Auswirkungen des Klimawandels auf Halbtrockenrasen

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Stefan Lefnaer
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Auswirkungen des Klimawandels auf Halbtrockenrasen

Beitragvon Stefan Lefnaer » Sonntag 6. März 2022, 19:23

Dass die menschgemachte Klimakrise massive negative Auswirkungen auf die Menschen haben wird, dürfte wohl außer Frage stehen. Bei den Auswirkungen auf die Natur sehe ich dies nicht so eindeutig. Die bisherigen Hauptgefährdungsfaktoren von Halbkulturformationen wie Trockenrasen, aber auch von extensiv bewirtschafteten Äckern sind bisher eindeutig der Landnutzungswandel (Intensivierung wie Nutzungsaufgabe gleichermaßen) sowie die Eutrophierung der Landschaft durch Kunstdünger, Futtermittelimporte und das Verbrennen fossiler Brennstoffe. Inwieweit sich die Klimakrise hier in Zukunft negativ auswirken wird, kann vermutlich im Moment nicht seriös beantwortet werden. Ich habe auch noch nie von entsprechenden Studien gehört, da alle in den Alpen über die Auswirkungen des Klimawandels forschen, da das jetzt "in" zu sein scheint und das Pannonikum anscheinend ignoriert wird. Ich bin aber beileibe keine Experte und möglicherweise gibt es da auch etwas, vielleicht in den anderen Staaten mit pannonischer Flora.

Speziell bei Halbtrockenrasen, deren Störungsregime, die Beweidung, vor einiger Zeit aufgegeben wurde, bilde ich mir ein positive Auswirkungen der Erderwärmung beobachten zu können. In einigen entsprechenden Flächen im Weinviertel haben sich in den letzten Jahrzehnten invasiv Rot- und auch Schwarz-Föhren aus Anpflanzungen ausgebreitet. Z.B. am Burgstall bei Haslach und auch am Sauberg. Wie man an den Bildern unten erkennen kann, sind diese nun wieder großteils abgestorben, der Rest gelb verfärbt und wohl angezählt. Ich würde das auf die Hitzesommer zurückführen, die Gymnospermen wegen deren im Unterschied zu Angiospermen weniger leistungsfähigen Leitungsbahnen nicht überstehen. Was meint ihr zu der Thematik bzw. welcher Erfahrungen habt ihr gemacht?

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Norbert Sauberer
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Re: Auswirkungen des Klimawandels auf Halbtrockenrasen

Beitragvon Norbert Sauberer » Sonntag 6. März 2022, 20:48

Ja, ich denke auch, dass wir uns um die Trockenrasen zukünftig weitaus weniger Sorgen machen müssen als um die Feuchtwiesen und Moore .....
Vielleicht sollten wir einen NaturSTAUbund gründen ....

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Norbert Sauberer
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Re: Auswirkungen des Klimawandels auf Halbtrockenrasen

Beitragvon Norbert Sauberer » Sonntag 6. März 2022, 20:54

Dazu passend auch das massive Absterben alter (vermutlich aufgeforsteter) Schwarzföhren im NSG Eichkogel.
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kurt nadler
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Re: Auswirkungen des Klimawandels auf Halbtrockenrasen

Beitragvon kurt nadler » Montag 7. März 2022, 19:47

auch wir haben in den letzten jahren unterschiedliche erfahrungen gemacht:
es gibt im von uns besuchten oso-österreich-pannon positiveffekte, da trockenheit auch die nährstoffverfügbarkeit drosselt, jedoch schädigen die dürreperioden auch zumindest jahrweise orchideenbestände und das manchmal mehrjährig wiederholt. dennoch sind die populationen an "gesicherten" standorten gut unterwegs und grade himantoglossum explodiert zumindest gebietsweise förmlich.
auf der anderen seite haben zumindest an der linie alpen - leithagebirge - karpaten die letzten wenigen jahrzehnte die niederschläge vor allem im sommerhalbjahr deutlich zugenommen, was die verstärkte verdunstungsrate durch die erwärmung wiederum kompensiert. trifft aber auf das weinviertel nicht mit dieser systematik zu. angeblich wirds dort wärmer und nicht feuchter. grade vergangenes jahr hatten wir am spitzerberg niederschlagsbedingt rel. hohe aufwuchsbiomassen (mai- und hochsommerregen). verdorrende gehölze hätten wir gerne, spielts aber nicht, es wird ja auch die humuskapazität infolge des anwachsenden bestandsabfalls immer höher.

Scotiella
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Re: Auswirkungen des Klimawandels auf Halbtrockenrasen

Beitragvon Scotiella » Dienstag 8. März 2022, 21:22

Eine sehr komplexe Thematik.
Ich beobachte seit mehreren Jahren die "Produktivität" der Halbtrockenrasen von Tieflagen in OÖ anhand des produzierten Samenmaterials. Das ist natürlich nur eine Kenngröße. Hier ist zu sagen, dass besonders trockene Jahre, wie wir sie in den späten 10er Jahren hatten, die Samenausbeute wesentlich reduziert, und zwar quer durch die Bank bezüglich des Artenspektrums. Für Früh- oder Spätblüher gilt das meist abgeschwächt.
Ich denke, die deutsche Bezeichung Halbtrockenrasen ist etwas irreführend, denn die brauchen es gar nicht so trocken. Bei richtiger langfristiger Bewirtschaftung gedeihen sie auch in feuchten Jahren bestens.
Ich bin wie Stefan der Meinung, dass der Klimawandel auf den Bestand unserer HTR vorerst weniger Auswirkungen hat als die weithin bekannten Gefahren Überdüngung und Verbrachung.
LG
Daniel


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