Wohl noch Crocus tommasinianus

= Blütenpflanzen; Bestimmungsfragen
Oliver Stöhr
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Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Oliver Stöhr » Mittwoch 2. Februar 2022, 21:08

Hallo zusammen,

da die heilige Frühlingsgeophyten-Zeit bald bevorsteht (bzw. im Osten ja tw. schon begonnen hat) darf ich noch einen Krokus aus dem Vorjahr zur Diskussion stellen, den ich am 28. März verwildert in Iselsberg (Osttirol) vorgefunden habe. Habituell sollte das wohl Crocus tommasinianus sein, nur "stören" die oberwärts lila gefärbten Kronröhren, die im Regelfall bei dieser Art nicht vorhanden sind. Auch die rel. breiten Blätter weichen etwas von typischen Individuen dieser Art ab.

Unter "Blumen in Schwaben" werden einige Formen/Sorten dieser Art unterschieden, darunter auch ein Crocus tommasinianus 'Ruby Giant', auf dem genau dieses Kronröhrenmerkmal zutrifft (siehe http://www.blumeninschwaben.de/Einkeimb ... anus.htm#3). Es wird dort dazu noch angeführt, dass diese Sorte wahrscheinlich nicht zu Crocus tommasinianus, sondern zu Crocus purpureus, gehören soll.

Noch zu ergänzen ist auch noch, dass es offenbar (Kultur-?)Hybriden zwischen Crocus tommasinianus und Crocus vernus ssp. vernus gibt - ob solche hierbei in Frage kommen, muss vorerst offen bleiben. Ein Tipp dazu: Eine Publikation zu solchen Hybriden von W. Bomble ist jedenfalls in Vorbereitung und dürfte bald auf der Seite des Bochumer Botanischen Vereins einsehbar sein (vgl. https://botanik-bochum.de/).

Soweit ein kurzer Input für die nahende Krokus-Saison. Falls jemand Ergänzungen hat oder andere Meinungen zur Iselsberger Verwilderung einbringen will - bitte gerne!

Viele Grüße aus dem noch winterlichen Osttirol
Oliver
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kurt nadler
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon kurt nadler » Donnerstag 3. Februar 2022, 09:07

wenn, dann müsste man diese sippe nomenklatorisch von tommasinianus i.e.s. trennen. mich stört allein schon die breitrundlichkeit der blüten"spitzen", wenn ich einmal so holprig ausdrücken darf. meiner ansicht hat das exemplar keine tomm.-merkmale. wenn ein tomm.-abkömmling, müsste der auch phänologisch passen. eine vermutliche, weil nur vegatativ vermehrende kultursippe, die deinem ähnelt, blüht bei mir wesentlich später als tomm. und überschneidet sich mit jenem kaum.
wir hatten dieselbe diskussion schon bei narcissus pseudonarcissus. meine conclusio ist genau wie damals, dass in der wiss. aufarbeitung der kultursippen einiges im argen liegt und dass die taxa viel zu umfangreich und leger angelegt werden.
für mich ist das keinesfalls tommasinianus. aber wirklich helfen wird das wenig.
derweil kenn ich aus verwilderungen und dem eigenen garten keine zweite crocussippe, die sich dermaßen stark versamt wie tomm. und ja, es gibt dabei durchaus exemplare, die die blütenfarbteilung auch fast missen lassen.

wir werden sicher weitere wortmeldungen bekommen...
danke für den diskussionsbeitrag!

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Norbert Griebl
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Norbert Griebl » Dienstag 8. Februar 2022, 15:22

…..ich würde diesen Krokus als aus der vernus-Gruppe sehen.
LG Norbert
Je größer ein Mensch ist, desto mehr neigt er dazu, sich vor einer Blume niederzuknien

Oliver Stöhr
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Oliver Stöhr » Sonntag 13. Februar 2022, 10:07

Lieber Kurt & Norbert!

Danke für euere Einschätzungen und Rückmeldungen. Ich kapriziere mich hier nicht auf Crocus tommasinianus, finde aber schon, dass einige Merkmale durchaus gegen Crocus vernus ssp. vernus sprechen, wie das im Vergleich zur Kronröhre deutlich kürzere Hüllblatt, die dünnen Kronröhren und das Fehlen von Schlundflecken aussen am Perigon. Für Crocus vernus ssp. vernus sprechen sicher die rel. späte Blütezeit, die breiteren Blätter und die spitzenwärts gefärbte Kronröhren. Vielleicht handelt es sich schlichtweg um eine vom Typus abweichende Zuchtform, die somit morphologisch abweicht, oder um die Hybride beider Sippen ...

Noch ein Hinweis: Crocus tommasinianus ist auch ein Teil der Crocus vernus-Gruppe, siehe dazu die Diplomarbeit von Gregor Dietrich aus dem Jahr 2002 (http://burgenlandflora.at/wp-content/up ... Gruppe.pdf).

Viele Grüße
Oliver

kurt nadler
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon kurt nadler » Sonntag 13. Februar 2022, 10:32

mich vielleicht wiederholend oder ergänzend halte ich es für müßig, bei jahrzehntealten oder noch älteren hybrid(schwärm)en oder auslesen arten- oder sogar aggregatzuordnungen ((ob aggregate tatsächlich enge verwandtschaftskreise umschreiben, sei zudem dahingestellt) vorzunehmen, habe aber keine einfach praktikable wissenschaftliche alternative parat und verstehe natürlich, dass man für die floristische arbeit namen bräuchte ...
ich würde für publikationen oder die funddatenbank im zweifel keinen namen geben wollen als einen falschen.

Oliver Stöhr
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Oliver Stöhr » Sonntag 13. Februar 2022, 11:30

Verstehe deinen Einwand und habe nicht vor, dies jetzt zu publizieren. Aber für die Funddatenbank braucht es halt doch einen - wenn auch vorläufigen - Namen (ggf. mit Hinweis auf Unsicherheiten bei der Zuordnung und die Angabe des verwendeten Bestimmungswerkes zwecks Nachvollziehbarkeit).

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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Ernst Vitek » Dienstag 15. Februar 2022, 19:14

Hier ein von Spezialisten bestätigter Crocus tommasinianus

Ernst
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Ernst Vitek » Dienstag 15. Februar 2022, 19:20

Ich vermute, der im Badener Kurpark verwilderte ist der gleiche - Crocus tommasinianus
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Oliver Stöhr
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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Oliver Stöhr » Dienstag 15. Februar 2022, 20:00

Hallo Ernst,
ja, auch für mich ist das typischer Crocus tommasinianus.
LG
Oliver

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Re: Wohl noch Crocus tommasinianus

Beitragvon Oliver Stöhr » Mittwoch 16. März 2022, 21:10

Die oben schon erwähnte Arbeit von W. Bomble über die Hybriden zwischen Crocus vernus und C. tommasinianus und Galanthus elwesii und G. nivalis ist nun online: https://www.botanik-bochum.de/publ/OVBB ... briden.pdf


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