Die Flora des Laaer Beckens
- Stefan Lefnaer
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Die Flora des Laaer Beckens
Da ich in den letzten Jahren und heuer mehrfach in diesem Gebiet unterwegs war und dies in den nächsten Jahren fortsetzen möchte, eröffne ich hier eine Reihe zu dem Thema. Das Laaer Becken war über Jahrtausende ein sumpfiges Gebiet, teils auch mit salzigen Böden samt entsprechender Flora, deren Reste man noch bei Zwingendorf vorfindet. Der bedeutende Humanist und spätere Papst Pius II., Enea Silvio Piccolomini, der am Hof des nachmaligen Habsburgerkaisers unter anderem als königlicher Sekretär tätig war und zeitweise die Pfarre Laa als Pfründe innehatte, formulierte die naturräumliche Situation etwas spitz wie folgt: „Laa, du uralte Stadt, bist die Nebenbuhlerin Venedigs, so wie jene mitten im Meer liegst du mitten im Kot“. Tatsächlich existierten im Laaer Becken bis auf Laa selbst sowie einige wenige Dörfer wie Hanfthal keine Siedlungen. Diese entstanden im österreichischen Anteil des Beckens alle in dessen Süden auf den höher gelegenen Flanken der Waschbergzone und Hollabrunn-Mistelbach-Formation. Erst im 19. Jahrhundert machte man sich daran das Laaer Becken zu meliorieren. Erreicht wurde die Entwässerung durch ein verästeltes System von Gräben: mehrere Gräben münden jeweils zusammen, südlich von Laa werden gar vier an einer Stelle vereinigt. Dadurch sollte einerseits die Hochwassergefahr beseitigt werden, was nur teilweise gelang bzw. die Hochwässer auf die Vorfluter verlagert wurden. Zweitens sollte Ackerland gewonnen werden. Inmitten der Ebene wurden von Adeligen und anderen kapitalstarken Personen mehrere große Gutshöfe zur Bewirtschaftung des Landes angelegt. Die Landschaft besteht nun aus riesigen Äckern mit geometrisch angeordneten Wegen und Windschutzstreifen dazwischen, wie das folgende Foto mit der Staatzer Klippe im Hintergrund zeigt:
Durch die Melioration wurden andererseits Habitate von unermesslichem Wert für die Natur zerstört. Wie das Gebiet ursprünglich aussah, ist heute schwer vorstellbar. Selbst Reste wie das NSG Zwingendorfer Glaubersalzböden stellen nur ein klägliches, kleines Relikt dar.
Geologisch gehört das Laaer Becken zur Laa-Formation in der Molassezone. Diese verdankt ihre Entstehung der Überschiebung von Alpen und Karpaten über die Böhmische Masse. Durch die Auffaltung sank das Umland aufgrund der Auflast ein und wurde vom Molassemeer geflutet. In dieses wurde von den Alpenflüssen der Abtragungsschutt der Alpen eingebracht und das Becken somit mit Schotter, Kies und Sanden aufgefüllt. Über dem Untergrund entstanden v.a. Tschernoseme, die ein hochwertiges Ackerland abgeben.
Durch die Melioration wurden andererseits Habitate von unermesslichem Wert für die Natur zerstört. Wie das Gebiet ursprünglich aussah, ist heute schwer vorstellbar. Selbst Reste wie das NSG Zwingendorfer Glaubersalzböden stellen nur ein klägliches, kleines Relikt dar.
Geologisch gehört das Laaer Becken zur Laa-Formation in der Molassezone. Diese verdankt ihre Entstehung der Überschiebung von Alpen und Karpaten über die Böhmische Masse. Durch die Auffaltung sank das Umland aufgrund der Auflast ein und wurde vom Molassemeer geflutet. In dieses wurde von den Alpenflüssen der Abtragungsschutt der Alpen eingebracht und das Becken somit mit Schotter, Kies und Sanden aufgefüllt. Über dem Untergrund entstanden v.a. Tschernoseme, die ein hochwertiges Ackerland abgeben.
- Stefan Lefnaer
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Jetzt wird sich die Leserin und der Leser fragen was es da eigentlich noch zu berichten gibt. Glücklicherweise doch einiges. Mit dem "Biotopverbundsystem Land um Laa" wurden in den letzten Jahren im Zuge von 13 Teilprojekten Renaturierungsmaßnahmen vorgenommen. Es wurden einige an Bäche und Gräben angrenzende Ackerparzellen außer Nutzung gestellt und kleine Sutten und Bachläufe geschaffen. Teilweise wurden Bäche aufgeweitet und mit einer pendelnden Linienführung versehen. Im Folgenden einige Fotos von solchen "Biotopen":
Gewässer welche einigermaßen offen sind bzw. offene, zeitweise überflutete Ufer besitzen, machen einen sehr guten Eindruck. Zur Flora später mehr. Andere Gewässer hingegen sind jedoch schon großflächig verschilft: das Schilf wächst heutzutage aufgrund der Eutrophierung durch Landwirtschaft und von durch KfZ verursachten Stickstoffeintrag aus der Luft viel stärker als früher. Zudem fehlt nunmehr in der vollmechanisierten Landwirtschaft die Beweidung durch Zugtiere welche wiederum die vom Mensch ausgerotteten Großsäuger wie Auerochse, Urpferd usw. ersetzten. Es bleibt abzuwarten wie sich die Gewässer und umliegenden Flächen entwickeln. Ohne periodische Störungen wie Mahd und teilweise auch Bodenöffnung (wie durch die Hufe der Großsäuger) ist längerfristig wieder mit einem Rückgang der Artenvielfalt zu rechnen.
Gewässer welche einigermaßen offen sind bzw. offene, zeitweise überflutete Ufer besitzen, machen einen sehr guten Eindruck. Zur Flora später mehr. Andere Gewässer hingegen sind jedoch schon großflächig verschilft: das Schilf wächst heutzutage aufgrund der Eutrophierung durch Landwirtschaft und von durch KfZ verursachten Stickstoffeintrag aus der Luft viel stärker als früher. Zudem fehlt nunmehr in der vollmechanisierten Landwirtschaft die Beweidung durch Zugtiere welche wiederum die vom Mensch ausgerotteten Großsäuger wie Auerochse, Urpferd usw. ersetzten. Es bleibt abzuwarten wie sich die Gewässer und umliegenden Flächen entwickeln. Ohne periodische Störungen wie Mahd und teilweise auch Bodenöffnung (wie durch die Hufe der Großsäuger) ist längerfristig wieder mit einem Rückgang der Artenvielfalt zu rechnen.
- Stefan Lefnaer
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Jetzt aber zu den Pflanzen! Als erste Besonderheit fanden wir an einem Graben Sonchus palustris EN (neu für Qu. 7364-2):
In einer seichten Schlenke zahlreich dieser Wasserhahnenfuß, den ich für Ranunculus rionii VU (neu für Qu. 7364-2) halten würde (aus dem östlichen angrenzenden Quadranten gibt es schon eine isolierte Angabe):
Daneben Chara contraria:
An den Ufern Bolboschoenus planiculmis VU (neu für Qu. 7364-2):
Sowie an ganz offenen Stellen winzige Exemplare von Chenopodium rubrum (s. str.) EN (neu für Qu. 7364-2):
In einer anderen seichten Schlinge Potamogeton pusillus s. str. VU (neu für Qu. 7364-2):
Besonders schön war dieser Bestand von Ceratophyllum submersum EN (neu für Qu. 7364-2, es gibt schon eine Angabe zwei Quadranten weiter nördlich, bisher die einzige in Niederösterreich nördlich der Donau):
Jedenfalls zeigt diese Vielfalt recht eindrücklich wie schnell solche frisch geschaffenen Habitate wieder von seltenen Arten aus der Umgebung oder im Boden vorhandenen Samen besiedelt werden können. Interessant ist auch, dass mit Sonchus palustris, Bolboschoenus planiculmis, Chenopodium rubrum und Ceratophyllum submersum auch salzertragende Arten dabei sind. Es bleibt also die Hoffnung, dass noch weitere seltene Arten wieder auftauchen könnten!
In einer seichten Schlenke zahlreich dieser Wasserhahnenfuß, den ich für Ranunculus rionii VU (neu für Qu. 7364-2) halten würde (aus dem östlichen angrenzenden Quadranten gibt es schon eine isolierte Angabe):
Daneben Chara contraria:
An den Ufern Bolboschoenus planiculmis VU (neu für Qu. 7364-2):
Sowie an ganz offenen Stellen winzige Exemplare von Chenopodium rubrum (s. str.) EN (neu für Qu. 7364-2):
In einer anderen seichten Schlinge Potamogeton pusillus s. str. VU (neu für Qu. 7364-2):
Besonders schön war dieser Bestand von Ceratophyllum submersum EN (neu für Qu. 7364-2, es gibt schon eine Angabe zwei Quadranten weiter nördlich, bisher die einzige in Niederösterreich nördlich der Donau):
Jedenfalls zeigt diese Vielfalt recht eindrücklich wie schnell solche frisch geschaffenen Habitate wieder von seltenen Arten aus der Umgebung oder im Boden vorhandenen Samen besiedelt werden können. Interessant ist auch, dass mit Sonchus palustris, Bolboschoenus planiculmis, Chenopodium rubrum und Ceratophyllum submersum auch salzertragende Arten dabei sind. Es bleibt also die Hoffnung, dass noch weitere seltene Arten wieder auftauchen könnten!
- Stefan Lefnaer
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Die Gegend wurde übrigens schon im 19. Jahrhundert botanisch bearbeitet und dabei Arten gefunden die heute dort schon ausgestorben sein dürften. Siehe hierzu z.B. Reuss (1873). Denkwürdig ist auch dieser Satz aus der Einleitung: "Als Ziel meiner Ausflüge wählte ich nicht die gewöhnlich besuchten Orte, deren Flora bereits hinlänglich bekannt ist, sondern weniger frequentirte Gegenden, die freilich weniger landschaftliche Reize bieten und nicht für Vergnügungszügler geeignet sind, dem Botaniker dagegen ein um so grösseres Interesse gewähren". Daran hat sich bis heute nichts geändert: manche Gebiete werden intensiv von Naturbegeisterten und auch Botanikern besucht, andere sind hingegen weiße Flecken auf der botanischen Landkarte, obwohl sie viel zu bieten haben.
- Jürgen Baldinger
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Auch wenn der ökologische Tenor des Themas ein trüber ist, möchte ich einmal mehr meine Bewunderung für Deine Landschaftsportraits ausdrücken, die von fast hypnotisierender Schönheit getragen sind.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Danke Stefan, dass du uns solche wenig besuchten Gebiete vorstellst! Es ist immer interessant, deine Berichte zu lesen und die tollen Fotos zu bewundern.
- Stefan Lefnaer
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Von nächst Unterstinkenbrunn kann ich aus einem Graben Sonchus palustris neu für 7364-1 angeben. Nachdem wir nun schon den Schatten der Art in- und auswending kennen, kann einem die Art unmöglich beim Kartieren entgehen, selbst wenn sie sich in einem dichten Röhricht versteckt.
- Stefan Lefnaer
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Heute habe ich mir einen kleinen Teich am Rande des Laaer Beckens angesehen. Es ist unglaublich was man dort so finden kann. Wobei nicht immer ganz klar ist was dort spontan wächst und was angesalbt wurde. Leider ist es heutzutage üblich geworden die Flora durch das Ausbringen von Organismen zu "behübschen" und zu verfälschen. Insgesamt macht der Teich einen naturnahen Eindruck:
Nichtsdestotrotz können Arten durch Menschen eingebracht worden sein, z.B. bei der Anlage des Teichs und sich bisher gehalten haben. Ein heißer Kandidat dafür ist Nymphoides peltata EN* , eine Art die gerne in Teichen ausgebracht wird und die auch aus Gartenteichen verwildert und von der gar nicht sicher ist, ob sie bei uns heimisch ist.
Schoenoplectus tabernaemontani VU tritt natürlich auf, wird aber auch gärtnerisch eingesetzt:
Ebenso wie Hippuris vulgaris VU :
Wohl eher nicht angesalbt sind die folgenden Arten. Ranunculus sceleratus NT :
Oxybasis rubra s.str. VU :
Potamogeton lucens VU , ungefähr in der Bildmitte:
Besonders schön ist Ceratophyllum submersum CR , eine grazile Wasserpflanze die den Schlammboden des Teichs dicht bedeckt. Das ist heuer mein dritter Fund dieser Art, vgl. hier.
Nichtsdestotrotz können Arten durch Menschen eingebracht worden sein, z.B. bei der Anlage des Teichs und sich bisher gehalten haben. Ein heißer Kandidat dafür ist Nymphoides peltata EN* , eine Art die gerne in Teichen ausgebracht wird und die auch aus Gartenteichen verwildert und von der gar nicht sicher ist, ob sie bei uns heimisch ist.
Schoenoplectus tabernaemontani VU tritt natürlich auf, wird aber auch gärtnerisch eingesetzt:
Ebenso wie Hippuris vulgaris VU :
Wohl eher nicht angesalbt sind die folgenden Arten. Ranunculus sceleratus NT :
Oxybasis rubra s.str. VU :
Potamogeton lucens VU , ungefähr in der Bildmitte:
Besonders schön ist Ceratophyllum submersum CR , eine grazile Wasserpflanze die den Schlammboden des Teichs dicht bedeckt. Das ist heuer mein dritter Fund dieser Art, vgl. hier.
- Jürgen Baldinger
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Re: Die Flora des Laaer Beckens
Sehr schöne Funde, danke für deren Teilen.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"
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