Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

= Blütenpflanzen; Bestimmungsfragen
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Hermann Falkner
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Re: Viola-Workshop (Viola sect. Viola) - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Hermann Falkner » Dienstag 11. April 2017, 21:41

Intressant, ist mir von dort noch nicht aufgefallen, obwohl ich die ganz gut kenne, aber man schaut ja nicht jedes Veilchen an - da würde man nie fertig werden ;-)

Oliver Stöhr
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Viola-Workshop (Viola sect. Viola) - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Oliver Stöhr » Mittwoch 12. April 2017, 11:55

Gratulation Stefan - dieser Beitrag mit seinen tollen Bildern und der kritischen Analyse ist für mich beispielgebend - gerne mehr davon ;-)
Viele Grüße
Oliver

Oliver Stöhr
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Viola sororia

Beitragvon Oliver Stöhr » Sonntag 16. April 2017, 21:21

Liebe alle,

als kleine Ergänzung zum Viola-Workshop - es sind ja bislang bei weitem noch nicht alle bei uns vorkommenden Arten und Hybriden besprochen worden - ein Exkurs in die aus N-Amerika stammende Viola sororia. Diese wird bei uns gelegentlich kultiviert und verwildert fallweise, obgleich dies bislang kaum dokumentiert ist. Adventive Nachweise lt. EFÖLS 2008 liegen nur aus K, S und SüdT vor; als adventiver Lebensraum wird sie dabei von Parkrasen angeführt. Zu ergänzen ist nun auch ein neophytisches Vorkommen in Osttirol, wo ich die Art seit letztem Jahr von einer Zierhecke und einem Parkrasen-Fragment in Nussdorf-Debant kenne. Siehe dazu auch die Fotos von heuer (unten).

Diese Art hat einige Synonyme, früher wurde sie insbes. unter V. papilionacea, V. obliqua und V. cucullata bekannt. Sie gehört zu jenen Arten der Sect. Viola, die keinen beblätterten Stängel aufweisen. Die FrStiele sind aufrecht und die Früchte wie auch die Laubblätter weitgehend kahl. Im Schlüssel der EFÖLS 2008 steht sie neben Viola palustris, von der sich Viola sororia durch größere Wuchshöhen (bis 20 cm), längere Nebenblätter, größere Blüten und natürlich auch durch eine ganz andere Lebensraumbindung unterscheidet. Die Blütenfarbe ist bei uns meist weiß, wobei lila Adern auffallen, welche eine "Zweifärbigkeit" der Blütenblätter hervorrufen. Es gibt aber auch rein blaublühende Formen (vgl. Internet). Der Sporn ist kurz und trübviolett gefärbt. Die Blattform ist rundlich (ähnlich V. odorata), die Blätter relativ groß, tief herzförmig und randlich gekerbt. Als Exklusivmerkmal besitzt die Art spitzenwärts keulig verdickte Haare innen an der Krone - lt. EFÖLS soll keine andere bei uns vorkommende Viola dieses Merkmal besitzen.

Insgesamt für mich eine schöne und auffallende Art, auf die in Siedlungen sowie siedlungsnahen Bereichen jedenfalls zu achten ist ...

Beste Grüße
Oliver
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Einzelblüte
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Blüte mit Blätter
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Bestandesausschnitt
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Bestand in einer Zierhecke (Hainbuchenhecke)
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Einzelpflanze (u.a. Blätter kahl, Sporn trüblila)
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Hermann Falkner
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Re: Viola-Workshop (Viola sect. Viola) - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Hermann Falkner » Dienstag 18. April 2017, 17:02

Hallo Oliver,
hab ich selbst noch nie gesehen - die von dir erwähnte "Schwester" dazu (ich weiss gar nicht, ob näher verwandt, aber jedenfalls auch mit einem "scheibenförmigen" Narbenkopf, dh am selben Bestimmungsast in der Exkursionsflora) kann ich aber passend dazu gern beisteuern.
Viola palustris hat ähnlich runde Blätter wie V. sororia, die Blütenfarbe ist hellviolett mit dunkelvioletter Aderung (also wohl auch recht ähnlich, da bei V. sororia ja auch violette Formen existieren).
Aufgrund der unterschiedlichen ökologischen Ansprüche ist aber eine Verwechslung wohl kaum möglich.
Meine Bilder von V. palustris sind vom 26.05.2012, Tanner Moor (in den Randbereichen eines Latschen-Hochmoores, dh stark saures Milieu)
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Re: Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Hermann Falkner » Dienstag 18. April 2017, 17:21

Habe heute, 18.04., auf der Salzwiese (nördlich von Hadersdorf, am Fuss des Kolbeterbergs) zwei Einzelexemplare eines Veilchens gefunden, das sich nicht so ohne weiteres sicher bestimmen lässt; Standort feuchte Wiese oberhalb des Grabens, der die Grenze zur Siedlung bildet - aus der Begleitflora auffalend: sehr zahlreiches Vorkommen von Potentilla alba.

Das "Wienerwald-Eck" rund um Kolbeterberg und Sofienalpe ist jener Bereich des Flysch-Wienerwalds innerhalb der Stadtgrenzen von Wien, der noch am ehesten leicht saure Böden hat (ausgehend vom Bewuchs), und ich glaube, das trifft +/- auch für die Salzwiese zu - ganz sicher bin ich mir da aber nicht.

Zuerst habe ich das Exemplar für ein Rosettenveilchen gehalten, das letzte Bild (leider unscharf, aber die wichtigsten Details sind erkennbar) zeigt aber deutlich einen beblätterten Stengel, mit ungewöhnlich grossen Nebenblättern; nicht duftend (bzw. für meine leicht verstopfte Nase bei nur rund 5° C; bei dieser Temperatur kann man aber auch einen Veilchenduft nicht mehr so gut wahrnehmen, meine Nase könnte sich geirrt haben). Gezählt hätte ich eigentlich mehr als 1 Grundblatt, das ist auf den Bildern aber leider nicht sicher erkennbar, wie ich erst jetzt festgestellt habe; vor Ort bin ich auf dem "Ast" mit mehr als einem Grundblatt auch nicht weitergekommen und erst beim Nachbestimmungsversuch am Computer bin ich auf die Idee gekommen, dass auch der "Viola-canina"-Zweig relevant sein könnte (mitgenommen habe ich die beiden Exemplare nicht).

Es ist auch nicht so ausschlaggebend, welches Veilchen das nun wirklich war - es zeigt aber, dass ich wieder einmal den Fehler gemacht habe, nicht gleich vor Ort ordentlich zu bestimmen.
Ich würde davon ausgehen, dass es sich trotz des kleinen Wuchses (winzig wie ein Rosettenveilchen!) und der sehr grossen Nebenblätter um Viola canina handelt - um ein Kümmerexemplar mit gestauchtem Spross, womöglich um Viola canina subsp. ruppii (da längere Nebenblätter, aber nur als ganz vage Vermutung! denn sonst passt diese Unterart auch nicht wirklich besser - und ich hab diese selbst auch noch nie gesehen bzw. jedenfalls noch keine Viola canina sicher als diese Unterart bestimmen können). Zu dieser Einschätzung bin ich im "Ausschliessungsverfahren" gekommen - eine etwas unorthodoxe Methode, die ich aber öfters anwende, wenn ich nicht mehr weiterkomme, d. h. ich schliesse alle Arten aus, die auf keinen Fall in Frage kommen, und meist bleibt dann nicht mehr viel übrig:

Viola pumila agg. kommt jedenfalls nicht in Frage, würde ich meinen - die Laubblätter sind deutlich herzförmig oder bestenfalls teilweise gestutzt, nie keilig in den Stiel verschmälert, ausser den langen Nebenblättern spricht absolut nichts für V. pumila agg.; sollte der "Viola canina"-Zweig die korrekte Abzweigung sein, dann müsste es schon V. canina sein, die Blüte (Form und Farbe) würde dazu ja gut passen.

Viola rupestris aus dem "anderen" Zweig kenne ich noch nicht und Viola riviniana + reichenbachiana (die übrigens beide im umliegenden Wald zahlreich vorkommen) scheiden ebenfalls aus, da bei diesen lange Nebenblatt-Fransen vorhanden sind, ganz abgesehen vom Habitus, der auch nicht passt.
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Re: Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Oliver Stöhr » Donnerstag 20. April 2017, 21:07

Hallo Hermann,

ich hätte da auch die Viola canina-Gruppe im Verdacht und meine, dass es sich ev. noch um Viola canina s.str. handelt, da die Sporne nicht weiß (wie bei ruppii oder schultzii) sondern gelblich sind. Die Blütenfarbe, wie in EFÖLS 2008 für V. canina angeführt (soll "tieflblau" sein), variiert nach meinen Erfahrungen von tief- über hellblau bis fast weiß (siehe dazu ein Bild von Mittersill/Pinzgau/Salzburg) und ist daher hier kein Anhaltspunkt.

Beste Grüße
Oliver
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Re: Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Hermann Falkner » Freitag 21. April 2017, 07:16

Danke Oliver :-)

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Re: Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Oliver Stöhr » Montag 24. April 2017, 20:46

Hallo zusammen!
Ich habe heute zum ersten Mal Viola mirabilis bei uns in Osttirol gefunden - ich weiß schon, dass diese Art in Ostösterreich keine Besonderheit darstellt, aber bei uns ist sie selten.
Der Fundort liegt im sog. Lavanter Forchach, das eine Reihe seltener Arten beherbergt (u.a. Liparis nemoralis - vgl. den letzten Neilreichia-Band). Die Art tritt dort in einem lichten Fichtenwald auf, im Unterwuchs dominiert Carex alba und div. Karbonatzeiger.
Viola mirabilis ist abundant anzutreffen und durch die großen rundlichen (netznervigen) Blätter auffällig. Es wurden allerdings nur einige wenige kleistogame Blüten angetroffen obwohl diese ja erst später im Jahr auftreten sollten!?
Viele Grüße
Oliver
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Re: Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Hermann Falkner » Montag 24. April 2017, 21:34

Hallo Oliver, auf dieser Höhenlage um diese Jahreszeit sind die kleistogamen Blüten vermutlich schon sehr zeitig dran, daneben blühn schliesslich ja noch Buschwindröschen (die sind in Wien schon längst verblüht, jedenfalls bei mir im Garten, im Flachland). Wann genau der Wechsel von grundständigen offenen Blüten zu meist geschlossenen stängelständdigen "sein soll", kann ich aber leider auch fürs pannonische Flachland nicht sagen (wär was, das ich mir für nächstes Jahr vornehmen könnt, für heuer ists schon zu spät).
Lg Hermann

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Re: Viola-Workshop - kritische Arten unterscheiden, Hybrid-Problematik

Beitragvon Oliver Stöhr » Dienstag 25. April 2017, 20:58

Danke für deine Antwort & Einschätzung!


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