Die vergessenen Großtaten der k.-u.-k.-Klimatologie

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Stefan Lefnaer
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Die vergessenen Großtaten der k.-u.-k.-Klimatologie

Beitragvon Stefan Lefnaer » Montag 2. Dezember 2019, 16:48

Interessanter Artikel: Kerner war nicht nur ein bedeutender Botaniker, sondern auch einer der ersten Klimaforscher!

Und dann gab es schon damals die Klimaleugner-Dumpfbacken vom rechten Rand. So wie der Herr da mit seinem Bierbauch dafletzt, erinnert er mich fatal an einen anderen Herrn ähnlicher Gesinnung aus der jüngeren Vergangenheit...

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Norbert Sauberer
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Re: Die vergessenen Großtaten der k.-u.-k.-Klimatologie

Beitragvon Norbert Sauberer » Montag 2. Dezember 2019, 19:25

Prof. Georg Grabherr hat immer wieder auf den Kerner hingewiesen und festgestellt wie lesenswert und modern sein Werk ist!

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Norbert Griebl
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Re: Die vergessenen Großtaten der k.-u.-k.-Klimatologie

Beitragvon Norbert Griebl » Dienstag 21. April 2020, 07:56

Darf zu dem großen Botaniker Kerner noch einen kurzen Aufsatz anhängen:

Anton Joseph KERNER, Ritter von Marilaun (1831-1898), zählt zu den bedeutendsten Botanikern Mitteleuropas. Er wurde am 12. November 1831 im Schönbornschen Schloss zu Mautern als zweiter Sohn des Oberamtsmannes und Schlossverwalters Josef KERNER geboren. Seine Mutter, aus Rossatz an der Donau, entstammte einer Schiffsmeisterfamilie. Die Hebamme KERNERS war Theresia KLINTZ, die Gärtnerin Mauterns, die ihm vielleicht die Liebe zu den Pflanzen mit in die Wiege lag. Gewiss gefördert wurde das Pflanzeninteresse KERNERS in seiner Gymnasialzeit in Krems vom Piaristenpater Karl ERDINGER. ERDINGER war selbst ein begeisterter Botaniker, zu dessen Ehren die Weiden-Hybride Salix × erdingeri (= Salix caprea × S. daphnoides) und die Orchideenhybride Dactylorhiza × erdingeri (= Dactylorhiza sambucina× D. viridis) benannt sind.
Zusammen mit seinem Bruder Josef durchstreifte Anton KERNER in der Studiumszeit die herrliche Landschaft seiner niederösterreichischen Heimat, von der Wachau bis zum Dunkelsteiner Wald und zu den Auwäldern der Donau. Später als Botanikprofessor schrieb er in das Stammbuch eines seiner Schüler „Es ist nicht leicht, die Sprache, die die Pflanzen sprechen zu erlernen und zu verstehen. In der Studierstube bringt man es bestenfalls zum Buchstabieren. Zum Lesen und zum Verstehen kommt man nur in der freien Natur“. Der Schüler war kein geringerer als Ignaz DÖRFLER (1866-1950), späterer Konservator am Botanischen Institut der Universität Wien und Namensträger vieler Pflanzen, wie etwa Tulipa doerfleri (Liliaceae), Sesleria doerfleri (Poaceae), Thymus doerfleri (Lamiaceae; wird oft nur als Unterart zu Th. praecox angesehen), Moltkia doerfleri (Boraginaceae), Schivereckia doerfleri (Brassicaceae), Ophrys doerfleri (Orchidaceae), Petasites doerfleri (Asteraceae), Minuartia baldaccii subsp. doerfleri (Caryophyllaceae), Viola doerfleri (Violaceae) und Arabis doerfleri (Brassicaceae).
1854 promovierte KERNER zum Doktor der Medizin, obwohl sein Herz viel mehr der Botanik zugewandt war, der „Liebenswürdigsten aller Wissenschaften“, wie LINNÉ es treffend ausdrückte. Die schwere Choleraepidemie des Jahres 1855 mit all ihren grauenvollen Bildern des Elends waren der Grund, warum KERNER die Medizin aufgab und sich rein der Botanik widmete. Es folgten Lehraufträge in Ungarn, Siebenbürgen und Innsbruck.
In Tirol, der schönsten Zeit seiner beruflichen Laufbahn, wie KERNER sagte, ehelichte er Marie EBNER von Rofenstein. Es war eine glückliche Ehe, die 36 Jahre andauerte. Es war auch in Tirol, wo KERNER Versuchsgärten in verschiedenen Höhenstufen anlegen konnte, um den Einfluss des Klimas auf Pflanzen zu studieren. Auf der Nockspitze bei 1700 Metern, auf der Seegrubenspitze bei rund 2000 Metern und am Patscherkofel auf 2300 Metern Seehöhe errichtete er Versuchsanlagen.1875 legte er am Blaser den ersten Hochalpengarten der Welt an. Anton KERNER gilt zusammen mit Otto SENDTNER und Joseph Roman LORENZ als Mitbegründer der Pflanzensoziologie.
1877 wurde KERNER geadelt und 1878 als Ordinarius und Direktor des Botanischen Gartens an die Universität Wien berufen. Er bezog mit seiner Familie das bescheidene Gartenhaus des Botanischen Gartens, wie es vor ihm schon Freiherr Nikolaus von JACQUIN tat. KERNER ist die grundlegende Erneuerung des Wiener Botanischen Gartens zu verdanken. Die Ideen hierfür holte er sich zum größten Teil von seinem eigenen Aufsatz „Die Botanischen Gärten und ihre Aufgaben“.
Nicht nur er, sondern auch sein Bruder, der Jurist Josef Anton KERNER (1829-1906) und sein Sohn, Dr. Fritz von KERNER waren botanisch interessiert. Seine Tochter Adele heiratete Richard von WETTSTEIN, der KERNER als Direktor des Botanischen Gartens Wien folgen sollte.
KERNERS dreibändiges„Pflanzenleben“, als Gegenstück zu BREHMS „Tierleben“ erlebte mehrere Auflagen und wurde ins Italienische, Französische, Englische, Holländische und Russische übersetzt.
Für seine herausragende wissenschaftliche Arbeit wurden Anton KERNER mehrere Auszeichnungen zuteil. So bekam er noch in Innsbruck den Orden der Eisernen Krone verliehen und er wurde mit dem Prädikat „Ritter von Marilaun“, nach der Lage seines Tiroler Besitztums, welches im ladinischen Sprachgebiet lag, geehrt. In Wien erhielt er 1895 den Hofratstitel und das österreichische Ehrenzeichen für Kunst und Wissenschaft verliehen, der höchsten Auszeichnung, die Österreich für wissenschaftliche Leistungen zu vergeben hatte. In seinem Wappen führte KERNER von Marilaun Aurikeln, die er so sehr liebte.
KERNER starb am 21. Juni 1898, als er bei einem Vortrag an der Akademie für Wissenschaft einen Hirnschlag erlitt. Er ruht in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof.
KERNER war ein edler, grundgütiger Mensch, der nicht einmal vergaß, die Schulkinder von Trins zu Weihnachten zu beschenken und selbst beim Kaiser sprach er vor, um Erleichterungen im Studienbetrieb für seine Studenten zu bewirken. In seinem Geburtsort Mautern ist eine Straße nach ihm benannt und etwa 120 Pflanzenarten tragen seinen Namen. Die wichtigsten davon jetzt mit Bildern im Anhang.
Kerner selbst beschrieb 60 neu entdeckte Pflanzenarten und hinterließ 150 wissenschaftliche Publikationen.
LG Norbert
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Je größer ein Mensch ist, desto mehr neigt er dazu, sich vor einer Blume niederzuknien

kurt nadler
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Re: Die vergessenen Großtaten der k.-u.-k.-Klimatologie

Beitragvon kurt nadler » Dienstag 21. April 2020, 09:08

Wie immer: Ein tolles Griebl´sches Produkt! Wie macht er das nur?

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Jürgen Baldinger
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Re: Die vergessenen Großtaten der k.-u.-k.-Klimatologie

Beitragvon Jürgen Baldinger » Mittwoch 22. April 2020, 19:09

Kann Kurt nur beipflichten. Meine Hochachtung, Norbert.
"(...) gib ihnen noch zwei südlichere Tage (...)"


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