Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beobachtungen, auch an trivialen Arten
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Norbert Sauberer
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Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Norbert Sauberer » Sonntag 16. Dezember 2018, 12:07

Abseits der notorisch schwierigen Gattungen wie Rosa, Rubus, Alchemilla, Hieracium et al.: Wo gibt es den größten Verbesserungsbedarf bei einzelnen Bestimmungsschlüsseln in EFÖLS?

Beispielsweise halte ich die Bestimmungsschlüssel von Erysimum, Galeopsis und Inula für teilweise unzureichend. Ich habe da immer wieder Probleme damit. Dementsprechend kommt es so immer wieder zu Fehlbestimmungen, was eine kurze Durchsicht von Inula im Herbar WU bestätigt hat.

Im nächsten Jahr könnten wir da noch genauer auf einzelne bestimmungskritische Details achten und so noch einen Input für "EFÖLS" 4 geben. Dafür müsste man halt im Einzelfall wissen auf was man genau schauen soll.

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Hermann Falkner
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Hermann Falkner » Montag 17. Dezember 2018, 21:14

Ich tu mir schwer, das einzugrenzen, weil es auch viele Gattungen (und Artengruppen - Ranunculus auricomus agg. ;-) gibt, die schwierig bleiben werden bzw. wie die auricomus-Gruppe im Feld so oder so nicht leicht bestimmbar sein können. Gerade bei den Rosaceae hier auch Sorbus aria agg., und andere ...

Habe aber die Exkursionsflora durchgeblättert und käme auf Folgendes:

- Alle Gattungen mit häufigen Hybriden, die auch oft schwierig zu bestimmen sind: wobei der Grundsatz, Hybriden nicht oder nur ausnahmsweise zu schlüsseln, sicherlich beibehalten werden muss (sonst würde der Schlüssel ganz einfach zu unübersichtlich werden ...), evtl. könnte man aber einige sehr häufige Hybriden auch tatsächlich schlüsseln.
Dazu fällt mir etwa Viola odorata × hirta ein - hab ich erst heuer im Frühjahr dank Unterstützung von Oliver Stöhr tatsächlich auch im Feld erkennen und bestimmen gelernt, hat mir über Jahre Rätsel aufgegeben .... insbes. auch, weil die Hybride nicht "einfach nur" intermediär ist, sondern ausserdem deutlich kräfitger im Wuchs als beide Eltern.
Bezüglich Viola reichenbachiana × riviniana liegt der Fall etwas anders, da intermediär reicht sicherlich Erwähnung - so wie bisher (ausserdem hab ich bei einer Exkursion einmal mitbekommen, dass es vielleicht gar nicht so viele dieser Hybriden gibt, wie man glaubt).
Den Viola-Schlüssel finde ich ansonsten sehr gut, sicherlich könnte man auch hier was verbessern aber im Wesentlichen komme ich gut damit zurecht.
Andere Gattungen mit schwierigen Hybriden sind Farne, zB Asplenium oder Polystichum, und natürlich zahllose andere, und insbes. wenn man in den betroffenen Gattungen wenig bewandert ist, stellen die Hybriden eine wesentliche Erschwernis beim Bestimmen dar.
Lamiaceae dito - auch hier gibt's Problemgattungen (Thymus ...).

- Mit Chenopodium tu ich mir persönlich auch recht schwer. Liegt aber vielleicht weniger am Schlüssel, sondern mehr an meiner Artenkenntnis.

- Auch Euphrasia verursacht mir oft Kopfschmerzen. Das liegt ganz sicher auch daran, dass die bestimmungskritischen Merkmale so klein und unscheinbar sind. (Andrerseits - ist auch bei Gentianella so, da komme ich mit dem Eföls-Schlüssel aber viel besser zurecht; es sind allerdings auch viel weniger Arten.)

- Der "doppelte" Apiaceen-Schlüssel ist sehr hilfreich und funktioniert auch, wenn man sich die Mühe macht, hilft aber trotz allem im vegetativen Zustand nicht viel. Es wäre super, wenn es einen vegetativen Apiaceen-Zusatzschlüssel gäbe, der dann zu den Gruppen des Zusatzschlüssels führt (oder so ähnlich), falls das überhaupt möglich ist.

- Ranunculus aquatilis agg. ist auch so eine Gruppe, bei der wahrscheinlich meine mangelnde Erfahrung mit den Arten das Problem ist, und nicht der Schlüssel; auch mit dem verbesserten Englmaier-Schlüssel (in der Neilreichia publiziert) komme ich nicht sehr gut zurecht.

- Bei den Asteraceae finde ich auch Erysimum besonders schwierig, Inula nicht immer so eindeutig (obwohl es nur ganz wenige Arten sind ...); dass Taraxacum und Hieracium schwierig sind, wird sich mit der besten Bearbeitung nicht ändern, aber auch mit Crepis habe ich meine Probleme, obwohl Manfred Fischer gern betont, dass es keinen Grund gibt, sich vor Crepis zu fürchten.

- Ornithogalum bereitet mir auch immer wieder Probleme, trotz der Tatsache, dass es so wenige Arten sind, dh also natürlich O. umbellatum agg.

- Juncaceae, Cyperaceae und Poaceae sind jedenfalls sicher jene Familien, bei denen ich die grössten Probleme habe, wobei Carex ja so einigermassen geht; Festuca schreckt mich aber noch mehr, als schwierige Asteraceae-Gattungen. Liegt auch hier vielleicht schlicht an meiner mangelnden Praxis, ich könnte nicht sagen, ob man den Schlüssel hier in einer Art und Weise ändern könnte, der den "Einstieg" in die Gattung vielleicht weniger abschreckend macht.

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Norbert Sauberer
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Norbert Sauberer » Mittwoch 19. Dezember 2018, 21:50

Danke für deine ausführliche Antwort!

Schön wäre es für einige dieser schwierigen Gattungen und Artengruppen noch vor der nächsten Freilandsaison provisorische Bestimmungsschlüssel zur Verfügung zu stellen. Indem wir damit dann funktionierende und nicht-funktionierende Schlüsselschritte herausfiltern, könnten wir noch das eine oder andere zur Qualitätssteigerung der kommenden 4. Auflage der Exkursionsflora beitragen. Ich versuche gerade den bisherigen Inula-Schlüssel zu verbessern. Wenn ich fertig bin werde ich einen provisorischen Bestimmungsschlüssel zur Verfügung stellen und dann kann man diesen im Jahr 2019 ausprobieren.

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Jürgen Baldinger
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Jürgen Baldinger » Donnerstag 20. Dezember 2018, 15:04

Zu Inula: Denkst Du an die Unterscheidung salicina von britannica? Ich habe noch nicht sehr viel Erfahrung, da muss ich beispielsweise in diesem Fall genau schauen. Anhand der Stängel-Behaarung die Arten auseinanderzuhalten, schien mir einige Male nicht immer eindeutig. Beide sind oft mehrkörbig und besitzen behaarte Früchte. Was meinem Eindruck nach gut für salicina funktionieren dürfte, ist das Merkmal "Laubblätter unterseits ohne sitzende Drüsen" und "äußere Hüllblätter deutlich kürzer als die inneren". Vielleicht sollte man bei Pulicaria dysenterica (die auf Gattungsniveau durch ihr Pappus-Krönchen ja gut von Inula unterschieden werden kann) noch "Hüllblätter meist nur einige etwas abstehend" ergänzen.
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Oliver Stöhr
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Oliver Stöhr » Donnerstag 20. Dezember 2018, 20:00

Gibt es schon eine zeitliche Richtschnur, wann die 4. Auflage erscheinen soll/wird?
LG
Oliver

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Jürgen Baldinger
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Jürgen Baldinger » Donnerstag 20. Dezember 2018, 20:30

Mein letzter Stand ist frühestens Ende 2019 (mündl. Mitteilung MAF).
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Norbert Sauberer
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Norbert Sauberer » Freitag 21. Dezember 2018, 06:07

@ Oliver: Ich denke, dass im Sommer bis Frühherbst 2019 noch letzte Korrekturen eingearbeitet werden könnten und der Erscheinungstermin dann wohl 2020 sein wird. Wenn du konkret an eine bestimmte Gattung denkst, um den derzeitigen Schlüssel zu verbessern, dann wäre es am besten mit Manfred Fischer direkt Kontakt aufzunehmen.

@ Jürgen: Was ich mir bereits gedacht habe, hat sich bei der Durchsicht des Herbars WU bestätigt. Inula britannica wird immer wieder nicht erkannt. Diese Art ist was die Behaarung und die Blätter betrifft enorm vielgestaltig. Noch dazu wächst sie auch an (wechsel)trockenen Standorten und hat eine ruderale Tendenz. Untypische Inula britannica-Formen werden derzeit immer wieder mal als Inula oculus-christi, als Inula salicina oder als Hybriden gedeutet. Es gibt aber Merkmalskombinationen, die eine eindeutige Bestimmung zulassen!

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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Jonas » Montag 28. Januar 2019, 12:17

Hallo Jürgen

Bist du dir sicher, dass I. salicina ebenso wie britannica behaarte Früchte aufweisen soll? Ich habe das wohl noch nie im Feld überprüft, es steht aber im Widerspruch zu den Angaben in der Exkursionsflora Österreich und meinem "Binz - Schul- und Exkursionsflora für die Schweiz".

Liebe Grüsse
Jonas
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kurt nadler
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon kurt nadler » Montag 15. Juli 2019, 00:44

polygala, vielleicht euphrasia, vielleicht dactylorhiza und vielleicht rhinanthus sind überarbeitungswürdig. es gibt tw. mehr sippen als in der eföls. gentianella sollte bei rhaetica versus styriaca (oder stiriaca) neuen, klärenden input bekommen (es geht um den artstatus etlicher gentianellensippen an sich). ich fürchte, da fehlt noch immer forschung.
neue nigritellen gibts. neue platanthera muelleri.
bastarde sind, wie hermann sagt, wohl unterrepräsentiert.
manche merkmalsspannen sind zu eng gefasst, aber es ist klar, dass aufweitungen zu verwässerungen führen.
vielleicht kann man bei entsprechenden sippen weitere verweise auf hohe variabilität anbringen.
minuartia im ostpannon hatte ich schwierigkeiten mit cf. glaucina. obskure hirsuta wartet jenseits der österr. grenzen und nicht alles passt auf glaucina.
es gab auch einmal ein torilisproblem.
silene vulgaris antelopum noch klarer rausarbeiten.
gagea haut im pannon auch nicht so optimal hin.
thalictrum minus passt hinsichtlich unterarten gar nicht.
bisweilen gab es sogar calamagrostis-haarmerkmalsprobleme. gut dass man sie standortsökologisch gut fassen kann.
galium funktioniert nicht so gut, z.b. sylvatica-verwandtschaft in hochmontanen salzburger hochstaudenfluren.
vielleicht kann man viola kitaibeliana zu einem wirklich schlüssigen end bringen.
mit erucastrum hab vielleicht nur ich gewisse schwierigkeiten.
in salzburg hatte ich einen charakteristischen kleinen schmalblättrigen rumex auf sumpfstandorten, wo eine bestimmung partout nicht gelang.
relativ extrem schwer tu ich mir mit epilobien, gebe meist schon frühzeitig auf und lass es bleiben.
leucanthemum ist für mich nach jahrzehnten weiterhin nicht schlüssig, z.b. vulgare agg, da stellt sich die frage, ob es die beiden unterarten wirklich als solche gibt (oder nicht etliche odeer keine), aber auch adustum (seit unserer nicht gut einordenbaren stubalmsippe).
vielfach ists mit diploiden versus tetraploide an sich schwierig, z.b. molinia, vaccinium uliginosum und sicher viele andere.
carex nigra-bigelowii-"zwischenformen" oder für nigra den auch typischen montanen bis subalpinen standort bodenfrische zwergstrauchheiden" nachführen.
als naturschützer mit respekt vor allen lebensformen plädiere ich für eine schwerpunktlegung auf "minder invasive" merkmale. ausreißaufforderungen sollten tunlichst unterbleiben. in der pannonischen dürre hilft das bisweilen empfohlene nachträgliche einsetzen dann auch nix mehr.
so weit ad hoc, vielleicht fällt mir wieder einmal was ein.
das werk ist schon jetzt sehr gut, dennoch ists im fortgeschrittenenbereich so, dass man sehr oft scheitert oder dass eine feinheit nicht passt.
schlüsselverzweigungen müssen möglichst 100%ig halten, das ist aber oftmals nicht der fall. im zweifel mit andren mitteleuropäischen schlüsseln kritisch ver- oder abgleichen, wobei das wohl eh zum vorgehensstandard gehört.
macht alles viel arbeit, aber die wichtigste neuere lit. und die wichtigsten forenbeiträge eingearbeitet wäre schon ein guter fortschritt.

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Jürgen Baldinger
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Re: Wo gibt es bei EFÖLS 3 die meisten Bestimmungsschwierigkeiten?

Beitragvon Jürgen Baldinger » Donnerstag 7. Mai 2020, 22:16

Mir macht der Schlüssel zum Carex muricata-agg. Schwierigkeiten. Wenn man sich Herbarbelege ansieht, die natürlich falsch bestimmt sein können, scheinen die diakritischen Merkmale der EfÖLS3 gerade bei muricata s. str., divulsa und polyphylla nicht immer zuzutreffen oder zumindest nicht hinreichend zu sein.

Parallel zu unserem EfÖLS-Schlüssel möchte ich künftig mit der Taxonomie von Gregor (2014) vergleichen, der für die Artengruppe (in Südwestdeutschland) folgende Charakteristika angibt:

C. spicata: als einzige Kleinart des Aggregats auch ohne Ährenstand bestimmbar durch spitzbogiges Blatthäutchen und innen zumindest teilweise violette Wurzeln, Schläuche mit basalem Schwammparenchym

Weg-, Straßenränder, Grünland; trittunempfindlich


C. muricata: dichter Ährenstand, durch schachbrettartig gefärbte ♀ Ährenstände unverkennbar (allerdings kommen auch wenig braune oder sogar hell gefärbte Deckblätter vor); Abgrenzung zu schlecht entwickelter, schattig stehender C. pairae kann schwierig sein, hier helfen Schlauchlänge 4 mm, Deckblattlänge 2,5 mm (= 60 %)

lichte Wälder, Waldränder


C. pairae: dichter Ährenstand, kleine Schläuche; Schlauchlänge 3,5 mm, Deckblattlänge 3,1 mm (= 90 %); typische Exemplare in der Fruchtreife unverkennbar: helle, relativ lange Deckblätter, kontrastierend mit dunkelbraunen Schläuchen (bräunliche Deckblätter kommen aber vor, Bestimmung oft nur durch in Kultur genommene Pflanzen möglich)

basenarme Saumbiotope, Wälder, Grünland, Ruderalstellen


C. divulsa: unterbrochener Ährenstand, kleine Schläuche; Abgrenzung zu schlecht entwickelter, schattig stehender C. polyphylla, die auch Schläuche bis 4 mm entwickeln können, kann schwierig sein, hier hilfreich: helle Deckblätter, kaum spreizende Schläuche, meist >10 Ährchen mit je meist <5 ♀ Blüten, Schnabel wenig gezähnt

offene Waldbereiche, Wegränder, Rasen, Ruderalstellen


C. polyphylla: unterbrochener Ährenstand, lange Schläuche; dunkle Deckblätter, spreizende Schläuche, meist <10 Ährchen mit je meist >5 ♀ Blüten, Schnabel dicht gezähnt; Bestimmung meist problemlos: verhältnismäßig lange, elliptische Schläuche ohne schwammartiges Gewebe am Grund, auffällig der meist deutlich unterbrochener Ährenstand sowie die spreizenden Schläuche (Exemplare mit dichtem Ährenstand und dunklen Deckblättern kommen vor)

Waldsäume, Ruderalstellen, Grünland
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"


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