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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Montag 31. August 2020, 14:53
von Scotiella
Hi,

Also Cyclamen ist in OÖ auch collin/planar sehr häufig zu finden, da braucht die Flora ein Update :-)

LG
Daniel

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Montag 31. August 2020, 19:31
von Oliver Stöhr
... wobei die Art in weiten Teilen des Inn- und Hausruckviertels wiederum gar nicht vorkommt ;-)
LG
Oliver

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Montag 31. August 2020, 20:04
von Hermann Falkner
Oliver Stöhr hat geschrieben:... wobei die Art in weiten Teilen des Inn- und Hausruckviertels wiederum gar nicht vorkommt ;-)
LG
Oliver

... und des Mühlvierels natürlich, dort fast nirgends vorhanden; aber dann auch wieder mit bemerkenswerten Ausnahmen wie Untermühl, linkes Donauufer - colliner Hangwald mit zB eben auch Cyclamen purpurascens.

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Montag 31. August 2020, 23:21
von kurt nadler
das ist aber spannend, klingt sehr autochthon - im gegensatz zu den untermühlviertler burgvorkommen.
trauntal ist da natürlich - in bezug auf olivers feststellung - eine gewisse ausnahme ich weise auf die helleborus-aposeris-(hang)wälder in der welser gegend, wirds wohl entlang der salzach genauso geben.
in den hainburger bergen suche ich seit jahren vergebens. hat noch keiner angesalbt.

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Samstag 5. September 2020, 22:13
von Stefan Lefnaer
In den Wäldern der HMF findet man, speziell auf Forststraßen und Schlagflächen, diverse Neophyten, also die üblichen Verdächtigen wie Ambrosia artemisiifolia, Erechtites hieraciifolia, Galinsoga ciliata, Galinsoga parviflora, Impatiens parviflora, Juncus tenuis, Leonurus cardiaca subsp. villosus, Lepidium densiflorum, Solidago canadensis, Solidago gigantea (subsp. serotina) usw. Heute war dann eine etwas seltener Art dabei. [Korrektur am 2020-11-30, ursprünglich von mir hier als E. pilosa bezeichnet] Laut Michael Hohla handelt es sich hierbei um Eragrostis albensis ("groß gewachsene Pflanzen, Ährchenfarbe dunkler als typische E. pilosa, Rispenform eiförmig, Rispenäste rau, Knoten und Blattscheiden ohne Drüsenpunkte") [/Korrektur]

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Samstag 26. September 2020, 13:02
von Hermann Falkner
Nur weil ich zufällig drüber gestossen bin, auf der Suche nach was ganz andrem, möcht ich dir nicht vorenthalten, Stefan ;-) Neilreich war offenbar nicht sehr angethan vom Viertel Unter dem Manhartsberge ("U. M. B."):

"Das ausgedehnte Hügelland des Kreises U. M. B. (Seite XLII) ist theils Acker- und Weinland, theils waldig. Die Wälder, meist Eichen- und Rothföhren, nehmen vorzüglich den mittleren und höheren Theil des Kreises ein und sind in der Regel trocken, die kahlen Jurakalkberge verrathen nur schwache Spuren einer Kalkflora. Im Ganzen zeigt die Vegetation dieses Gebietes weder einen Artenreichthum noch eine grosse Abwechslung und vermag daher wenig Interesse zu wecken."
Neilreich A.: Flora von Nieder-Oesterreich (1859) (meine Hervorhebung), S. LXXXI (= S. 81 römisch)

Auf S. XLII (= S. 42) kann man dann auch noch alte Toponyme dieser Region nachlesen und erfährt u. a. interessante Dinge wie zB dass der von dir oben mal erwähnte Schwarzwald 1101' (= Fuss) hoch ist, während die höchste Erhebung, der Buscchberg, stolze 1556' misst.
Kann also ganz kurzweilig sein, bei den alten Autoren auch anderes als nur die Angaben zu den Arten zu lesen ;-)

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Freitag 30. Oktober 2020, 19:51
von Stefan Lefnaer
Ich werde nun im Laufe des Winters Fotos, die mir beim Aufarbeiten unterkommen und für die ich im Sommer keine Zeit hatte, hier noch nachtragen.

Besonders artenreich ist der hügelige Südabfall der HMF bzw. deren Saum. Hier ein Beispiel vom Sandfeld Porrau (bei Bergau/Porrau besteht eine südexponierte "Einbuchtung" im Glasweiner Wald und daher eine besonders lange Saumlinie), wo am Waldrand und neben intensiv landwirtschaftlich genützten Flächen kleine Trockenrasen bestehen:

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Auf diesem Fleckerl wächst u.a. Cytisus procumbens  EN , eine Fabacee die in Österreich ausschließlich im Weinviertel auftritt:

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Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Montag 30. November 2020, 19:51
von Stefan Lefnaer
Heute bekam ich von Michael Hohla die Rückmeldung zu meinen Ergrostis-Dubletten. Zehn waren tatsächlich E. pilosa. Jene im Gfletzgraben aber E. albensis. Ich habe das oben ausgebessert. Eine weitere war E. multicaulis, siehe hier.

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Sonntag 3. Januar 2021, 18:58
von Stefan Lefnaer
Interessanterweise kann man jetzt und anscheinend nur jetzt noch schöne Funde machen. Diesen kleinen Tümpel bzw. diese Tränke/Suhle im Glasweiner Wald hatte ich bereits im Sommer inspiziert:

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Von Peplis portula  VU , im Pann  EN  war damals noch nichts zu sehen. Nun ist die Art zahlreich vorhanden, feinsäuberlich in der Eisschicht konserviert. Sozusagen der Ötzi unter den Gefäßpflanzen. Zur Anfertigung eines Herbarbelegs ist es in einem solchen Fall angeraten anstatt eines Pflanzenstechers einen Eispickel zu verwenden.

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Über ein weiteres Vorkommen dieser der floristischen Kartierung im Weinviertel (ohne March) bisher nicht bekannten Art habe ich bereits weiter oben berichtet. beide Vorkommen liegen in Quadrant 7463-1 und rund 1,2 km voneinander entfernt. Eine Verbreitung der Früchte durch Tiere, v.a. im Pelz von Wildschweinen, die sich da und dort im Lehm suhlen, erscheint hier sehr wahrscheinlich.

Re: Die Wälder der Hollabrunn-Mistelbach-Formation

Verfasst: Sonntag 7. März 2021, 19:57
von Stefan Lefnaer
Bevor es im Weinviertel phänologisch richtig los geht, möchte ich die Zeit nützen um noch allgemeine Punkte über die Wälder der HMF festzuhalten. Viele Menschen, auch Naturschützer, haben ein völlig falsches Bild von Natur und halten diese für stabil bzw. einem Endzustand zustrebend, weshalb jeglich Art von Störungen abgewendet werden müssten. Tatsächlich ist Natur jedoch immer dynamisch und immer von Störungen wie Waldbränden, Windbruch, Lawinen, Insektenfraß, Borkenkäfern, Pathogenen usw. geprägt. Diese Störungen setzen Teile von Ökosystemen zurück, indem sie lebende Biomasse beseitigen und die Ressourcen neu verteilen. Danach setzt sich die Sukession von einem niedrigeren Niveau wieder fort, wobei nach einem "Reset" auf verschiedenen Flächen verschiedene Pflanzengesellschaften neu entstehen können und daher auch keine eindeutige Klimaxgesellschaft existiert. Jedenfalls wird durch diese Störungen die Artenvielfalt erhöht, da unterschiedliche Lebenräume und Suzessionstadien für unterschiedlichen Arten geeignet sind. Man geht davon aus, dass mittlere Störungen die höchste Biodiversität induzieren. Eine höhere Biodiversität macht Ökosysteme potentiell resilienter, da der Ausfall einzelner Arten dann von anderen Arten eher kompensiert werden kann.

Die Wälder Mitteleuropas wurden früher insbesondere durch Großherbivoren wie z.B. Wildpferd, Urrind, Auerochse und Europäischer Waldelefant geprägt, die diese durch (selektiven) Fraß und Betritt störten und somit auflichteten, Flächen teilweise waldfrei hielten und die Artzusammensetzung beeinflussten. All diese Großherbivoren wurden mit hoher Sicherheit durch den Menschen ausgerottet, weshalb das Störungsregime heute nicht mehr das natürliche ist, selbst wenn der Mensch nicht mehr eingreift. Sogenannte Urwälder und Wildnisse in Mitteleuropa sind daher nicht als solche zu bezeichnen, sondern stellen künstliche, vom Menschen beeinflusste Lebensräume dar, die so nicht existieren würden, wäre der Mensch nie dagewesen. Jedoch kompensierte und kompensiert die traditionelle Landwirtschaft wie auch die traditionelle Mittelwaldbewirtschaftung - früher zudem die Waldweide - den Ausfall der Großherbivoren bzw. übernahm deren Rolle und bewahrte viele Elemente der Urlandschaft. Durch den regelmäßigen Holzeinschlag hielt nun der Mensch die Wälder offen. Viele lichtliebende Arten könnten in Mitteleuropa ohne diese Störungen, ob nun durch Tiere oder Mensch verursacht, nicht überleben und würden aussterben, weshalb die Aufrechterhaltung der traditionellen Bewirtschaftung für die Erhaltung Artenvielfalt essentiell ist. Vgl. dazu Wohlgemuth & al. 2019.