Blütenökologie von Nigella arvensis

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Stefan Lefnaer
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Blütenökologie von Nigella arvensis

Beitragvon Stefan Lefnaer » Montag 4. Juli 2022, 12:34

Ich möchte an dieser Stelle den Blick auf die komplizierte Blütenökologie von Nigella arvensis lenken. Die schöne, v.a. in Äckern auftretende, aber leider immer seltener werdende Art kennt sicher jede und jeder. Den Aufbau der Blüten haben sich aber vielleicht noch nicht alle so genau angesehen:

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Man erkennt fünf weiße bis hellblaue, kronblattartige Kelchblätter, die wohl dazu dienen die Bestäuber auf größere Entfernungen anzulocken. Darüber liegt ein Kreis von zu Nektarblättern umgeformten Kronblättern. Hier ein solches Nektarblatt im Detail:

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Unten im knotig verdickten Knie befindet sich das eigentliche Nektarium (N), in dem der Nektar für die Bestäuber bereitgestellt wird. Das Nektarium ist von oben durch eine Röhre erreichbar, die durch eine Klappe mit einem Öffnungsmechanismus (O) verschlossen ist. Darüber befindet sich eine Landezone (LZ) für Insekten, die praktischerweise mit zwei Haltegriffen ausgestattet ist, damit diese einen guten Halt finden. Direkt neben der Klappe befinden sich zwei Pseudonektarien, die das, z.B. für Bienen sichtbare, UV-Licht reflektieren und als eine Art Positionslichter dienen und die Bestäuber am letzten Stück des Weges effizient heranführen.

Die Funktionsweise des Öffnungsmechanismus kann man am folgenden Foto erkennen. Rechts habe ich diesen mit einer Präpariernadel geöffnet, wodurch das Loch zum Nektarium sichtbar wird. In der Natur wird der Mechanismus natürlich vom Insekt mit dem Kopf betätigt, danach kann es seinen Rüssel in das Loch reinhängen und schlürfen. Möglicherweise dient der Verschluss dazu den Nektar vor Verdunstung, Feuchtigkeit oder auch durch unerwünschte Entnahme durch Tiere, die nicht der Bestäubung dienen (z.B. Ameisen?), zu schützen.

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Oberhalb der Nektarblätter befinden sich die Staubblätter. Die Blüten des Acker-Schwarzkümmels sind ausgeprägt proterandrisch: In der "männlichen" Blühphase reift jeden Tag einer der Staubblattkreise und biegt sich nach außen, um blütenbesuchende Insekten auf dem Rücken mit Pollen einzustäuben. Dies setzt sich solange fort bis sämtliche Staubblätter ausgereift und entleert sind.

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Hier ein paar Aufnahmen von einem Bestäuber, wie dieser von Nektarblatt zu Nektarblatt im Kreis krabbelt und dabei ordentlich eingestäubt wird:

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Die innerhalb der Staubblätter liegenden drei bis fünf Fruchtblätter sind miteinander verwachsen, ihre Griffel liegen frei. In der "weiblichen" Phase der Blüte (wenn also sämtliche Staubblätter leer sind) krümmen sich nun auch die Griffel nach außen und nach unten, um die Bestäuber zu erreichen und den aus "männlichen" Blüten mitgebrachten Pollen von ihnen abzustreifen.

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Praktisch sieht dann so aus:

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Welch eine ausgeklügelte und hochgradig leistungsfähige Entwicklung der Natur! Wenn man sich ansieht wie schlecht oft vom Menschen entwickelte Dinge funktionieren, ist es noch beeindruckender.

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Norbert Sauberer
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Re: Blütenökologie von Nigella arvensis

Beitragvon Norbert Sauberer » Dienstag 5. Juli 2022, 21:04

Tolle Fotos, super Beitrag!!!

Peter Pilsl
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Re: Blütenökologie von Nigella arvensis

Beitragvon Peter Pilsl » Mittwoch 6. Juli 2022, 13:29

Ja echt super, habs gleich an den Blütenökologen an der Uni weitergleitet....
Peter Pilsl
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