Die Teiche im Wittingauer Becken

Beispielsweise Lokalfloren, Taxonomie, Sippen- und Gebietsdiskussionen, Fachexkursionen
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Stefan Lefnaer
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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 30. Juli 2022, 22:24

Hier ein paar Eindrücke von einem kleinen Himmelsteich nächst Illmanns.

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Am Ufer Comarum palustre (= Potentilla palustris), leider schon verblüht:

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Im Wasser schwimmend zahlreich Utricularia australis (neu für Qu. 7056-2):

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Für mich am interessantesten war Nitella flexilis, da ich die Art noch nicht kannte. Leider habe ich dazu keine Verbreitungskarte. Wie häufig und wo seht ihr diese Characee?
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Stefan Lefnaer
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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 2. Dezember 2023, 17:47

Ich bin gerade dabei meine Fotos und Belege der heurigen Waldviertelexkursionen aufzuarbeiten und werde nun hier immer wieder Fotos und Beschreibungen von Teichen einstellen. Viele Arten wurden sicher schon weiter oben einmal vorgestellt. Das soll aber nicht stören, da es primär um die Dokumentation der einzelnen Wuchsorte geht.

Fangen wir an mit dem Hornwehrteich, zwischen Reitzenschlag und Groß-Radischen in einer Teichkette gelegen. Der Teich ist an allen Seiten von Wald umgeben und war heuer randvoll. Aufgrund der Einbindung in die Teichkette füllt er sich wohl nach jedem Abfischen wieder schnell.

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Die Ufer sind also floristisch uninteressant. Von Interesse ist nur die am Bild oben sichtbare Anlandestelle für Boote und vor allem der Überfall links daneben. Hier, direkt neben dem Fischrechen, war Sparganium emersum  VU , in der BM  EN , zu finden:

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Noch besser ist zweifellos Potamogeton obtusifolius  EN , für das es laut FKÖ-Karte noch keinen Nachweis aus dem Litschauer Ländchen gibt.

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Am folgenden Bild ist die offene Blattscheide sichtbar:

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Typisch sind die linealischen Laubblätter mit abgerundeter Spitze:

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Sowie die am Rücken scharf gekielten Früchtchen:

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Hier kann man alle Fotos vom Hornwehrteich ansehen.

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 2. Dezember 2023, 19:35

Mit den Fischteichen ist das so eine Sache: meist sind sie randvoll angespannt und daher floristisch bis auf eine paar Randbereiche uninteressant. Also muss man stets nach gerade abgelassenen Teichen Ausschau halten. Glücklicherweise gibt es im Waldviertel, gerade im Litschauer Ländchen, so viele Teiche, dass man immer wieder fündig wird. Ein Beispiel wäre dieser kleine Teich 1,3 km NNW Heidenreichstein der anscheinend aufgrund von Instandhaltungsarbeiten gezogen wurde und heuer einen Schlammboden mit einer interessanten Flora aufwies.

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Es handelt sich um keinen großen Teich mit regelmäßig trockenfallenden Ufern von dem spektakuläre Funde zu erwarten wären, sondern um einen kleinen mit steilen Ufern, aber immerhin um einen älteren Teich der schon in der Urmappe verzeichnet ist. Entsprechend waren einige typische Teicharten zu zu finden, wie Carex bohemica  EN 

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Eleocharis ovata  EN 

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Eleocharis acicularis  VU , in der BM  EN 

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Callitriche palustris s.str.  LC 

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Rumex maritimus  VU 

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Alle Fotos vom Teich gibt es hier.

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Samstag 2. Dezember 2023, 20:01

Weiter geht es zum Groß-Radischen-Teich, einem großen alten Teich, den ich im Sommer leider noch nie im abgelassenen Zustand sehen konnte. Umgeben ist der Teich von recht interessanten (solange sie noch nicht gemäht sind) Feuchtwiesen.

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Die Uferzone ist von größerwüchsigen und meist ausdauernden Pflanzenarten bestockt. Häufig ist Carex acuta  VU ...

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Dazwischen wachsen auch seltenere Arten wie Comarum palustre  VU 

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Lysimachia thyrsiflora  EN 

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und ein größerer Bestand von Spiraea salicifolia  VU 

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Heuer hatte ich trotzdem Glück weil der Teichwirt anscheinend an einer Stelle mit schwerem Gerät zufuhr und eine Schneise in die Ufervegetation gerissen hat:

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Auf dem offenen, nassen, sandigen Boden keimten sofort ein paar einjährige typische Teicharten wie Elatine hydropiper  EN 

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Eleocharis ovata  EN 

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Auch ein Sternlebermoos, Riccia fluitans, war dabei.

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Aus technischer Sicht ist noch diese Ansicht des mächtigen Überfalls samt Fischrechen von Interesse:

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Alle Fotos gibt es wieder hier.

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Jürgen Baldinger » Sonntag 3. Dezember 2023, 08:18

Danke für das Teilen dieser interessanten Dokumentationen.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 3. Dezember 2023, 18:27

Über meinen Wiederfund von Nymphaea candida  LC , in der BM  CR , für Niederösterreich letztes Jahr hatte ich hier berichtet. Heuer konnte ich die Art in drei weiteren Teichen im nordwestlichen Waldviertel nachweisen. Der erste Fundort ist der Hemmerteich am südlichen Ortsrand von Heidenreichstein. Wobei der Ort erst in den letzten Jahrzehnten mit Siedlungen und Industrieanlagen an den Teich herangerückt ist. In der Urmappe liegt er noch einsam in der Landschaft. Aus meiner Sicht ist daher durchaus von einem natürlichen oder besser naturnahen Vorkommen auszugehen. Eine anthropogene Verbreitung der Art durch die Teichbewirtschaftung, z.B. beim Abfischen oder Zufüttern, ist nämlich durchaus denkbar. Die Population ist recht groß und mehr oder weniger regelmäßig über die ganze Teichfläche verteilt. Im Folgenden Fotos des Fundorts und der Pflanzen im Detail:

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Hier gibt es alle Fotos vom Hemmerteich.

Im Folgenden noch meine vorläufige Verbreitungskarte für Nymphaea candida im Waldviertel. Über die zwei weiteren neuen Fundorte werde ich später hier berichten.

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 3. Dezember 2023, 21:35

Ein weiterer abgelassener Teich, den ich heuer untersuchen konnte, ist jener Teich 1,5 km SO von Gmünd. Es handelt sich dabei um einen kleineren, rechteckigen Teich, vielleicht einen Streckteich, der in der Urmappe noch nicht verzeichnet ist. Die Ufer sind steil und daher normalerweise uninteressant. Hier ein paar Ansichten (ich habe es geschafft immer bei schlechtem Wetter dort zu sein, dafür habe ich nicht geschwitzt):

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Nach dem Ziehen des Teichs entstanden auf den schlammigen Böden interessante Schlammlingsfluren:

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Ich habe dort folgende Arten kartiert: Bolboschoenus yagara  EN , in der BM  G , ist eine konkurrenzstarke, hochwüchsige, ausdauernde Art die, so wie Typha latifolia  LC , auch im angespannten Zustand des Teichs an dessen Rand sicherlich dauerhaft vorhanden ist.

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Callitriche palustris s.str.  LC  hier etwas oberhalb der Bildmitte als dichter, großer hellgrüner Teppich sichtbar:

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Interessant ist das Auftreten der Elatine-Arten. Beim meinem ersten Besuch Anfang August war ausschließlich Elatine hexandra  EN  reichlich vorhanden.

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Ende August übernahm dann Elatine triandra  EN  die Herrschaft während Elatine hexandra stark zurückging.

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Hier Elatine hexandra und Elatine triandra nebeneinander:

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Eleocharis acicularis  VU , in der BM  EN :

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Eleocharis ovata  EN :

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Potamogeton trichoides  EN  bildete teilweise am Grund des Teichs einen dichten Teppich absterbender Pflanzen:

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Sparganium emersum  VU , in der BM  EN :

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Ohne Fotos bzw. teilweise auf den obigen Fotos beiläufig sichtbar habe ich noch folgende Arten notiert: Alisma plantago-aquatica s.str.  LC , in der BM  NT , Bidens tripartita  NT , Carex acuta  VU , Equisetum fluviatile  LC , in der BM  VU , Lythrum portula  VU , Persicaria minor  LC , Potamogeton natans  LC , in der BM  NT  und Ranunculus sceleratus  NT , in der BM  VU .

Hier alle Fotos.

kurt nadler
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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon kurt nadler » Montag 4. Dezember 2023, 22:26

Ad viewtopic.php?f=38&t=2499&start=30#p24345:
"Carex acuta" können wir angesichts der Horstigkeit nicht ganz gut nachvollziehen. Schaut aus, wie wenn elata hybridogen beteiligt wäre.
Oder täuscht das Bild die Horstigkeit vor?

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Dienstag 5. Dezember 2023, 07:33

Ich habe die Pflanzen damals geprüft und war mir sicher. Belege zum Nachbestimmen gibt es hier und hier.

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Re: Die Teiche im Wittingauer Becken

Beitragvon Stefan Lefnaer » Mittwoch 6. Dezember 2023, 18:43

Nun wenden wir uns dem Kufsteinteich zu, einem bedeutenden alten Teich westlich oberhalb von Litschau gelegen. Als Himmelsteich füllt er sich nur langsam in Abhängigkeit vom lokalen Wetter bzw. Regengüssen. 2022, so erzählte uns der Teichwirt den wir zufällig trafen, war er so voll wie schon lange nicht. 2023 waren dann im Sommer breite Uferstreifen trocken und boten einer reichhaltigen Teichflora Platz. Zuerst zeige ich einige allgemeine Bilder vom Teich. Fischteiche werden für gewöhnlich an einer Stelle angelegt wo die Erdoberfläche in Form eines flachen Trichters nach einer Seite abfällt. Diese Seite wird mit einem Damm abgeschlossen um Wasser einstauen zu können. Aus der Folgenden Landkarte ist dies ersichtlich:

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Der Damm wurde mit Stiel-Eichen bepflanzt damit deren Wurzeln die Stabilität erhöhen:

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Hier ein Bild vom Zapfen, durch das Ziehen desselben kann der Teich abgelassen werden:

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Hier ein paar Übersichtsbilder vom Kufsteinteich, zuerst vom südlichen Eck Richtung Norden:

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Vom nördlichen Eck Richtung Südosten:

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Vom Nordufer Richtung Südwesten:

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Die Ufer waren im Sommer recht dicht und hochwüchsig bewachsen. Eine Zonierung bzw. Abgrenzung verschiedenen Pflanzengesellschaften (Isoeto-Nanojuncetea-, Littorelletea- und Bidentetea-Arten usw.), wie sie öfters postuliert werden, war nicht deutlich erkennbar. Solche Einteilungen sind eher etwas für Theoretiker, in der Realität hängt der Bewuchs stark von den lokalen Störungen ab. An Stellen wo Tiere ans Ufer gehen um zu trinken, Boote angelandet oder Zugefahren wird um Zuzufüttern, werden die Böden geöffnet und dort dominieren kurzlebige Arten. An ungestörten Stellen dominieren langlebige, ausdauernde Arten. An einigen Stellen besteht die paradox wirkende Situation, dass die vorderen Bereiche am Wasser mit ausdauernden, konkurrenzstarken Arten bewachsen sind, die weiter hinten gelegenen offener und weniger dicht bewachsen sind. Auf den folgenden Fotos kann man das hoffentlich einigermaßen erkennen:

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Der Grund dürfte einfach darin liegen, dass die Teichbewirtschafter den hinteren, an den Wald angrenzenden Teil, freigeschnitten haben um ein Einwandern von Erlen usw. in den Teich zu verhindern. Auch ist keine Zonierung der langlebigen, konkurrenzstarken Arten zu erkennen. An manchen Stellen dominiert Phragmites australis, an anderen Carex acuta, Bolboschoenus yagara oder Juncus filiformis. Vermutlich ist es einfach ein Zufall welche konkurrenzstarke Art zuerst Fuß fassen kann, den Platz okkupiert und dann keine andere mehr aufkommen lässt. In solch dynamischen Systemen kann letztlich keine Art beliebig lange an einer Stelle wachsen da dann eine starke Störung stattfindet die für einen Neuanfang sorgt. Die Artzusammensetzung ändert sich nach einem solchen "Reset" sehr schnell, einen Monat später können ganz andere Arten dominant sein als zuvor. Zu versuchen die Vegetation in irgendwelche Schubladen zu stecken kann kaum funktionieren, da die Schubladen weder Wände haben, die sie klar abgrenzen, noch eine zeitliche Stabilität herrscht.


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