Mercurialis ovata?

= Blütenpflanzen; Bestimmungsfragen
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Jonas
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Mercurialis ovata?

Beitragvon Jonas » Montag 22. Juni 2020, 18:10

Liebes Forum

Gestern war ich ganz im Westen des Schweizer Juras auf dem La Dôle unterwegs, wohl einem der botanisch interessantesten Jurabergen überhaupt!
Einer meiner dortigen Funde war ein merkwürdiges Mercurialis, von dem ich vermute, dass es sich um eine untypische Hochlagenform von Mercurialis perennis handelt (der Fund stammt von ca. 1500 m.ü.M. in einer Zwergstrauchheide.). Die Merkmale deuten aber fast ein wenig in Richtung M. ovata (Blätter kurzgestielt und eher eiförmig). Diese Art dürfte dort jedoch laut Verbreitungskarten nicht vorkommen und ist überhaupt in der Schweiz nur von Ardez im Graubünden bekannt.
Was meinen die Experten unter euch (M. ovata scheint ja bei euch weiter verbreitet zu sein)?

Beste Grüsse
Jonas
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Jonas
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Jonas » Montag 22. Juni 2020, 18:11

Noch ein Bild....
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Norbert Griebl » Montag 22. Juni 2020, 18:50

Servus Jonas,

ich würde die Pflanzen aufgrund der kurzen Blattstiele, der Behaarung des Stängels und scheinbar auch der Blattunterseite und der Beblätterung auch des unteren Stängelteils für M. ovata halten, auch wenn die bisher noch nicht aus dem Jura festgestellt wurde - vielleicht ein klasse Neufund?

LG Norbert
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Jonas
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Jonas » Montag 22. Juni 2020, 19:46

Hallo Norbert

Oje, mach mir doch keine Hoffnungen ;-) Das wäre natürlich echt ein Hammerfund....
Habe übrigens noch drei Belegexemplare gesammelt und nun noch rasch die Blattstiele gemessen (tut mit leid, das hätte ich ja eigentlich schon vorher machen können). Fast alle sind max. 2 mm lang, die längsten jedoch sogar bis 4 mm lang.... Ob das dann doch zu lang ist für M. ovata?

Lieber Gruss
Jonas
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Norbert Griebl
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Norbert Griebl » Montag 22. Juni 2020, 20:05

Nun, es soll auch eine Hybride aus beiden geben, die den Namen Mercurialis x paxii trägt und die laut Eföls3 möglicherweise bereits artgeworden ist. Auf der anderen Seite wird die Hybride in der mir zur Verfügung stehenden Literatur nur äußerst selten und auch das noch als unsicher für Österreich genannt:
Mercurialis ovata × M. perennis (= Mercurialis ×paxii)
JANCHEN (1977): Niederösterreich: Bei Hainburg und Wolfsthai in den Hainburger Bergen (nach Gy. Gayer 1918: 22).
JANCHEN (1956–1960: 171): selten mit Sicherheit festgestellt. Mit M. ovata var. longipes leicht zu verwechseln.

Bei uns in Österreich ist M. ovata wärmeliebend und so ist es ja auch möglich, dass sie sich im Zuge des Klimawandels ausbreitet, möglicherweise aus dem bayrischen Donautal, wo sie vorkommt. Jedenfalls nicht von Frankreich, wo sie fehlen soll und insgesamt zeigen die Verbreitungskarten schon, dass die nächsten bekannten Fundorte zum Jura weit entfernt liegen. In Italien etwa in der Lombardei. Also eher ein toller Neufund, gratuliere (sofern die Herbarbelege bestätigt werden).

LG Norbert
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Oliver Stöhr » Montag 22. Juni 2020, 20:16

Ich kenne die Bandbreite von M. ovata nur unzureichend, daher möchte ich nicht viel dazu sagen, nur dass es bei M. perennis auch Formen mit eiförmigen Blättern gibt, deren Stiele zudem kürzer sind als bei der typischen Form. Solche Abweichungen, die ich selbst auch schon in Salzburg gesehen habe, werden im HEGI als f. ovatifolia Hausskn. angeführt.
LG
Oliver

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Jonas
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Jonas » Montag 22. Juni 2020, 20:52

Ich danke euch vielmals für die interessanten Angaben! Eine Frage wäre dann natürlich wie man M. ovata von M. perennis f. ovatifolia unterscheiden kann.... Falls überhaupt (morphologisch)?

Beste Grüsse
Jonas
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Norbert Griebl
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Norbert Griebl » Donnerstag 25. Juni 2020, 18:42

Servus,
ich habe jetzt gelesen, dass der Schweizer Jura auch ein wenig die Spielwiese für Ansalber ist. Konkret der Chasseral, die höchste Erhebung im Berner Jura. Ich zitiere:
"Pedicularis adscendens wurde kürzlich wie viele andere Pflanzen gepflanzt: Pedicularis verticillata, Meconopsis cambrica, Androsace villosa, Pritzelago alpina, Ranunculus thora, Minuartia capillacea, Delphinium elatius, Eryngium alpinum, Paradisea liliastrum, Linum , Rhododendron hirsutum, Leontopodium alpinum, Dianthus gratianopolitanus (kürzlich eingeführt, aber es gab einige alte Beobachtungen), Agrostis rupestris, Loiseleuria decumbens, Leontodon helveticus, Sempervivum arachnoideum usw. Es ist auch sehr plausibel, dass Arenaria grandiflora auf diesem Berg eingeführt wurde. Es gab wirklich alte Beobachtungen und dann verschwand es für fast 100 Jahre. Dann wurde es im Jahr 2002 in der Nähe von "kleinen Gärten" mit früheren Pflanzen gefunden. Und jetzt ist Arenaria grandiflora fast überall auf dem Gipfel zu finden. Das ist etwas seltsam". Philippe Juillerat

Möglicherweise ist Mercurialis ovata am La Dole auch angesalbt worden?

LG Norbert
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon Jonas » Samstag 27. Juni 2020, 17:28

Lieber Norbert

Entschuldige meine verzögerte Rückmeldung auf deine sehr interessante und auch etwas traurige Antwort (war noch einige Tage am Berninapass in den Ferien)!
Lustigerweise war ich vor ca. 1.5 Wochen auf dem Chasseral unterwegs und habe dort ebenfalls Pedicularis ascendens, Dianthus gratianopolitanus, Arenaria grandiflora etc. gesehen. Hatte dabei aber nicht daran gedacht, dass diese Arten womöglich nur dort gepflanzt wurden, was ich natürlich sehr schade finde....(gut, wenigstens sollen die Dianthus und die Arenaria dort früher vorgekommen sein).
So gesehen wäre eine Ansalbung von Mercurialis ovata auf dem La Dôle absolut möglich, auch wenn der Standort weit weg vom nächsten Weg lag.
Übrigens habe ich nun genau noch Philippe Juillerat deswegen angeschrieben, jedoch bislang noch keine Rückmeldung erhalten. Falls er sich noch bei mir melden sollte, werde ich hier gerne noch seine Meinung zum Fund wiedergeben!

Lieber Gruss
Jonas
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Re: Mercurialis ovata?

Beitragvon kurt nadler » Mittwoch 28. April 2021, 10:13

Ich häng mich sinnvollerweise, da die "Problematik" hier bereits von Oliver erwähnt wurde, an und stell Folgendes neu zur Diskussion:

Bestände von Mercurialis perennis in wärmeliebenden pannonischen Waldgesellschaften schaun ein bisschen anders aus als die "mitteleuropäischen" Vorkommen. Das Laub ist breiter und vielleicht kürzer gestielt. Ob das perennis-Merkmal des unten nur schuppig beblätterten Stängels überall zutrifft, muss ich noch konsequent prüfen, sonst passen die perennis-Merkmale aus dem Fischadler ganz gut. Dem entspricht auch die Roh-Atlaskarte, wonach es in unseren OSO-pannonischen Suchgebieten (fast) kein ovata gibt. x paxii schließ ich derweil für unsere perennis-Bestände aus, insoweit es als steril gehandelt wird.
Ich hab leider noch kein gescheites Fotomaterial. Aber http://flora.lefnaer.com/cgi-bin/photos ... 20s.%20str. (Achtung: Der Punkt gehört zum Link!!) gehört wohl hierher. Vielleicht möchte sich ja wer von Euch darüber hinausgehend mit Bildern beteiligen.

Hat wer von Euch paxii-Bestände angeschaut/fotografiert? Gibts x paxii wirklich? Ad EfÖLS: Eine artgewordene Hybride kann für den Aufbau eines eigenen Areals (nach den Atlasentwürfen gibts aber keines) nicht steril sein, würde ich einmal recht profan postulieren. Wer kennt ein Zusammentreffen der beiden Arten?
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