Bei der Lobauexkursion gestern, SA 26.03., haben wir "heisse Diskussionen" bezüglich Veilchen gehabt - dabei gibt es in der Lobau ja eh nur wenige Arten - von den Rosettenveilchen nur Viola suavis, odorata und hirta.
Trotzdem sind die Populationen so variabel, dass es oft schwer ist zu sagen, was davon natürliche Variationsbreite innerhalb der Art ist und was man tatsächlich als Hybriden ansprechen soll bzw. muss - diesbezüglich ist die Fachwelt ja auch recht uneins, hier gibt es Experten, die von sehr vielen Hybriden und ganzen Hybridschwären ausgehen, und wieder andere, die die Meinung vertreten, dass das Volumen der Hybriden stark übertrieben ist und die Arten ganz einfach relativ variabel sind.
Letztlich klären lässt sich das vielleicht nur mit einer gross angelegten genetischen Studie, auf Exkursion sind wir jedenfalls auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen.
Aber als kleine Nachschau die Merkmale Blütenfarbe und Blattspreite bei diesen 3 Arten dokumentiert - die Bilder sind vom Donnerstag, 24.03. (gestern auf Exkursion bin ich nicht viel zum Fotografieren gekommen).
Blütenfarbe:
Typische V. suavis hat ein sehr deutlich ausgeprägtes weisses Zentrum, das "sollte" "so" eigentlich sonst kein anderes der heimischen Veilchen haben (aber siehe die kuriose cf odorata von Stefan weiter oben); ausserdem geht der Farbton deutlich ins bläuliche.
Man sieht auch V. suavis, die eher ins Violette "abdriften" (also +/- in Richtung odorata), das ist dann kein "gutes Zeichen", weil man sich dann entscheiden muss, ob man hier natürliche Variation oder doch vielleicht hybriden Einschlag sehen möchte. - Bei Albinos gibt es dieses Merkmal natürlich nicht, dann muss man anhand der sonstigen Merkmale entscheiden, also insbes. Ausläufer, Vorblatt und Blattspreite; ich selbst hab noch keine suavis-Albinos gesehen, alle Albinos mit "suavis"-Verdacht haben sich bisher bei mir als odorata bestätigen lassen.
So jedenfalls typische suavis:
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Typische V. odorata ist zwar im Zentrum auch etwas heller bis weisslich, aber dieser hellere Farbton geht nie so wie bei suavis mehrere Millimeter das Kronblatt hinauf; und die Kronblätter selbst sind dunkelviolett: auch die Blütenfarbe ist also deutlich anders. Auch hier sieht man aber Variation (wobei Stefans odorata mit weissem Zentrum wirklich ein Extremfall ist), und es gibt gar nicht so selten Albinos, die dann natürlich auch wieder aufgrund der sonstigen Merkmale bestimmt werden müssen.
So jedenfalls typische odorata:
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Typische V. hirta hat einen violetten Farbton, der aber sehr viel heller ist als bei odorata - heller auch als bei typischer suavis, insbes. aber nicht ins Blaue gehend; in typischer Ausprägung auch hier klar kein weisses Zentrum, sondern nur so wie bei odorata eine etwas hellere Mitte, hirta ist hier aber sehr variabel und ich habe schon alles mögliche gesehen - etwa ein unregelmässiges weisses Zentrum, das +/- so weit das Kronblatt rauf geht wie bei suavis, jedoch nicht so scharf umgrenzt ist - also mit unregelmässigem Rand, "fleckig" wirkend, bzw. auch als Ganzes "fleckige" Kronblätter (weiss und +/- hellviolett). Auch Albinos sind wohl möglich, wirklich rein weisse hirta sind mir aber bis jetzt nicht untergekommen, es war immer zumindest noch ein bisserl Violett vorhanden.
So nun typische hirta:
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In der Lobau sind Populationen mit Veilchen relativ häufig, die eigentlich wie V. hirta ausschauen (kein Duft, Blattspreite und Vorblatt passt +/-), aber deutliche Ausläufer haben (meist unterirdisch, fallweise aber auch oberirdisch) - ich würde diese als V. hirta x odorata ansprechen (hier schon mehrfach gezeigt, ich verlinke mal auf einen älteren Thread von
Oliver Stöhr): auch hier sind wir aber zu keinem einhelligen Urteil gekommen.
V. suavis ist relativ häufig und die berechtigt gestellte Frage, warum es denn nicht eine Hybride mit suavis sein könne (insbes. auch wegen der unterirdischen Ausläufer), hätte ich dahingehend beantwortet, dass einerseits das deutliche weisse Zentrum fehlt, andrerseits aber auch der Farbton eher ins violette geht - also an einen Einschlag von odorata denken lässt.
Ökologisch scheinen diese Populationen ausserdem den harten Auwald deutlich zu bevorzugen, während V. hirta klassischerweise ja auf Wiesen bzw. am Saum vorkommt; ausserdem sind sie wesentlich wüchsiger, regelrecht mastig, verglichen mit +/- typischen V. hirta, odorata und suavis.
Hier wird's dann also schon schwierig. So jedenfalls der Farbton dieser offenbar hybridogenen Population (die Merkmalskombination lässt jedenfalls nicht an eine "reine" Art denken):
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Und jetzt auch noch zum Vergleich die typische Spreitenform.
Viola suavis - +/- so lang wie breit, jedoch deutlich zugespitzt:
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Viola odorata - nicht nur so lang wie breit, sondern typischerweise fast kreisrund bzw. jedenfalls nicht zugespitzt:
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Viola hirta - viel länger als breit und deutlich zugespitzt; auch meist viel stärker behaart, aber die Behaarung ist kein so beständiges Merkmal insbes. bei den ganz jungen Laubblättern wie diesem hier, die längliche Form dagegen ist wirklich verlässslich vorhanden:
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Und schliesslich die (mutmassliche) Hybride Viola hirta x odorata = Viola x scabra: ebenfalls deutlich länger als breit, nahezu wie typische V. hirta, vielleicht eine Spur kürzer (und weniger stark behaart, aber auch hier verlasse ich mich mehr auf die Spreitenform); hier im Bild übrigens auch mal mit deutlich sichtbarem oberirdischem Ausläufer:
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Meine Herangehensweise bei den Veilchen ist nun die, dass ich tatsächlich aufgrund Blüte und Spreite mal eine "Erstdiagnose" stelle, und wenn der erste Eindruck nicht eindeutig ist (oder ich bei typisch wirkenden die Merkmale nachprüfen möchte), dann schau ich mir die Veilchen genauer an, und revidiere dann womöglich mein erstes Urteil.
Vielleicht hilft das ja ;-)
Dass es noch viele weitere Hybriden gibt - etwa V. hirta x ambigua (letztere fehlt aber in der Lobau) -, macht es nicht grad einfacher, aber hey, wer hat behaptet, dass Veilchen einfach sind?! :-D