Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

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Stefan Lefnaer
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Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 25. April 2020, 20:39

Die hier schon mehrfach erwähnte Hollabrunn-Mistelbach-Formation (HMF) ist eine geologische Formation im niederösterreichischen Weinviertel. Die damals deutlich weiter nördlich fließende Urdonau lagerte während des Pannoniums zwischen dem Ausgang der Wachau über Hohenwarth, Ziersdorf, Hollabrunn und weiter nördlich der Leiser Berge über die Waschbergzone entlang der Zaya-Furche bis zum Steinbruchberg im Wiener Becken Sande und Schotter mit bis zu 50 Meter Mächtigkeit ab. Da diese fluvatilen Ablagerungen der ehemaligen Rinnenfüllung widerstandsfähiger als die umgebenden Sedimente der Molassezone sind, hielten sie der Abtragung im Laufe der Zeit besser stand und sind nun als Höhenrücken erhalten (Reliefumkehr). Da dieser teils aus basischen Kalksteinen, teils aus saurem Quarz und sauren Kristallingesteinen bestehende Rücken der HMF schwer zu bewirtschaftende und wenig ertragreiche Böden ausbildete, wurde er nicht ackerbaulich genützt, weshalb er noch heute Großteils mit Wald bestockt ist. (das habe ich von Wikipedia kopiert. Aber ich darf das, da ich diesen Absatz dort verfasst habe)

Auf der folgenden geologischen Karte ist die HMF als oranger annähernd horizontaler Streifen eingezeichnet. Im Osten quert die HMF die ältere, in die rechte obere Bildecke streichende Waschbergzone die zur allochthonen Molasse gehört (lila und dunkelblau) bzw. floß damals die Donau über diese Schwelle hinweg. Noch weiter östlich ergoß sich die Urdonau in einem Delta und formte so einen breiten Schüttkegel im Raum Mistelbach aus.

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Hier derselbe Ausschnitt topographisch:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 25. April 2020, 20:48

Der größte Wald in der HMF, überhaupt das größte Waldgebiet des Weinviertels, ist der Glasweiner Wald. Es handelt sich dabei um ein Eichenmischwaldgebiet zwischen Hollabrunn und Ernstbrunn. Der westliche Teil wird Hollabrunner Wald oder Schwarzwald genannt, der mittlere Glasweiner Wald i.e.S., der östliche Ernstbrunner Wald. Ich nenne das gesamte Waldgebiet hier Glasweiner Wald (i.w.S.), da dies das zentrale Teilstück ist. In der folgenden topographischen Karte ist der Glasweiner Wald markiert:

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Der Glasweiner Wald ist höchst divers. An vielen Stellen herrschen trockenwarme lichte Eichenwälder vor. Hier ein paar Fotos:

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Bild

Bild

Hier ein Teilbereich mit Carex praecox deckend in der Krautschicht:

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Besonders an den Westflanken der Schotterrücken fehlt oft die Streuschicht und Humusauflage komplett und der Schotter steht an. Ich vermute, dass die Blätter durch den meist von Westen einwehenden Wind verblasen werden. Die Böden sind dort meist stark sauer und sehr mager. Außen Eichen wächst dort wohl nicht viel und diese stehen locker und wachsen langsam.

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An anderen Stellen liegen am Schotter mächtige Auflagen aus Löss(lehm). Dort sind die Böden deutlich tiefgründiger und fruchtbarer. Leider wurde dies an vielen Stellen genützt um Douglasien und seltener Rotföhren aufzustocken. Diese dürften wohl mehr Holzertrag bringen. Das sieht dann so aus (Beispiele aus dem Schwarzwald):

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In der "Krautschicht" kommt dann praktisch nur mehr Clematis vitalba vor, die die Bäume überwuchert:

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Als "Pflege" werden in den grauslichen schwarzen Verhau mit schweren Maschinen Schneisen hineingebrochen. Das sieht dann aus, als wäre ein Panzer-Bataillon durchmaschiert:

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Man kann nur hoffen, dass hier bald ein Umdenken stattfindet und diese Bereiche wieder renaturiert werden.

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 25. April 2020, 21:16

Heute habe ich den östlichen Abschnitt der HMF besucht. Dieser hat in der ÖK50 keinen richtigen Namen. Die "Gipfel" heißen Rosenberg und Hochberg, ein Teil ist als Leiser Wald ausgewiesen. In der Franziszeischen Landesaufnahme wird der schöne Name "Die hohen Berge" (an der höchsten Stelle 320 m!) angeführt. In der folgenden topographischen Karte ist das Waldgebiet eingezeichnet:

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Die Wälder dort sind bis auf einige Robinienforste und versprengte Douglasien in einem guten Zustand. Wie auch im Glasweiner Wald besteht der Untergrund aus Schottern und Sanden und die Böden sind daher mager und trocken und oft sauer. Hier ein paar Eindrücke:

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Hier eine aus meiner Sicht gut umgesetzte Waldverjüngung mit Überhältern:

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Hier noch ein Blick vom südseitigen Waldrand Richtung Westen, d.h. Ernstbrunn und Leiser Berge:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 25. April 2020, 21:21

Ganz im Osten fand ich dann heute in den "Hohen Bergen" ein wunderschönes Platzerl mit viel Hierochloe australis

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Euphorbia polychroma

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Dictamnus albus (beginnt bald zu Blühen) und

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Iris variegata

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 25. April 2020, 21:44

Zum Schluss besuchte ich in den "Hohen Bergen" dann noch einen Schotterrücken mit einer kleinen Lichtung.

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Als Arten fand ich u.a. Linaria genistifolia (subsp. genistifolia)

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und die Säurezeiger Anthoxanthum odoratum

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Luzula divulgata und

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Viscaria vulgaris vor.

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An einer Stelle fehlte der Oberboden komplett und der Schotter stand an:
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Auf dieser Fläche eine spärliche aber recht interessante Flora mit weiteren Säurezeigern wie Arabidopsis thaliana

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Rumex acetosella (s. lat.)

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und Myosotis stricta:

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Herzig ist dieses kleine Chenopodium opulifolium, mein erstes für 2020 und überhaupt das erste das ich in einem natürlichen Habitat fand!

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kurt nadler
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon kurt nadler » Samstag 25. April 2020, 22:08

Hast Du nicht vielleicht auch Veronica dillenii dort? Im lichten Leithaberg-Silikat-Eichenwald steht sie in rohbodigen Lichtungen in Begleitung von viel Calluna vulgaris; und nette Lactuca-Sippe(n) gibt´s auch.
Südwestlich von Hollabrunn fand ich in meiner Jugend (muss dazusagen, dass meine Großeltern ein paar Jahrzehnte im Pulkautal in Peigarten wohnten und ich hier sehr viel rumradelte, oder es gab Autoausflüge) in so einem Großwald Pulsatilla pratensis nigricans, was mich damals sehr faszinierte.

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Stefan Lefnaer
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 25. April 2020, 22:14

Nein, Veronica dillenii ist mir noch nicht untergekommen. Calluna vulgaris gibt es im Weinviertel nur an zwei Fundpunkten. Einer liegt im Rohrwald über völlig kalkfreien Sandsteinen (Ausläufer der Greifenstein-Formation der Flyschzone nördlich der Donau). Die HMF ist für C. vulgaris sicher nicht kalkfrei genug, möglicherweise auch nicht für V. dillenii.

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Jürgen Baldinger
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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Jürgen Baldinger » Samstag 25. April 2020, 22:49

Was für ein wunderbarer Wald. Danke für Deine Fotos.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 26. April 2020, 20:44

Heute ging es im Westen der HMF weiter. Der Wald zwischen Kiblitz, Wolfsbrunn und Ober-/Unterthern hat auf den Karten keinen Namen. Ich nenne ihn daher kurzerhand Kiblitz-Therner-Wald. Hier wieder eine Karte mit Markierung:

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Auch hier herrschen xerotherme Eichenwälder vor. Die meisten sind recht schön...

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...nur ein ausgedehntes Gatter, wohl für Damwild, trübt den Eindruck. Dort fehlt dann die Krautschicht fast komplett (Sagina procumbens kann sich aber behaupten!):

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Hier ein Vergleich ohne und mit den eingesperrten Viechern:

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Interessant ist das Auftreten von Cotoneaster integerrimus, eine Art die ich im östlichen Weinviertel noch nicht gefunden habe:

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Am Waldrand dann ein schönes Vorkommen von Euphorbia seguieriana...

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...und Cytisus procumbens:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 26. April 2020, 20:59

Im Kiblitz-Therner-Wald fand ich dann einen wunderschönen Schotterrücken:

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Neben Lactuca viminea

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fanden sich die üblichen Säurezeiger wie Anthoxanthum odoratum

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Myosotis stricta

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und Veronica officinalis

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Das Highlight und neu für mich war Antennaria dioica. Jurasky gibt die Art an, aber ich habe sie noch nie und auch heute nur an dieser Stelle gesehen. Häufig scheint sie also hier nicht zu sein.

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Wird die von Fliegen bestäubt, weil die ständig zu Gange waren?

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Jurasky nennt das Katzenpfötchen für Föhren-Aufforstungen. Eine solche gibt es hier tatsächlich, allerdings sind die meisten Bäume durch die heißen Sommer bereits abgestorben. Man kann nur hoffen, dass die Art auch ohne Föhren weiterleben kann.

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