundtraverse und Mühlleitner Furt:
Die Messlatte ist 4 m hoch, die Stelle ist im zentralen Bereich des Mittelwassers - das ich noch überhaupt nie trockenfallen gesehen habe!! Normalerweise ist das Wasser hier selbst bei Niedrigwasser zumindest 1,5 m tief; dass das Mittelwasser rasch fällt, sehe ich schon seit einiger Zeit, inzwischen ist aber selbst im Kernbereich des Gewässerkörpers fast nix mehr übrig - so max. 10-20 cm tiefe Latschen, aus denen die Reiher die letzten verbliebenen Fische angeln:
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So schaut's von der Mühlleitner Furt aus - wo man ein gutes Stück in den trockengefallenen Schilfgürtel hineingehen muss, um überhaupt Wasser zu finden:
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Keiner der Altarme in der Oberen Lobau ist so niedrig wie das Mittelwasser - die Obere Lobau profitiert immer noch von der Dotierung übers Mühlwasser, die reicht aber nicht über die Uferhausfurt hinaus, ab Gross-Enzersdorf gibt's keinen Durchfluss mehr.

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Hermann Falkner
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Re: Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon Hermann Falkner » Sonntag 30. Oktober 2022, 09:53

Die Dotierung der Lobau über die Panozzalacke, vom "Lobaumuseum":
https://www.lobaumuseum.wien/cms/fuer-l ... tenwasser/
schon lange gefordert, Christa Staudinger hat auch schon auf Exkursionen über diese Bemühungen berichtet, ist wieder in den Medien - soll demnächst tatsächlich begonnen werden, siehe Kurier:
https://kurier.at/chronik/wien/trockenh ... /402200115
(Die "Stadt Wien" will eigentlich nicht - sehr beharrlich, seit Jahren schon, aber das ist eine andere Geschichte ...)

Ich glaub's erst, wenn gegraben wird. Und - ist dann immer noch zu wenig, insbes. für die Untere Lobau!
Für die Obere Lobau wärs aber schon ein Meilenstein.

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Re: Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 4. November 2022, 08:07

https://wien.orf.at/stories/3180690/
Präsentiert als "Errungenschaft" der Stadt, die hier eigentlich Bremser war...

Und Forstdirektor Januskovecz hat betont (war gestern auch im TV), dass die Untere Lobau vorerst nix kriegt - erst, wenn sich zeigen sollte, dass die Dotierung der Wasserqualität der Oberen Lobau nicht schade...
Sprich die Untere Lobau muss womöglich weitere 2-3 Jahre warten.

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Re: Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 20. Januar 2023, 07:26

Ich wollt schon schreiben - es tut sich nix in der Lobau - aber heute doch endlich eine Meldung im Radio: Spatenstich für die Dotierung Panozzalacke!

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Re: Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon Hermann Falkner » Mittwoch 1. Februar 2023, 20:22

Die Gratis-Bezirkszeitung bringt wieder mal Artikel zur Lobau - in der Print-Ausgabe einen längeren, aber immerhin auf derselben Seite, prominent darunter, wenn auch etwas kleiner, ein kritischer:

Hier brüsten sich Uli Sima und Ernst Nevrivy damit, die Lobau zu retten:
https://www.meinbezirk.at/donaustadt/c- ... u_a5826322
Dass das ohne Dotation der Unteren Lobau nur ein Feigenblatt ist, darauf weisen die im Artikel interviewten im kritischeren Artikel hin (Wolfgang Orgler, Christa Staudinger):
https://www.meinbezirk.at/donaustadt/c- ... t_a5833831

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Re: Die Lobau vertrocknet ...

Beitragvon kurt nadler » Donnerstag 2. Februar 2023, 10:06

ist das "unsere" c. staudinger?


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