Glocknerbotanik im 21. Jhd.
-
- Beiträge: 3393
- Registriert: Freitag 25. November 2016, 20:05
- Wohnort: Nussdorf-Debant
- Kontaktdaten:
Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Liebe alle,
die botanischen Höhepunkte rund um den höchsten Berg Österreichs sind mindestens so bemerkenswert und vielfältig wie die Glocknerbotaniker, die klangvolle Namen wie Wulfen, Hoppe, Funck, Gams, Friedel usf. aufweisen. Allein David Heinrich Hoppe war eine überaus bemerkenswerte Person, der eng verwurzelt mit dem Glocknergebiet war und dort unzählige Herbarbelege angefertigt hatte. Sein bemerkenswertester Fund war hier sicherlich die erstmalige Entdeckung des Alpen-Breitschötchens (Braya alpina) in der Gamsgrube im Jahr 1813, dessen Gattungsname Hoppe und Sternberg seinem Freund Gabriel de Bray widmeten. Es gäbe viel über diese bemerkswerte Person, die übrigens an der Erstbesteigung des Glockner im Jahr 1800 beteiligt war, zu erzählen, aber das würde den Rahmen hier sprengen ...
So wenden wir uns wieder der Gegenwart zu und zum Auftakt dieses sich vielleicht zu einer losen Reihe auswachsenden Threats darf ich euch in den sog. "Glocknerwinkel" entführen, d.h. ins Ködnitztal bei Kals, das die klassische Glockneransicht - verewigt auf unzähligen Postkarten und Werbeprospekten - vermittelt. Ich war dort gestern mit meiner Familie und diese eigentlich aufgrund des folgenden Hauptgrundes:
Unzählige Frülingskrokus (Crocus albiflorus) in weiß und lila stehen genau jetzt Anfang Mai dicht an dicht vor dem Anlitz des höchsten Berges Österreichs! Dieses Ereignis hat sich inzwischen in der Fotografenszene Österreichs soweit herumgesprochen, sodass man hier Leute aus Graz, Wien etc. antrifft, die nur deswegen nach Osttirol kommen.
Aber als Botaniker gibt es für mich immer auch noch andere Gründe, um "zum Glockner" zu fahren. So etwa, um die gerade aufblühenden Frühlings-Küchenschellen (Pulsatilla vernalis) aufzusuchen - diese sind für mich ein Inbegriff für Eleganz, Widerstandskaft und generell Hochgebirgsflora:
In der Kollateralbotanik - ein Begriff, den ich von Kurt geklaut habe - fielen gestern noch drei weitere Arten auf, die ich nachfolgend kurz fotografisch vorstellen möchte, zunächst Soldanella alpina:
Dann ein gelbblühendes Hungerblümchen, das ich für Draba cf. hoppeana halte; eine sichere Bestimmung ist dann anhand der Fruchtstiele und der Griffel möglich:
Und zu guter Letzt noch Saxifraga oppositifolia, einer der sehr frühblühenden Steinbrecharten im Bachschotter des Ködnitzbaches:
Soweit ein erster, jahreszeitlich früher Einblick in ein faszinierendes Gebiet, das unzählige floristische Schätze bereits offenbart hat und vermutlich noch so manchen Schatz hütet.
Viele Grüße
Oliver
die botanischen Höhepunkte rund um den höchsten Berg Österreichs sind mindestens so bemerkenswert und vielfältig wie die Glocknerbotaniker, die klangvolle Namen wie Wulfen, Hoppe, Funck, Gams, Friedel usf. aufweisen. Allein David Heinrich Hoppe war eine überaus bemerkenswerte Person, der eng verwurzelt mit dem Glocknergebiet war und dort unzählige Herbarbelege angefertigt hatte. Sein bemerkenswertester Fund war hier sicherlich die erstmalige Entdeckung des Alpen-Breitschötchens (Braya alpina) in der Gamsgrube im Jahr 1813, dessen Gattungsname Hoppe und Sternberg seinem Freund Gabriel de Bray widmeten. Es gäbe viel über diese bemerkswerte Person, die übrigens an der Erstbesteigung des Glockner im Jahr 1800 beteiligt war, zu erzählen, aber das würde den Rahmen hier sprengen ...
So wenden wir uns wieder der Gegenwart zu und zum Auftakt dieses sich vielleicht zu einer losen Reihe auswachsenden Threats darf ich euch in den sog. "Glocknerwinkel" entführen, d.h. ins Ködnitztal bei Kals, das die klassische Glockneransicht - verewigt auf unzähligen Postkarten und Werbeprospekten - vermittelt. Ich war dort gestern mit meiner Familie und diese eigentlich aufgrund des folgenden Hauptgrundes:
Unzählige Frülingskrokus (Crocus albiflorus) in weiß und lila stehen genau jetzt Anfang Mai dicht an dicht vor dem Anlitz des höchsten Berges Österreichs! Dieses Ereignis hat sich inzwischen in der Fotografenszene Österreichs soweit herumgesprochen, sodass man hier Leute aus Graz, Wien etc. antrifft, die nur deswegen nach Osttirol kommen.
Aber als Botaniker gibt es für mich immer auch noch andere Gründe, um "zum Glockner" zu fahren. So etwa, um die gerade aufblühenden Frühlings-Küchenschellen (Pulsatilla vernalis) aufzusuchen - diese sind für mich ein Inbegriff für Eleganz, Widerstandskaft und generell Hochgebirgsflora:
In der Kollateralbotanik - ein Begriff, den ich von Kurt geklaut habe - fielen gestern noch drei weitere Arten auf, die ich nachfolgend kurz fotografisch vorstellen möchte, zunächst Soldanella alpina:
Dann ein gelbblühendes Hungerblümchen, das ich für Draba cf. hoppeana halte; eine sichere Bestimmung ist dann anhand der Fruchtstiele und der Griffel möglich:
Und zu guter Letzt noch Saxifraga oppositifolia, einer der sehr frühblühenden Steinbrecharten im Bachschotter des Ködnitzbaches:
Soweit ein erster, jahreszeitlich früher Einblick in ein faszinierendes Gebiet, das unzählige floristische Schätze bereits offenbart hat und vermutlich noch so manchen Schatz hütet.
Viele Grüße
Oliver
- Norbert Griebl
- Beiträge: 920
- Registriert: Donnerstag 20. Oktober 2016, 16:59
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Wunderbar, Danke!
Norbert
Norbert
Je größer ein Mensch ist, desto mehr neigt er dazu, sich vor einer Blume niederzuknien
-
- Beiträge: 3902
- Registriert: Samstag 10. November 2018, 13:26
- Wohnort: prellenkirchen,breitenbrunn,wien
- Kontaktdaten:
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
ACH, WIE SCHÖN!! ICH SPÜRE DIE GEBIRGSLUFT!!
-
- Beiträge: 38
- Registriert: Freitag 31. Mai 2019, 23:21
- Wohnort: Wien, Oberpullendorf
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Traumhafte Gegend! Im Juli 2018 war ich mit der Botanikgruppe vom Alpenverein Salzburg eine Woche im Gebiet, das kleine Fleißtal war botanisch eines der vielen Highlights!
- Jürgen Baldinger
- Beiträge: 3683
- Registriert: Montag 19. September 2016, 19:47
- Wohnort: Wien
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Herrlich, bitte mehr. Die zirkumpolare Saxifraga oppositifolia ist ja auch insofern etwas Besonderes, als sie sich als eminent kälterobuste Nivalspezies als eine von zwei Sippen in Grönland bis zum nördlichsten Festlandpunkt der Erde Gefilde vorkämpft (neben Papaver radicatum) und in der Schweiz noch auf 4.500 msm nachgewiesen wurde.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Hallo Oliver!
Ich sehe, ich habe zu meiner Glocknerbesteigung im vergangenen Herbst (20.09.) die falsche Jahreszeit gewählt! Nur braune Wiesen, wo bei dir ein Meer von Crocus blüht! Das einzige botanische Motiv waren die Vogelbeeren beim Lucknerhaus-Parkplatz, als Farbklecks im Vordergrund. Aber für die Besteigung war das Herbstwetter ideal.
LG Josef
Ich sehe, ich habe zu meiner Glocknerbesteigung im vergangenen Herbst (20.09.) die falsche Jahreszeit gewählt! Nur braune Wiesen, wo bei dir ein Meer von Crocus blüht! Das einzige botanische Motiv waren die Vogelbeeren beim Lucknerhaus-Parkplatz, als Farbklecks im Vordergrund. Aber für die Besteigung war das Herbstwetter ideal.
LG Josef
- Dateianhänge
-
- Lizenz: CC BY-NC-SA 4.0
- IMG_9054.JPG (611.23 KiB) 5691 mal betrachtet
-
- Beiträge: 3393
- Registriert: Freitag 25. November 2016, 20:05
- Wohnort: Nussdorf-Debant
- Kontaktdaten:
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Liebes Forum,
mit einem "vorfrühlingshaften" Besuch der Glocknerstraße am Pfingstmontag folgt nun Teil 2 dieser "Glocknerserie". Die Auffahrt erfolgte von Heiligenblut aus mit dem Ziel, die sonst von Touristen regelrecht überschwemmte Franz-Josefs-Höhe (2.370 msm), dem End- und zugleich Höhepunkt der Glocknerstraße, aufzusuchen. Wie das nachfolgende Überblicksbild über Großglockner, Johannisberg und Pasterze inkl. Vorfeld veranschaulicht, liegt heuer noch viel Schnee am Alpenhauptkamm:
Die Pasterze ist ja aufgrund des massiven Gletscherschwundes bekanntermaßen nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Nachdem ich nun ein paar Jahre nicht mehr diesen Tiefblick hatte, war ich einigermaßen überrascht, anstatt des ewigen Eises einen großen See im Gletschervorfeld zu sehen, in dem sich u.a. der Gipfel des Großglockners - nebst Eisschollen - spiegelt:
Auch ein einfallendes Gletschertor - ein Anzeichen für einen weiteren Eisschwund - sowie eindrucksvolle Toteislöcher sind im Pasterzenvorfeld zu sehen:
Bei Prachtwetter, wie dies am Pfingstmontag der Fall war, ist man im Winter auch im Gipfelbereich des Glockners nie allein - man beachte die zahlreichen Schitourengeher auf diesem Bild:
Alpendohlen und Murmeltiere können auf der Franz-Josefs-Höhe leicht und "hautnah" beobachtet werden; die Alpendohlen brüten im dortigen Parkhaus und die "Murmelen" fressen den Touristen aus der Hand, hier wurden Biskotten gereicht:
Soweit zur Einführung - im nachfolgenden Teil werden die ersten Frühblüher der Umgebung der Franz-Josefs-Höhe vorgestellt - viel Spaß beim Anschauen!
Viele Grüße
Oliver
mit einem "vorfrühlingshaften" Besuch der Glocknerstraße am Pfingstmontag folgt nun Teil 2 dieser "Glocknerserie". Die Auffahrt erfolgte von Heiligenblut aus mit dem Ziel, die sonst von Touristen regelrecht überschwemmte Franz-Josefs-Höhe (2.370 msm), dem End- und zugleich Höhepunkt der Glocknerstraße, aufzusuchen. Wie das nachfolgende Überblicksbild über Großglockner, Johannisberg und Pasterze inkl. Vorfeld veranschaulicht, liegt heuer noch viel Schnee am Alpenhauptkamm:
Die Pasterze ist ja aufgrund des massiven Gletscherschwundes bekanntermaßen nur mehr ein Schatten ihrer selbst. Nachdem ich nun ein paar Jahre nicht mehr diesen Tiefblick hatte, war ich einigermaßen überrascht, anstatt des ewigen Eises einen großen See im Gletschervorfeld zu sehen, in dem sich u.a. der Gipfel des Großglockners - nebst Eisschollen - spiegelt:
Auch ein einfallendes Gletschertor - ein Anzeichen für einen weiteren Eisschwund - sowie eindrucksvolle Toteislöcher sind im Pasterzenvorfeld zu sehen:
Bei Prachtwetter, wie dies am Pfingstmontag der Fall war, ist man im Winter auch im Gipfelbereich des Glockners nie allein - man beachte die zahlreichen Schitourengeher auf diesem Bild:
Alpendohlen und Murmeltiere können auf der Franz-Josefs-Höhe leicht und "hautnah" beobachtet werden; die Alpendohlen brüten im dortigen Parkhaus und die "Murmelen" fressen den Touristen aus der Hand, hier wurden Biskotten gereicht:
Soweit zur Einführung - im nachfolgenden Teil werden die ersten Frühblüher der Umgebung der Franz-Josefs-Höhe vorgestellt - viel Spaß beim Anschauen!
Viele Grüße
Oliver
-
- Beiträge: 3393
- Registriert: Freitag 25. November 2016, 20:05
- Wohnort: Nussdorf-Debant
- Kontaktdaten:
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
So nun aber "ab in die Botanik": Trotz des noch recht flächig liegenden Schnees blühen im Bereich des aperen Stellen Anfang Juni schon zahlreiche Arten. An Steinbrecharten konnte ich Saxifraga moschata und S. androsacea entdecken, nicht jedoch die dort ebenfalls vorkommenden S. oppositifolia und S. rudolphiana:
Weiters gab es mit Silene acaulis ssp. exscapa und Minuartia sedoides zwei typische alpine Polsterpflanzen blühend zu bestaunen:
Mit Minuartia gerardii blühte eine weitere Caryophyllaceae:
Ein klassischer, "acidophiler" Frühblüher ist Primula minima:
Häufig ist auf der Franz-Josefs-Höhe Potentilla clusiana zu sehen, die hier auch in Asphaltritzen und Mauern wächst:
Weitere Arten folgen ...
Weiters gab es mit Silene acaulis ssp. exscapa und Minuartia sedoides zwei typische alpine Polsterpflanzen blühend zu bestaunen:
Mit Minuartia gerardii blühte eine weitere Caryophyllaceae:
Ein klassischer, "acidophiler" Frühblüher ist Primula minima:
Häufig ist auf der Franz-Josefs-Höhe Potentilla clusiana zu sehen, die hier auch in Asphaltritzen und Mauern wächst:
Weitere Arten folgen ...
-
- Beiträge: 3393
- Registriert: Freitag 25. November 2016, 20:05
- Wohnort: Nussdorf-Debant
- Kontaktdaten:
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
Es geht weiter mit ein paar frühblühenden Salix-Arten, konkret die als alpinen Spalierweiden bekannten Salix reticulata und Salix serpyllifolia:
Eine basiphile Art ist Ranunculus alpestris:
Draba siliquosa, wie könnte die Art hier anders heißen als "Kärntner-Felsenblümchen", blüht jetzt auch schon und gilt als seltene alpine Art:
Abschließend noch zwei Enzian-Arten, die ich erspähen konnte, und zwar Gentiana verna und G. brachyphylla (man beachte zur Unterscheidung dieser beiden ähnlichen Arten u.a. die Kelchflügelung):
Soweit ein kleiner Einblick in die alpine Frühjahrsflora am Glockner - nach der Franz-Josefs-Höhe haben wir noch die recht artenreichen, tiefergelegenen Wiesen und Weiden an der Waldgrenze bei Kasereck besucht, auch hier fanden sich allerhand pflanzliche Schönheiten, aber das ist eine andere Geschichte ...
Viele Grüße
Oliver
Eine basiphile Art ist Ranunculus alpestris:
Draba siliquosa, wie könnte die Art hier anders heißen als "Kärntner-Felsenblümchen", blüht jetzt auch schon und gilt als seltene alpine Art:
Abschließend noch zwei Enzian-Arten, die ich erspähen konnte, und zwar Gentiana verna und G. brachyphylla (man beachte zur Unterscheidung dieser beiden ähnlichen Arten u.a. die Kelchflügelung):
Soweit ein kleiner Einblick in die alpine Frühjahrsflora am Glockner - nach der Franz-Josefs-Höhe haben wir noch die recht artenreichen, tiefergelegenen Wiesen und Weiden an der Waldgrenze bei Kasereck besucht, auch hier fanden sich allerhand pflanzliche Schönheiten, aber das ist eine andere Geschichte ...
Viele Grüße
Oliver
-
- Beiträge: 3902
- Registriert: Samstag 10. November 2018, 13:26
- Wohnort: prellenkirchen,breitenbrunn,wien
- Kontaktdaten:
Re: Glocknerbotanik im 21. Jhd.
imposante neue lebensräume am anfang der neuen serie! weingstens terrestrisch oder amphibisch werden das sicher faszinierende sukzessionen werden.
Zurück zu „Schönheit der Natur“
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 1 Gast