Seite 1 von 3

Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Montag 24. Juni 2019, 20:01
von Oliver Stöhr
Liebe alle,

Frage in die Runde: wie geht es euch mit der Gruppe um Erigeron annuus und den infraspezifischen (tw. im Artstatus) geführten Taxa?

Was ich regelmäßig sehe ist folgender Typ:
0Y0A0070.jpg
Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
0Y0A0070.jpg (513.86 KiB) 4643 mal betrachtet
Blätter grob gezähnt, Stängel abstehend behaart, Strahlenblüten länger als Scheibe - damit kommt man nach EFÖLS schnell und rel. zwanglos zu Erigeron anuus ssp. annuus, die wohl häufigste Sippe.

Dann gibt es aber auch so etwas - hier syntop mit Erigeron anuus ssp. annuus vorgestern in Lavant (OT):
0Y0A0069.jpg
Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
0Y0A0069.jpg (445.5 KiB) 4643 mal betrachtet
Dieser Typ hat ganzrandige Blätter, eine rel. deutliche, abstehende Stängelbehaarung sowie Strahlenblüten, die kürzer als die Scheibe sind. Lt. EFÖLS ev. subsp. septentrionalis, aber die Stängelbehaarung ist dann wohl doch etwas zu stark ausgeprägt, oder? Auch mit "Blumen in Schwaben" kommt man mit etwas Augenzudrücken wohl dorthin (vgl. http://www.blumeninschwaben.de/Zweikeim ... annuus.htm). Im Kritischen Rothmalerband wird aber die subsp. septentrionalis nur bei E. annuus inkludiert ...

Wer hat schon Erfahrungen mit diesem kritischen Formenkreis gemacht?

Viele Grüße
Oliver

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Mittwoch 26. Juni 2019, 10:41
von Peter Pilsl
Hallo Oliver!
Generell ignoriere ich die Unterarten von Erigeron annuus, da man mit den aktuellen Schlüsseln nicht recht ans Ziel kommt.
Die von dir genannten Formen "ssp. annuus" finde ich in Salzburg gelegentlich auch in der typischen Form. Dazwischen aber ein Brei von Übergängen zur meiner Meinung nach viel häufigeren "ssp. septentrionalis".
Bei den annuus-Fomen ist mir aufgefallen, dass diese bei uns meist im Herbst/Spätsommer auftreten, aber das kann vielleicht auch nur ein Zufall sein...

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Mittwoch 26. Juni 2019, 21:39
von Oliver Stöhr
Hallo Peter,

die unterschiedliche Handhabung der Gruppe in den aktuellen Schlüssel deutet mE auch darauf hin, dass hier noch taxonomische Unsicherheiten herrschen und man im angewandten (floristischen) Bereich die infraspez. Taxa derzeit vielleicht besser ignoriert und alles unter "E. annuus" kartiert. Unklar ist für mich auch noch der strigosus-Typ - was immer das sein soll.

Dass die annuus-Formen im Spätsommer/Herbst auftreten kann ich aus Osttiroler Sicht nicht bestätigen, die sehe ich auch schon im Frühsommer. Bei uns fällt jedenfalls auf, dass die beiden oben abgebildeten Formen im Lienzer Becken nicht selten nebeneinander wachsen, ob das dann gute Subspezies sind, ist fraglich ...

Viele Grüße
Oliver

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Freitag 28. Juni 2019, 23:50
von kurt nadler
danke für hinweis.
musste mir hierzu noch nie gedanken machen.
so schauns grad im breitenbrunner hof aus: langstrahlige zungenblüten, ganzrandiges bis wenig gezähntes stängellaub, eher einzelne abstehende borstige stängelhaare. jungköpfe nickend, also alles andere als strigosus.

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Dienstag 2. Juli 2019, 00:39
von kurt nadler
... und am 30.6. im prellenkirchner garten (ortsmitte):
wohl selbe sippe:
lange strahlen, weitgehend ganzrandiges stängellaub.
ich bleib bis auf weitres bei "annuus" und freu mich auf abweichende formen.

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Dienstag 2. Juli 2019, 08:20
von kurt nadler
und im detail:
nickende knospen, stängel oben jedenfalls keine borsten, unterm korb eher "strigos"

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Dienstag 9. Juli 2019, 16:12
von kurt nadler
und andere sippe im prellenkirchner hintaus, ein paar m weiter großer bestand, grade zuvor entdeckt, da auffällig kurzzüngig; leider windbedingt kaum scharfzukriegen.
blattsägung ist etwas stärker und geht weiter rauf. achsentragblätter etwas auffallend basal am rand bewimpert. kopfknospen keinesfalls nickend! äste deutlich weniger spreizend, also engerer winkel als bei den langstrahligen beständen im selben garten. allerdings stehen letztere auch ein äutzerl geschützter als die exponierter vorkommenden kurzzüngler. grobe standorte siehe karte.
demnächst werd ich wohl übergangstypen suchen sollen, wenn sie mir nicht vorzeitig vertrockenen. habe heute auf die gache aber nur die 2 verschiedenen typen gesehen. wenns keine zwischenformen gibt, besteht ja wohl apomikten- und "art"-verdacht.
merkmalsübereinstimmung mit den im fischadler umrissenen typen find ich keine.
fotos: erigeron annuus, 9.7.2019, prellenkirchen-ortsmitte.

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Dienstag 9. Juli 2019, 19:31
von kurt nadler
hier noch ein foto mit etwas sichtbaren feineren merkmalen von der prellenkirchner langstrahlpopulation (ganzrdges. laub, hängende knospen):

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Mittwoch 30. September 2020, 19:52
von kurt nadler
heute die zwei in prellenkirchen bekannten sippen neben- und ineinander an der leithaböschung in gattendorf: die kurzstrahlige mit gelblicherem laub, die langstrahlige mit bläulichen zungen. letztere sollte die hängenden kopfknospen haben, hab ich aber nicht untersucht.

Re: Erigeron annuus s.l.

Verfasst: Donnerstag 1. Oktober 2020, 20:33
von Michael Hohla
Liebe Kollegen,
ich mache es wie Peter, ich unterscheide Erigeron annus subsp. annus und subsp. septrentrionalis nicht mehr. Ich glaube mich an Publikationen zu erinnern, wonach die Unterscheidung dieser beiden Unterarten nicht möglich ist. Mir ist heuer in Kärnten aufgefallen, dass dort hauptsächlich Pflanzen mit sehr grob gezähnten Blättern wachsen, die ich aus Oberösterreich nicht kenne.
Bei Erigeron annus subsp. strigosus ist die Sache anders, sie lässt sich unterscheiden, was auch genetisch nachvollziehbar ist.
Für Deutschland wurde diese Sippe nun sicher durch Rainer Otto und Filip Verloove nachgewiesen: https://www.friscris.be/nl/publications/erigeron-annuus-subsp-strigosus-in-euromedchecklist-notulae-11(0cd2dbc3-39fb-4a28-8451-fe9941347770).html
Ich vermute, dass alles was bisher bei uns als Subsp. strigosus bezeichnet wurde, nicht diese Unterart ist.
Lest am besten das Willdenowia-Paper.
Liebe Grüße, Michael