Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beispielsweise Lokalfloren, Taxonomie, Sippen- und Gebietsdiskussionen, Fachexkursionen
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Stefan Lefnaer
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 7. März 2021, 20:21

Da dies nun angesprochen wurde noch ein paar Worte zur Mittelwaldbewirtschaftung: diese stellt, wie der Name andeutet, ein Mittelding zwischen Hochwald und Niederwald dar. Ein Mittelwald besteht aus einem Oberstand aus Kernwüchsen, darunter versteht man Bäume die aus einer Frucht gekeimt und "schön gerade" gewachsen sind, dessen Kronen rund 30-50% der Fläche abdecken. Diese Überhälter, in den Wäldern der HMF meist Trauben-Eichen, werden in einem Zyklus von ungefähr 100-200 Jahren geschlagen und als Wertholz (Bauholz) verwertet. Darunter gibt es einen Unterstand aus "krummen" Stockausschlägen der im Zyklus von ungefähr 10-20 Jahren geschlagen und als Brennholz verwertet wird. Die im Boden verbleibenden kräftigen Wurzelstöcke schlagen im nächsten Jahr sofort wieder aus und können in relativ kurzer Zeit wieder größere Stämme hervorbringen. Möglich ist dies allerdings nur mit ausschlagfähigen Arten, darunter Eichen, Linden, Hainbuche und Hasel. Mittelwälder sind in Schläge eingeteilt die in einem Zykus geerntet werden, jedes Jahr ein Schlag. Dort wird dann zuerst der Unterstand auf Stock gesetzt und das Holz entfernt. Danach werden selektiv einige alte Überhälter geschlagen. Mittelwälder sind in ihrer Bestandsstruktur und Alterszusammensetzung sehr heterogen - jeder Schlag befindet sich in einem anderen Sukzessionstadium - und bieten vielen Arten, v. a. lichtbedürftigen, einen Lebensraum. Rein optisch ähneln sie einem Park oder einer Waldsteppe. Aufgrund ihres Mosaiks an Sukzessionsstadien haben sie eine große Bedeutung für die Erhaltung der Biodiversität und leisten einen wichtigen Beitrag als stabiles Ökosystem. Das gilt insbesondere für Eichen, auf denen von allen europäischen Baumarten die meisten Insektenarten, darunter 500 holzbesiedelnde Käfer und fast 180 Großschmetterlingsarten, viele davon monophag nur an Eichen fressend, leben. Im folgenden noch einige Fotos aus dem Glasweiner Wald, die dies verdeutlichen (über mir kreisten übrigens währenddessen 13 Kolkraben und einige Bussarde):

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Stefan Lefnaer
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Donnerstag 25. März 2021, 21:13

Ich möchte hier mit meinen Berichten über die Wälder der HMF fortsetzen. Zur Zeit liegen diese noch immer weitgehend im Winterschlaf, auch wenn die Knospen von Carpinus betulus bereits auszutreiben beginnen. Bei Quercus petraea wird es sicher noch etwas länger dauern:

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Pulmonaria officinalis hat mit der Blüte begonnen:

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Interessanterweise tritt über den eher kalkarmen Schottern und Sanden der Urdonau stellenweise auch zahlreich Hepatica nobilis, ein Kalkzeiger, auf. Möglicherweise liegt dies an stellenweisen Auflagen von eiszeitlichem Lösslehm oder kalkreichem Geschiebe:

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Während die Schotterrücken sehr trocken sind, findet man in feuchteren Seitentälern gelegentlich fast eine Auwaldflora mit Galanthus nivalis

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und Ulmus laevis:

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Aus nicht-botanischer Sicht kann ich wieder über eine Begegnung mit einem Adler berichten, der mich im Gebiet südlich des Glasweiner Walds heute überflog (leider ohne Foto). Sofern ich als Nicht-Ornithologe hier versiert bin, handelt es sich um einen Kaiseradler, der als Bewohner osteuropäischer Waldsteppen in der hügeligen, kleinstrukturierten Landschaft sowie in den halboffenen lichten Mittelwäldern einen guten Lebensraum findet.

kurt nadler
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon kurt nadler » Donnerstag 25. März 2021, 23:50

muss man bei pulmonaria dieser gruppe ohne blattfleckung nicht an obscura denken?
(und die nicht herzbasigen winterblätter sind gut ausgeprägt.)

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Stefan Lefnaer
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 26. März 2021, 06:09

Die meisten Pflanzen dort haben gefleckte LB, wenige ungefleckte. Ich würde daher alle für P. officinalis halten und würde es für unwahrscheinlich halten, dass P. obscura darunter gemischt ist. Diese ist zudem laut Exkursionsflora eine taxonomisch fragwürdige Sippe.

kurt nadler
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon kurt nadler » Freitag 26. März 2021, 08:59

danke dir!

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Stefan Lefnaer
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 26. März 2021, 20:47

Hier noch ein Beispiel von einer Auwald-ähnlichen Senke von nächst Stronegg mit massenhaft Galanthus nivalis...

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...Isopyrum thalictroides...

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...und Malus sylvestris agg. Eine Art mit etwas rätselhaften Habitatansprüchen, da ich sie neben feuchten Waldsenken auch immer wieder an trockenen Standorten antreffe.

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Sowie ein Negativbeispiel wie man einen schönen Eichenwald durch die Aufforstung von Douglasien zerstören kann:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 26. März 2021, 20:50

Vom Geierberg westlich von Bergau...

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...Carex montana:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Mittwoch 31. März 2021, 20:53

In den Wäldern der HMF geht es nun auch richtig mit der Blüte los. An Gräsern wären neben Hierochloe australis (wohl bei uns das am zeitigsten blühende Süßgras, siehe hier), Carex montana (siehe oben), Carex pilosa und Luzula divulgata (beide ohne Foto) noch Carex digitata (aufgrund der rotbraunen Scheiden der untersten Ähren-Tragblätter wohl wirklich diese Art)...

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...Carex praecox auf einem Trockenrasen im Umland...

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...und Luzula pilosa zu erwähnen:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Freitag 2. April 2021, 20:08

In einem kleinen zur HMF gehörenden xerothermen Wäldchen bei Eggendorf im Langen Thale ist nun Hierochloe australis voll und zahlreich erblüht:

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Weiters Luzula divulgata...

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...Carex humilis...

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...und Carex michelii beginnt demnächst mit der Blüte:

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In einem Straßengraben im Glasweiner Wald kann man Petasites albus bewundern:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 3. April 2021, 20:23

Am südseitigen warmen Waldrand des Glasweiner Walds erblüht nun im Gfletzgraben Anemone sylvestris:

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Auf einem kleinen Trockenrasen nördlich vom Sandfeld bei Porrau Carex caryophyllea...

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Potentilla heptaphylla

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...und Pulsatilla pratensis (subsp. nigricans):

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Am Steinberg nördlich von Porrau Viola rupestris:

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